Vergleichstest Kleinwagen Flitzer für die Flotte

Hyundai i20 2021, Honda Jazz, 2021, Kia Rio 2021, Opel Corsa 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert 22 Bilder

Vier um die 20.000 Euro teure Kleinwagen, vier Antriebskonzepte: Der ganz neue ­Hyundai i20 tritt gegen Honda Jazz, Kia Rio und Opel Corsa zum Vergleichstest an. Welcher eignet sich am besten für den gewerblichen Einsatz?

Wir schreiben das Jahr 2002. Gerhard Schröder ist Kanzler, eine Atemwegserkrankung namens SARS-CoV-1 wird in China entdeckt, die Sülibirne zum Streuobst des Jahres gewählt, und Hyundai bringt einen neuen Kleinwagen heraus. Der heißt damals Getz und hilft der anfangs reiz- und profillosen Korea-Marke, kleinere Verkaufserfolge auf dem deutschen Markt einzufahren. Warum? Er ist geräumig und übersichtlich, geht einigermaßen sparsam mit Kraftstoff um und bietet eine gute Serienausstattung. Aber er wirkt etwas bieder.

Seitdem ist die eine oder andere Sülibirne vom Baum gefallen, Hyundai-Autos sind nicht mehr nur billig, sondern fallen durch Innovationen auf. Als Firmenwagen werden sie durchaus begehrt statt einfach nur gekauft. Das gewonnene Selbstbewusstsein zeigt sich beim neuen i20 gleich am auffälligen Markengesicht – man traut sich was. Überzeugen muss der neue i20 nun im Vergleich mit der Konkurrenz. Opel Corsa als bei Firmenkunden langjähriger Bekannter sowie der eher bei privaten Käufern beliebte Kia Rio stehen wie der Hyundai i20 mit Dreizylinder-Turbobenzinern bereit. Nur der Honda Jazz macht alles anders und nutzt einen Vierzylinder-Hybrid, dessen Komponenten inklusive des Getriebes in ihrer Zusammenarbeit ganz eigene Wege gehen. Apropos Getriebe: Unser Viererpulk bietet davon eine bunte Mixtur, weswegen wir jedem Räderwerk ein paar zusätzliche Zeilen widmen wollen.

Hyundai i20: nie wieder bieder

des gestiegenen Funktionsumfangs lässt sich das touchbasierte System erfreulich einfach bedienen, weil es Schalter für Klimaanlage sowie Direktwahltasten für einzelne Menüs gibt. Apple Car Play holt Handyfunktionen sogar kabellos ins Display. Auch mit der Sprachsteuerung versteht man sich schnell. Darüber hinaus glänzt das Interieur mit bequemen, seitenhaltstarken Sitzen und einer äußerst ansehnlichen Verarbeitungsqualität.

Foto: Hans-Dieter Seufert
Hyundai i20 2021

Klar, Hyundai kocht auch nur mit Wasser, oder besser gesagt: mit Hartplastik. Hier wird das in Kleinwagen übliche Sparmaterial aber mit viel Finesse und mit glatten Oberflächen im Sichtfeld angerichtet. Während sich der gute Eindruck im recht geräumigen und vor allem breiten Fond fortsetzt, enttäuscht der erste Blick in den Kofferraum: Die unterhalb des Ladebodens verbaute 48-Volt-Batterie kostet Stauraum. Nur 262 Liter fasst der i20 als Mildhybrid – 352 wären es ohne Elektrifizierung.

Das ziemlich kostspielige optionale Sportfahrwerk (798 Euro) tackert den i20 fest auf die Straße, kostet aber etwas Komfort. Die Bestwerte im Slalom und beim Spurwechsel kommen also wenig überraschend, auch weil die Lenkung angenehm direkt, aber nie nervös arbeitet und einfach ein gutes Gefühl vermittelt. Ebenfalls Bestwert: der Geräuschpegel. Ein Schalldruck von 70 dB(A) bei 130 km/h ließe selbst einen Mittelklassewagen nicht schlecht aussehen. Gleiches gilt für das breite und gut funktionierende Assistenzangebot, wobei Extras wie der Adaptivtempomat (277 Euro) selbst in der von uns getesteten Top-Linie Prime noch extra bezahlt werden wollen.

Abgerundet wird der Fahreindruck vom Drei­zylinderturbo, der sich mit seinem schnellen Drehmomentaufbau und der gleichmäßigen Leistungs­entfaltung kräftiger anfühlt, als es seine eher durchschnittlichen Fahrleistungen vermuten lassen. Zudem harmoniert er perfekt mit dem sanft agierenden Doppelkuppler, der hier ganz ohne Ruckeln anfährt und seine sieben Gänge wechselt.

Honda Jazz: der Raumgleiter

Gänge wechselt der Jazz erst gar nicht. Zwar nennt Honda das Getriebe seines einzigartigen Hybrid­antriebs eCVT, aber eigentlich wird der Japaner mit fester Übersetzung angetrieben. Auf Knopfdruck fährt der Jazz sogar kurze Strecken rein elektrisch. Dank der 253 Nm seines E-Motors, der den Hauptteil der Antriebsarbeit erledigt, beschleunigt der Jazz unter hoher, gleichbleibender Drehzahl die beiden Koreaner aus und bleibt unter zehn Sekunden beim ­Standardsprint.

