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Fachkongress Auto 3.0 Quo vadis - Auto?

Toyota Prius Plug-in Hybrid Foto: Toyota

Gemeinsam diskutierten VDA und die grüne Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin über die Zukunft des Automobils. Einen Schwerpunkt bildeten die alternativen Antriebstechniken.

Bisher war Mobilität einfach. Ins Auto einsteigen, Zündschlüssel umdrehen und losfahren – egal wohin. Das könnte bald vorbei sein. Denn Erdöl ist endlich - und was danach kommt noch offen. Fakt ist: Die Mobilität befindet sich im Wandel. Die Zeit des Universalautos mit Verbrennungsmotor scheint vorbei. Doch wann und wie sich eine neue Mobilitätstechnologie komplett durchgesetzt haben wird, steht noch in den Sternen.

Allein aus klimapolitischen Gründen ist eine Kompensation fossiler Energieträger dringend notwendig. Mit Hochdruck arbeiten Forscher und Entwickler an neuen Antriebstechniken für das Auto. Längst ist ein globaler Wettkampf um die Technologieführerschaft und zukünftige Wertschöpfung im Automobilbau entbrannt. Im Rennen sind derzeit vor allem Hybrid-, Elektro-, Erdgas- oder Brennstoffzellenantriebe.

Entwicklungen in der Elektronikbranche

„Wir müssen die Elektroeuphorie dämpfen, ansonsten verschwindet die Technologie schnell wieder in der Versenkung“, überraschte Wolfgang Steiger vom Volkswagen-Konzern die Zuhörer aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Schnelle Zyklen wie in der Elektronikbranche seien im Automobilsektor nicht machbar. Viele neigen dazu, die Innovationsgeschwindigkeit zu überschätzen, so Steiger. Der VW-Mann rechnet mit einem steinigen Weg bis sich die Effizienz der Elektrofahrzeuge wirklich verbessert. Vor 2020 sieht er keine großen Sprünge in der Batterietechnik. Finanzielle Anreize könnten zwar helfen, um Elektroautos in den Markt zu bringen. Aber Subventionen würden verpuffen, kämen sie zu früh.

„Ich halte es für unwahrscheinlich, dass wir ein batteriebetriebenes Auto bekommen, welches einfach das heutige Mobil ersetzt“, betonte Martin Rocholl, Politischer Direktor bei der European Climate Foundation. Das müsse aber nicht automatisch heißen, dass es sich nicht durchsetzt. Der promovierte Biologe könne sich ein neues Verkehrssystem vorstellen, bei dem es Menschen gibt, die sich gerne ein Fahrzeug vor die Tür stellen. Nur wäre es dann ein Elektroauto mit Reichweite von 50 bis 100 Kilometer. Den Rest des Weges bis zum gewünschten Ziel würden der Reisende mit Car-Sharing-Fahrzeugen oder der Bahn zurücklegen. Schätzungen zufolge könnten 2020 rund 600.000 Elektrofahrzeuge im Markt sein. Das entspricht einem Anteil von fünf Prozent.

Hohe Kosten für Wasserstoff

Schwerer als die Batterieautos wird es die Brennstoffzelle haben glaubt Rocholl. Das Konzept habe zwar in Forschungsfahrzeugen und Kleinserien gezeigt, dass es funktioniert. Aber die hohen Kosten für den nötigen Wasserstoff habe noch keiner im Griff. Das betreffe die Herstellung, Lagerung und den Transport des Knallgases. Es müsse relativ viel Energie aufgebracht werden, um Wasserstoff fahrzeugtauglich zu machen. Offen bleibt ebenso, woher das Geld für den Aufbau der entsprechenden Infrastruktur wie beispielsweise dem Tankstellennetz kommen soll. Eine McKinsey-Studie hat dafür etwa 400 Milliarden Euro - verteilt auf die nächsten 20 bis 30 Jahre - errechnet. Erst dann könne sich die neue Technologie selbst tragen.

