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Verbrauch Fernab der Realität

Foto: Daimler

Die Lücke zwischen dem Normverbrauch von Pkw und ihrem Durst im realen Straßenverkehr klafft immer weiter auseinander. Im Schnitt benötigen Autos im Alltag 40 Prozent mehr Kraftstoff als versprochen.

Die Lücke zwischen dem Normverbrauch von Pkw und ihrem Durst im realen Straßenverkehr klafft immer weiter auseinander. Im Schnitt benötigen Autos im Alltag 40 Prozent mehr Kraftstoff als im Katalog versprochen, wie aus einer Untersuchung des International Council on Clean Transportation (ICCT) hervor geht. Im Jahr 2001 betrug die Differenz zwischen Theorie und Praxis lediglich acht Prozent.

Seit der Einführung der CO2-Grenzwerte in Europa im Jahr 2009 ist der Kraftstoffverbrauch nach Herstellerangaben um 15 Prozent gesunken. Im realen Straßenverkehr waren es im Schnitt gerade einmal zwei Prozent, wie das ICCT durch eine Analyse von Verbrauchsvergleichs-Webseiten im Internet ermittelt hat. Einige Modelle verbrauchen demnach in der Realität heute sogar mehr als noch 2009. Das ICCT nennt als Beispiele den BMW 5er, die Mercedes A-Klasse, Opel Astra, Opel Corsa und Toyota Yaris. Drei weitere – Audi A4, BMW 3er und VW Passat – konnten ihren Normverbrauch lediglich minimal drücken. Positiv hingegen fielen vor allem Modelle von Importmarken auf. So sank der Realverbrauch des Peugeot 206/207/208 um rund 19 Prozent. Aber auch Skoda Fabia, Skoda Octavia, Ford Focus und die Mercedes C-Klasse konnten die Werte um rund zehn Prozent reduzieren.

Verschiedene Faktoren spielen beim Anwachsen der Kluft eine Rolle. Zum einen sind in den vergangenen Jahren neue Spritspartechnologien hinzugekommen, deren Effekt im normierten NEFZ-Test stärker ausfällt als auf der Straße. Zudem gibt es Veränderungen in der Fahrzeugnutzung, etwa den stärkeren Einsatz der Klimaanlage. Nicht zuletzt nutzen die Hersteller vor dem Hintergrund der neuen CO2-Grenzwerte Testtoleranzen und Lücken in den Vorschriften mittlerweile konsequenter aus als früher.

Für den Verbraucher ist die Entwicklung kostspielig. Die Differenz zwischen Prospekt- und Realverbrauch kostet ihn im Schnitt 450 Euro pro Jahr, so das ICCT. Gesamtgesellschaft und Umwelt leiden natürlich ebenfalls unter den geschönten Werten. Staaten etwa, in denen sich die Kfz-Steuer am CO2-Ausstoß bemisst, erhalten weniger Einnahmen.

Die Autoindustrie verweist bei Abweichungen zwischen Norm- und Alltagsverbrauch darauf, dass die Laborwerte vor allem eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Autos gewährleisten sollen, nicht aber den individuellen Alltagsverbrauch darstellen können. Die wachsende Kluft zwischen Theorie und Praxis lässt sich so aber kaum vollständig erklären.

Besserung bei der Realitätsnähe von Normwerten soll ein neuer weltweiter Verbrauchs-Messzyklus bringen. Der sogenannte WLTP ist von den Vereinten Nationen bereits verabschiedet und soll ab 2017 eingeführt werden. Der neue Test wird sich stärker am Alltag auf den Straßen orientieren und unter anderem bei höheren Geschwindigkeiten gefahren. Ermessensspielräume und rechtliche Lücken wird aber wohl auch das neue Messverfahren haben.