Sie sind groß, komfortabel, sicher und haben starke Diesel. Business-Limousinen sind die klassischen Firmenwagen für Mitarbeiter gehobener Gehaltsklassen. Im Test tritt der neue Volvo S90 gegen Audi A6, BMW 5er, Mercedes E-Klasse und Jaguar XF an.
Kompakte Autos bieten ja heute so viel Komfort und Sicherheit wie vor wenigen Jahren noch die gehobene Mittelklasse. Doch dem Erfolg der großen Limousinen schadet das nicht. Denn mit solchen Autos versüßen sich zwar auch gut situierte Privatiers das Leben. Mitarbeiterfreundliche Unternehmen gönnen die Limousinen aber gern ihrem Top-Personal. Weil sie wissen: Nach drei, vier Stunden Fahrt fängt für dieses die Arbeit erst an. Da soll der Manager fit aussteigen und performen.
Neu ist hier nun der Volvo S90. Er macht einiges anders als die etablierte Konkurrenz von Audi, BMW, Jaguar und Mercedes. Aber macht er auch Entscheidendes besser
Audi: immer noch auf der Höhe der Zeit
Nun, was die sicht- und fühlbare Verarbeitungsqualität angeht, ist der Audi A6, der mittlerweile in der zweiten Hälfte seines Lebenszyklus angekommen ist, noch immer eine sichere Bank. Immerhin wählten die FIRMENAUTO-Leser den A6 Avant erst im Frühjahr 2016 zum Firmenauto des Jahres. Wie präzise die Drehregler klicken, wie sauber angenehme Materialien verarbeitet sind: Das ist ebenso eindrucksvoll wie das Platzangebot und auch der Sitzkomfort, der im Testwagen durch die Individual-Kontursitze (2.100 Euro) aufgewertet wurde. Lange Strecken sind so wirklich kein Problem, zumal auch der Geräuschkomfort sehr gut ist. Der Wind fächelt nur leise um die Karosserie, und trotz breiter 19-Zöller (1.680 Euro) informiert der 3.0 TDI Quattro nur in dem Maße über Straßenunebenheiten, wie es der engagierte Pilot mag.
Dazu trägt natürlich das adaptive Luftfederfahrwerk bei (1.638 Euro), das im Comfort-Modus sehr sanft ans Werk geht. Dass lange Strecken notfalls sehr zügig absolviert werden können, dafür sorgt der bärig anschiebende V6 TDI mit 272 PS. Ohne jemals angestrengt zu wirken, schüttelt er die Power aus dem Ärmel und darf auch gern mal aus dem Drehzahlkeller ziehen: Das bei Bedarf blitzschnell schaltende Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ist sehr, sehr gut an diesen Bullen adaptiert.
Nun jagt der Mitarbeiter nicht dauernd mit vollem Tempo von Kunde zu Kunde. Für die Kür der Landstraße hat der Audi aber auch einen Sinn: Seine leichtgängige Lenkung mag zwar ein wenig synthetisch wirken, doch Kurven aller Art schnupft der Audi weg, als wöge er viel weniger als die gemessenen 1.920 Kilogramm. Die hervorragenden Werte aus den Slalom- und Spurwechseltests, wo er allen Konkurrenten um die Ohren fährt, untermauern diesen Eindruck. Und dank dem serienmäßigem Allradantrieb verkneift sich der A6 auch bei sehr engagierter Fahrweise scharrende Räder oder böses Lastwechseln.
Dazu kommt ein umfangreiches Infotainment-Paket, das etliche für den Fahrer eines Firmenwagens sinnvolle Features beinhaltet. Beispielsweise die integrierte SIM-Karte, über die das System europaweit ohne Roaminggebühren online geht und beispielsweise aktuelle Verkehrsinfo von Google herunterlädt.
Es fällt sehr leicht, diesen A6 zu mögen, der einzig bei der Sicherheitsassistenz nicht mehr auf der Höhe ist. Das wird der Nachfolger korrigieren. Wo der sonst noch entscheidend besser werden kann, ist uns ehrlich gesagt nicht so ganz klar.
BMW: ansteckend fahrfreudig
Dass der Audi es in Sachen Fahrspaß tatsächlich mit dem BMW 5er aufnehmen kann, ist eine Erkenntnis unserer Vergleichsfahrten. In Nuancen macht der per Integral-Aktivlenkung und 19-Zoll-Mischbereifung (1.470 und 1.092 Euro) angeschärfte 530d zwar einen noch willigeren Eindruck. Doch bei forciertem Kurvenräubern ist sein Heckantrieb (Allradantrieb plus 2.185 Euro) doch rasch mit seinem Latein am Ende, und die Fahrdynamiksysteme melden beim scharfen Beschleunigen am Kurvenausgang ziemlich ruppig Vollzug.
