Total Cost of Ownership im Fuhrpark Vom Anfang bis zum Ende

Auto auf Euroscheinen Foto: Fotolia/ Erwin Wodicka - wodicka@aon.at

Wer sein Fuhrparkbudget im Griff haben will, muss alle Kosten des Autos kennen, von der Anschaffung bis zum Verkauf. Die ganzheitliche Kostenberechnung ist gerade bei E-Fahrzeugen wichtig, damit die Ausgaben nicht durch die Decke schießen

Kennen Sie TCO? Nein, wir meinen nicht die Exklusivmarke des Kaffeerösters Tchibo. Die heißt bekanntlich TCM, wird aber gern damit verwechselt. Mit TCO ist stattdessen das Schlagwort "Total Cost of Ownership" gemeint. Für viele Fuhrparkverantwortliche mag das nach sehr altem Hut klingen. Tatsächlich ist TCO nicht wirklich neu. Seit das Verfahren zur Abschätzung der wirtschaftlichen Gesamtkosten für IT-Investitionen im Auftrag von Microsoft entwickelt wurde, sind mittlerweile mehr als 30 Jahre vergangen.

In jüngster Zeit ist die Ermittlung direkter wie indirekter Gesamtkosten beim Firmenfahrzeug wieder ein heißes Thema. Schuld daran hat letztlich die Mobilitätswende: die Umstellung vieler Fuhrparks auf Elektromobilität. Denn der damit einhergehende fundamentale technologische Wandel lässt den Planern oft keine andere Wahl, als ganz von vorn anzufangen mit Informationsbeschaffung und Kalku­lation. Das beginnt mit der Ladeinfrastruktur und hört mit notwendigen Schulungen für Dienstwagennutzer längst nicht auf.

DACIA SPRING (BBG) Foto: PLANIMONTEUR, , LEMAL, Jean-Brice
Wallbox, Ladekarte und manches mehr: Bei E-Autos kommen andere Kosten zusammen als bei Verbrennern.

So tauchen mit Herstellern wie dem US-Unternehmen Tesla oder dem chinesischen Aiways völlig neue Player auf, zu denen bisher wenig bis keine Erfahrungswerte existieren. "Da sind schon einige auf die Nase gefallen", sagt Nikolai Csima von Carmacon bei Stuttgart, spezialisiert auf die Beratung von Fuhrparkmanagern. TCO belege, dass alternative Antriebe keineswegs erheblich günstiger als Verbrenner seien. "Es entstehen viele unerwartete Mehrkosten durch Umwege zur Ladesäule, durch Abschleppkosten liegen gebliebener Elektroautos, durch Fahrereinweisungen und Ersatzmobilität für Urlaubsfahrten."

Der Lernprozess ist oft schmerzhaft. Tesla flog nach anfänglicher Euphorie in den vergangenen Jahren aus so manchem Fuhrpark wieder heraus, weil die Fahrzeuge bei Unfallschäden oft monatelang ausfielen. Eine Folge des miserablen Reparatur- und Wartungsmanagements des Herstellers.

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Bei Plug-in-Hybriden wiederum fällt oft erst dem Leasinggeber bei der Rücknahme auf, dass die Ladekabel noch in der Originalverpackung eingeschweißt sind. Eine Folge ungenügender Schulung und nicht durchdachter Dienstwagenreglements. Nach dem Motto: Tanken ist ja bequemer, und die Tankkarte liegt griffbereit im Wagen. "Hier müssen Firmen noch Incentives entwickeln, damit die Kostenvorteile der Elektromobilität überhaupt genutzt werden", sagt Peter Hellwich von PHS. Denn vertraglich zum Laden zwingen könne man die Mitarbeiter eher nicht.

Hellwich betont, dass TCO sich auf die jeweiligen Prozesskosten im Unternehmen beziehe und entsprechend der Größe und Struktur individuell höchst unterschiedlich sei. Tatsache sei jedenfalls, dass mit der Elektromobilität die indirekten Kosten in Fuhrparks erheblich mehr Gewicht erhalten haben. "Nehmen Sie nur das Laden: Wer nur fünfmal im Monat fremdlädt und mit seiner Kreditkarte bezahlen muss, verursacht fünf zusätzliche Buchungsvorgänge, die nicht automatisch erledigt werden können." Hellwich hat festgestellt, dass die manuelle Eingabe einer einzigen Buchung in Großkonzernen Kosten von 25 Euro verursacht. So entstehen pro Fahrzeug jährlich 1.500 Euro zusätzliche Kosten, quasi aus dem Nichts. Damit muss man leben – und rechnen.

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Auch die Disposition von Elektroautos in einem Carpool verlange plötzlich einen viel höheren Aufwand, erklärt Marc-Oliver Prinzing, Vorstand im Bundesverband Fuhrparkmanagement. So können klassische Verbrenner in einer Fahrzeugflotte traditionell frei verteilt werden, getankt wird minutenschnell nach Bedarf. Bei einem Elektroauto dagegen ist alles anders. Damit keiner liegen bleibt und durch ungeplantes Laden nicht eine Lawine von Terminverzögerungen verursacht wird, müssen die Fahrstrecken bekannt sein, der aktuelle Ladestand, die Ladedauer und der tatsächliche Energieverbrauch ebenso. Es entsteht erheblicher IT-Aufwand, möglicherweise auch personell; eventuell sind mehr Fahrzeuge notwendig. Prinzing: "Das sind alles Gemeinkosten, die auf jedes Fahrzeug umgelegt werden."