Seine Berechtigung als Treibstoff der Zukunft habe auch Erdgas. Das scheint aber ebenfalls Probleme zu bereiten. Nach einer TNS Infratest-Studie, auf die sich Dr. Ulrich Eichhorn, Technik-Geschäftsführer beim VDA bezieht, besteht in Sachen Erdgasfahrzeug allgemein ein Informationsdefizit. Zu verwirrend scheinen den Kunden Abkürzungen wie LPG, CNG und LNG.

Das Ende des konventionellen Antriebs

Somit gehören konventionelle Antriebe vorerst nicht zum alten Eisen. In den vergangenen Jahren haben die Hersteller deren Verbrauch jährlich um drei Prozent verbessert. Würden alle Register gezogen, könnten die Autobauer die CO2-Emissionen auf 95 Gramm pro Kilometer drücken. Zwischen 80 bis 85 Gramm sei aber das Ende der Fahnenstange erreicht. VW will auf dem Weg der Dekarbonisierung vermehrt Pflanzenreststoffe und Algen als Energiequelle einsetzen. Denkbar wäre auch, Wind- und Solarstrom chemisch zu speichern. Vor 2018 sei aber nicht mit größeren Stückzahlen an reine Elektro- und Hybridautos zu rechnen.

Eine Anstoßfinanzierung für alternative Antriebstechnik sieht Anton Hofreiter von Bündnis 90/Die Grünen kritisch. „Die Politik sollte technikneutral agieren. Wir sind nicht die besseren Ingenieure. Daher bin ich ein großer Anhänger von CO2-Grenzwerten, die möglichst streng sein sollten. Die Fahrzeughersteller können sich dann selbst aussuchen, wie sie diese Grenzwerte erreichen wollen“, sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. Ginge es nach ihm, würde er strenge und ambitionierte Grenzwerte für das schädliche Klimagas - auch gegen den Widerstand des VDA - einfach politisch durchsetzen. Deutschland hänge zwar stark von der Autoindustrie ab, was industriepolitisch ein hohes Risiko darstelle. Andererseits baue dieser Industriezweig auf ein Geschäftsmodell, das nicht zukunftsfähig ist. „Das Verbrennen von Rohöl in großem Stil vernichtet unsere Lebensgrundlage“, lautet sein Fazit.

Das Auto bleibt wichtigstes Verkehrmittel

Seine Partei hat einen Mentalitätswechsel durchgemacht. Das bekennt auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Kerstin Andreae. Das Auto werde das wichtigste Verkehrsmittel bleiben. Auch sie sieht es als notwendig an, den Umbau in der Automobilbranche vom Erdöl zu den erneuerbaren Energien technologieoffen zu halten. Um emissionsärmere, leichtere, effizientere und preiswerte Autos zu bauen, müsse die Politik hohe Anforderungen stellen. Ihre Partei Bündnis 90/Die Grünen fordere für 2020 einen CO2-Grenzwert von 80 g/km. Nicht zu vernachlässigen seien dabei die Firmenwagen. Sie machen immerhin 60 Prozent der Neuzulassungen aus. Deshalb sollte der Fiskus Firmenwagen CO2-basiert besteuern. Außerdem plädiert die Politikerin für die steuerliche Begünstigung von Erdgasfahrzeuge über das Jahr 2018 hinaus. Das könnte potenzielle Käufer Planungssicherheit geben.

„Das Auto wird nicht verschwinden aus unseren Städten und schon gar nicht aus der Fläche. Aber es wird seine Dominanz verlieren. Car-Sharing- und Car2Go-Modelle werden sukzessiv die Oberhand gewinnen“, versichert Ralf Fücks, Vorstand der grünen Heinrich-Böll-Stiftung und fordert gleichzeitig von den Autokonzernen eine Innovationsoffensive. Treibstoff- und Materialverbrauch der Autos müssten radikal gesenkt werden. Nur so lasse sich die zu erwartende Verdopplung der globalen Fahrzeugflotte verkraften.