Davon abgesehen ist der 5er noch immer das Fahrerauto, das einfach passt wie ein Maßanzug. Seidig und druckvoll schiebt der Reihensechszylinder an, die Sportsitze (411 Euro, Serie im M-Sportpaket des Testwagens) sind eine Freude, und die Verstelldämpfer (739 Euro) verstehen sich je nach gewähltem Modus tatsächlich auf Komfort oder Dynamik.
Absolut ausreichend ist das Raumangebot vorn wie hinten, einfach überzeugend der Bedienkomfort per iDrive und hochauflösendem Monitor. Mit den Connected-Drive-Diensten hat BMW ein umfangreiches Portfolio an Dienstleistungen für Business-Nutzer aufgelegt, von der Routenplanung bis zu den Concierge-Diensten. Besonders hervorzuheben ist die kinderleichte Nutzung und übersichtliche Darstellung des Online-Musikportals, das der Besitzer zudem auf mehreren Geräten kostenlos mitnutzen kann.
Okay, die Tasten für die Fahrerassistenzsysteme und das Head-up-Display könnte man besser sicht- und erreichbar anbringen als vor dem linken Fahrerknie. Und besser gedämmte Windgeräusche bei zügiger Autobahnfahrt wären ebenso recht wie kürzere Bremswege. Doch auch kurz vor der Premiere des Nachfolgers zum Jahreswechsel zeigt sich dieser 5er als gereifter Kerl, der den BMW-Markenkern der Freude am Fahren eindrucksvoll rüberbringt. Bei der nicht nur für Geschäftsleute wichtigen Konnektivität ist er ohnehin voll auf der Höhe.
Jaguar: Der Motor ist der Star
Höhe: gutes Stichwort für den Jaguar XF. Seine flache Silhouette mit dem kurzen Heckstummel lässt ihn eher coupéhaft wirken, und dieser Eindruck setzt sich im Innenraum fort. Denn der XF fühlt sich eindeutig weniger limousinig an als seine Konkurrenten, platziert Fahrer und Beifahrer in relativ fest gepolsterte, tief montierte Sitze. Das Raumangebot ist dessen ungeachtet absolut konkurrenzfähig, nur der Rundumsicht tut das Design mit flachen Seitenscheiben und sehr steil stehender Heckscheibe nicht wirklich gut.
Der Star des XF sitzt eindeutig unter der Motorhaube und hat ebenfalls knapp drei Liter Hubraum. 300 PS, 700 Newtonmeter, das klingt gewaltig und fühlt sich auch so an. Trotz der gegenüber vorherigen Tests deutlich schlechteren Messwerte. Es greift einem schlicht ans Herz, wie dieser dunkel grollende Diesel quasi ab Leerlaufdrehzahl ans Werk geht und in jeder Lebenslage souveränen Druck aufbaut. Die nicht zu zackig-schnellen Gangwechseln à la Audi neigende Achtstufenautomatik verwaltet diese Kräfte sehr weise: Sie verkneift sich allzu viele Schaltvorgänge und lässt den Motor einfach ziehen, wenn der Fahrer nicht per Gaspedal oder Dynamik-Modus erhöhten Dynamikbedarf anmeldet.
Damit hätten wir den Höhepunkt des XF abgehandelt. Das durch breite 20-Zöller für 1.885 Euro aufgewertete Fahrwerk hat zwar nichts gegen Kurven, gibt sich beim Federn aber straff und auf unebenen Autobahnen zittrig. Hinzu kommen insgesamt hohe Fahrgeräusche, die man einem GT eher nachsähe als einer Limousine.
Angesichts des hohen Grundpreises von über 50.000 Euro inklusive dreier Jahres-inspektionen wirkt die Materialauswahl im eher schlicht eingerichteten Innenraum teilweise sparsam. Auch die Instrumente wirken alles andere als ambitioniert. Und obwohl die Jaguar-Ingenieure so stolz auf ihr neues, In Control Touch genanntes Multimediasystem sind, erinnert der Monitor in seiner durchaus praktischen Darstellung eher an einen schlichten Windows-Rechner. Was durchaus gewollt ist, denn er reagiert auf intuitive Wisch- und Zoombewegungen.
Einzige Extravaganz neben dem ausfahrenden Wählhebelknauf und den sich beim Start öffnenden Lüftungsdüsen: Die animierten Hauptinstrumente rücken den im Normal-Modus ziemlich kleinen Drehzahlmesser im Dynamik-Modus rot illuminiert ins Zentrum des Dashboards.
Mercedes: traditionell modern
Da ist die Mercedes E-Klasse mit ihrem Widescreen-Cockpit (850 Euro) ein ganz anderes Kaliber. Auf dem Monitor und im animierten Haupt-Cockpit lassen sich unglaublich viele Informationen einblenden, was nicht nur wegen der feedbackarmen Blackberry-Knübbelchen in den Lenkradspeichen anfangs kaum mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit gelingt. Die E-Klasse ist Auto für Leser tiefgründiger Bedienungsanleitungen. Und ein Fall für eine wirklich gute Einführung bei der Übernahme. Nicht wenige Käufer werden wohl lange an der Oberfläche des Möglichen bleiben, bis sie Schritt für Schritt sicherer durch die Menüs wandeln können, ohne den Blick allzu oft von der Straße zu nehmen.