Streng genommen sei es mit der E-Mobilität erstmals überhaupt angebracht, im Fuhrparkbereich von TCO zu sprechen, so der Verbandssprecher. Nach seiner Auffassung ist der Begriff seit Jahrzehnten ein Buzzword, das vielen als modisches Synonym für die Gesamtkosten­betrachtung dient. "Ich erlebe oft, dass TCO mit der Investitionsrechnung verwechselt wird", sagt Fuhrparkexperte Hellwich. In seiner täglichen Beratungstätigkeit erfährt er oft, dass die indirekten Kosten krass unterschätzt werden. Das fängt an mit der Betreuung des Elektro-Pools, setzt sich fort mit der Wartung der Ladesäulen und gipfelt wie schon erwähnt in teuren Ladevorgängen, die außerhalb des eigenen Netzwerks geschehen.

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Doch ob TCO ein handfestes Tool zur Kostenoptimierung ist oder nur ein populäres Synonym für die altbekannte Gesamtkostenbetrachtung, daran scheiden sich die Geister. "TCO ist hochpräsent im Fuhrparkmanagement", sagt etwa Berater Csima. Das fange mit dem teuersten Posten an, den viele nicht auf dem Schirm hätten. "Der Wertverlust wird bei gekauften Fahrzeugen gerne vergessen, während er beim Leasing bereits in den Raten eingepreist ist."

Alles halb so wild, findet dagegen Berater Hellwich. "Wer bei der Beschaffung mehr als die Leasing­rate betrachtet, muss sich über TCO keine Gedanken machen." Mit anderen Worten: nur alter Wein in neuen Schläuchen. Fuhrparkfunktionär Prinzing fasst zusammen: "Ob man es nun TCO nennt oder anders: Man sollte auf alle Kosten achten, auch auf die, die nicht auf den ersten Blick ins Auge fallen."

Definition: Was bedeutet TCO?

Das Verfahren der Total Cost of Ownership (TCO), zu Deutsch "sämtliche Eigentumskosten«, wurde 1987 durch die US-Unternehmensberatung Gartner im Auftrag von Microsoft entwickelt. TCO umfasst alle Kosten, die durch Nutzung und Verzehr von Unternehmensvermögen (Wartung et cetera) entstehen, geht also weit über die Anschaffungs- und Haltungskosten hinaus. Es ist keine Rechenformel, die für Bilanz oder EBITDA relevant ist, sondern dient ausschließlich zur internen Vergleichbarkeit von Kosten, um zu helfen, zukünftig Aufwendungen zu sparen.

Bei jedem neuen Firmenwagen(-Modell) sollten nicht nur die direkten Kosten wie Leasingrate oder Kraftstoff, sondern auch indirekte wie Parkplatzmiete, Verwaltung und Schulung der Nutzer in die Rechnung aufgenommen werden. Kurz: alle Gemeinkosten, die anteilig auf jedes Fahrzeug umgelegt werden. Doch der Begriff ist weder betriebswirtschaftlich definiert noch zertifiziert. Jeder verwendet ihn so, wie es opportun erscheint.

Vollkostenbetrachtung (TCO): So geht’s

Fuhrparkmanager Huber ist für Dienst- und Serviceautos eines mittelständischen Unternehmens zuständig und soll nun E-Autos anschaffen. Doch mit welchen (Mehr-)Kosten muss das Unternehmen rechnen? Huber macht sich ans Kalkulieren. Den hohen Preis der Batteriefahrzeuge zumindest relativiert die Förderung.

Er holt Angebote lokaler Händler ein und vergleicht sie. In eine Excel-Tabelle trägt Huber nicht nur Leasingrate, Wertverlust und Rücknahmebedingungen (Kosten für Mehr-/Minderkilometer) ein, sondern auch indirekte Kosten für Wallboxen im Unternehmen und bei den Mitarbeitern zu Hause (mieten oder kaufen), Ladekarten, abzurechnende private Ladevorgänge (Prognose), Schulungen und Incentives (um freiwilliges Laden zu fördern) und so weiter.

Hinzu kommen Risikoabschätzungen wie Minderkilometer, Unfälle, Pannen oder Abschleppaktionen bei leerem Akku. Er ignoriert jedoch Gemeinkosten wie Rundfunkbeitrag oder Parkplatzmiete, denn die fallen bei jedem Fahrzeug an.

Per Excel lassen sich Kosten vergleichen und im Lauf der Haltedauer immer wieder aktualisieren. Da TCO die individuellen Kosten vergleicht, ist sie für jedes Unternehmen anders und insofern einzigartig. Ein häufiger Fehler betreffe die Abschreibung, berichtet Peter Hellwich von PHS. "Oft wird die AfA mit dem tatsächlichen Wertverlust gleichgesetzt." Dabei übersehen die Verantwortlichen jedoch, dass nach der steuerlichen Abschreibung ein erheblicher Restwert stehen bleibt. In die Dokumentation werden auch Parameter und Wahrscheinlichkeiten einbezogen, insbesondere Risiken wie Unfallgefahr oder unvorhergesehene Pannen. Feedback von Fahrern, Buchhaltung und Werkstatt wird permanent nachgetragen. So lässt sich zum Beispiel bei häufigem (teuren) Schnellladen frühzeitig erkennen, dass die Akkukapazitäten für die anfallenden Touren im Unternehmen offenbar nicht ausreichen.