Nur bei den Business-Anwendungen hat Mercedes etwas Nachholbedarf. Innovativ ist zwar die Möglichkeit, das Auto mithilfe des NFC-Chips übers Smartphone zu öffnen und zu starten. So könnte beispielsweise der Parkwächter den Wagen rangieren, ohne dass er einen Schlüssel braucht. Dass sich der Fahrer aber über Bluetooth immer nur mit einem Telefon einloggen kann, ist wenig zeitgemäß.
Darüber könnte man fast das Wesentliche vergessen, was schade wäre: Denn der E 350 d fährt ganz ausgezeichnet mit geschmeidigem Komfort (Air Body Control, 1.900 Euro) und bestem Geräuschkomfort (Akustikkomfort-Paket, 1.100 Euro).
Der Dreiliter klingt ein wenig traditionell taxi-dieselig, spielt sich aber mit der harmonisch agierenden Neunstufenautomatik gekonnt die Aufgaben zu, sodass man sich tatsächlich auch auf längere Reisen rundum freuen kann. Steigt man missmutig aus, lag es sicher nicht am Auto, das dem Fahrer nur in einem Punkt wortwörtliche Größe abverlangt: Kollegin Natalie hatte mit ihren 1,53 Metern Mühe, das Gaspedal auch nur ansatzweise durchzutreten.
Dass der E 350 d, der mit 8,2 Liter Testverbrauch der Genügsamste unter den Sechszylindern ist, auch abseits der Autobahn Freude macht, sei der Vollständigkeit halber noch angemerkt: So gierig auf Kurven wie der Audi oder der BMW ist er zwar nicht. Gleichwohl setzt er Lenkbefehle präzise und willig um und gerät erst bei wirklich rabiaten Fahrmanövern in den Grenzbereich, wo das anfangs sanft agierende ESP dann entschlossen den Stecker zieht.
Volvo: gewohnt eigensinnig
Dieses Kurventalent passt sicher ebenso wenig ins Weltbild mancher Mercedes-Verächter wie die respektable Fahrdynamik des Volvo. Der neue S90 D5, serienmäßig allradgetrieben, wieselt erstaunlich flott um die Hütchen, wenngleich seine etwas gefühlsarme Lenkung wie die des Jaguar nicht das Niveau der deutschen Konkurrenten erreicht. Noch beachtlicher ist die Brems-Performance der Schweden-Limousine mit Bestwerten in allen Messdisziplinen. Sie nehmen es bei Volvo wirklich ernst mit der Sicherheit, wie auch die eindrucksvolle Anzahl von Sicherheitsassistenten unter Beweis stellt: Für jede Eventualität des Autofahrer-Alltags gibt es mindestens ein Helferlein.
Dass viel Elektronik im Spiel ist, zeigt der S90 auch. Denn um nicht das gesamte Cockpit mit Tasten und Knöpfchen zuzupflastern, hat man die Bedienung weitgehend in den hochkant stehenden Monitor verlagert. Das macht das Leben nicht unbedingt leichter, vor allem nicht für Volvo-Neulinge. Schon eine laufende Zielführung abzubrechen ist beim ersten Mal eine kleine Herausforderung. Doch erfahrungsgemäß bleiben Volvo ja lange beim Besitzer. Da ist Zeit, die wichtigen Bedienschritte zu lernen, und zu behalten, wo im Hauptmenü welche Funktion anzutreffen ist.
Liebe auf den ersten Blick ist auch der Zweiliter-Vierzylinder nicht. Der ist mit 235 PS und 480 Newtonmetern für sich gesehen kein Schwächling, verliert aber bei Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit den Anschluss. Störender als das ist die nicht immer zielgerichtet agierende Automatik: Bis Wind- und andere Fahrgeräusche dominant werden, ist das Röhren des kleinen Motors bei jedem stärkeren Beschleunigen zu hören. Man kann sich das schönrechnen mit einigen Zehntellitern Verbrauchsvorteil gegenüber den großen Sechsendern. Aber ohne Empathie für die Marke wird das schwer.
Bei den Komforterwartungen hilft ein Blick zurück in die Firmengeschichte. Denn noch keinem großen Volvo wurden wegen sänftengleicher Federung Hymnen gesungen. Stößig und spröde abrollend auf den großen 20-Zöllern (1.504 Euro), treibt der S90 also hier Traditionspflege wie auch – im Positiven – mit seinen ungemein behaglichen Sitzen und dem ernsthaften Bemühen um aktive und passive Sicherheit. Das bringt ihn in diesem Vergleich weit nach vorn und womöglich auf den Parkplatz manches Topmanagers.