Dass sein eigenwilliges Antriebskonzept funktioniert, zeigen die guten Verbrauchswerte. Trotz der ordentlichen Beschleunigung ist der Jazz aber klar auf Komfort ausgelegt. Tatsächlich ist er auf einer schlechten Straße kaum wiederzuerkennen. Nach den unterdämpften Vorgängern folgt hier ein richtig geschmeidig federnder Gleiter, der sich kaum aufschaukeln lässt. Klar, im Slalom reißt er mit seinen dürren Eco-Reifen und dem weichen Fahrwerk nicht gerade die Sülibirne vom Ast und ist rund 4 km/h langsamer als der i20. Aber: Die indirekte, lineare Lenkung passt perfekt zum komfortorientierten Konzept. Unentschuldbar sind hingegen die ziemlich schwachen Bremswerte von über 38 Metern, mit denen er eine ganze Wagenlänge hinter dem i20 zum Stehen kommt.

Honda Jazz 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
Der Jazz punktet mit sehr bequemen Sitzen und guter Verarbeitung.

Das ist schade, weil sich der Jazz im Rennen um den Testsieg damit selbst ausbremst. Sein Interieur hätte jedenfalls das Potenzial zu Platz eins gehabt. Dank toller, äußerst gemütlicher Sitze im Volvo-Stil aus meliertem Stoff und Kunstleder und einer guten Verarbeitung wirkt der Jazz sehr wohnlich. Das Be­­dienkonzept ist verständlich, nur das virtuelle Cockpit zeigt außer der Geschwindigkeit nicht viel Relevantes an.

Platz? Obwohl der Jazz im Vergleich zum Vorgänger an Ladevolumen verloren hat, überzeugt das Raumangebot immer noch. Auf der Rückbank sitzt man auch in der Kompaktklasse selten besser, und in Sachen Variabilität und Funktionalität macht dem Jazz mit seiner tiefen Ladekante und den wie Kinosessel hochklappbaren Magic Seats eh keiner etwas vor. Dazu kommt in der getesteten Executive-Linie noch eine ordentliche Sicherheitsausstattung mit einem etwas zu vehementen Spurhalteassistenten, Totwinkelwarner, Adaptivtempomat und einem äußerst reichhaltigen Airbag-Arsenal inklusive eines Centerairbags, der sich zwischen den Vordersitzen entfaltet. Preislich liegt der Jazz damit zwar bei stattlichen 21.134 Euro, aber mit vergleichbarer Ausstattung wäre er sogar der Günstigste in der Runde, da alle Konkurrenten noch mal kräftig nachfassen in der Preisliste.

Kia Rio: hart, aber fair

Der Rio startet hingegen deutlich preiswerter – wenn auch nicht gerade günstig – bei 18.781 Euro für den Turbodrilling mit 48 Volt und 120 PS in der GT Line. Die Elektrifizierung wurde dem Rio im Zuge der Modellpflege für 2021 mit auf den Weg gegeben, ebenso das neue iMT-Schaltgetriebe. Das Assistenzangebot wurde um einen Totwinkelwarner, eine Verkehrszeichenerkennung und einen Querverkehrswarner aufgestockt, damit der Kia nun den Fahrer auf Höhe der Konkurrenz unterstützt. Wie im i20 gefallen die feststehenden Tasten des Acht-Zoll-Touchscreens und die analoge Klima­bedienung. Bedienwut kommt nur bei der Suche nach dem Assistenzmenü auf, das sich im kleinen Tachodisplay versteckt.

Sitzt man vorn noch angenehm tief auf gut ausgeformten Sitzen, geht es weiter hinten beengter zu. Aber der Kofferraum scheint zu profitieren, denn mit 325 Litern bringt der Rio am meisten Gepäck unter, trotz Hybridbatterie unter dem Kofferraumboden. Leicht zu beladen ist das Abteil mit seiner hohen Ladekante und dem stufigen Ladeboden allerdings nicht.

Kia Rio 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
Kia Rio 2021

Auf der Straße wird schnell klar, wohin die Reise geht: raus aus dem Alltag, rein ins Vergnügen. Im Rio hat man den prägnant trommelnden Dreizylinder mit der Handschaltung immer fest am Kragen gepackt. Trotz der elektrischen Kupplung fühlt sich das Pedal nicht gefühlsärmer an als bei anderen Kleinwagen. Das automatisch aktivierte Segeln bemerkt man kaum. Der Kia lenkt leichtgängig und direkt ein, allerdings nicht ganz so ausgewogen wie der Hyundai, und federt ziemlich straff. So wedelt man mit dem Rio mit wenig Untersteuern über Land, registriert mit einem Grinsen das auch in nassen Kehren vertrauenerweckende Einlenkverhalten, während vorn der Dreizylinder immer und schnell ordentlich Kraft entwickelt, aber nie richtig bissig wirkt.

Vor dem Komfortkapitel kann sich der Kia aber nicht drücken. Das Fahrwerk rumpelt lautstark über Fugen, und auch der Wind tost vernehmbar um die Karosserie. Von den Kosten her ist der Rio durchaus attraktiv, auch dank seiner langen Garantie, rückt aber mit zahlreichen Ausstattungspaketen ­ausgerüstet preislich recht nahe an den i20 heran, der ihm beim Komfort spürbar überlegen ist.

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Opel Corsa: stark mit Schwächen

Gleich vorab: Komfort spielt beim neuen Opel Corsa nur eine untergeordnete Rolle, weil er sich vom behäbigen Image und Fahrverhalten des hochbeinigen Vorgängers befreien sollte. Und das gelingt ihm gar nicht schlecht.

So stützt er sich mit seinem straffen Fahrwerk in den Fahrdynamikdisziplinen ebenso wie auf der Landstraße gut ab und erreicht ordentliche Kurvengeschwindig­keiten. Allerdings nur, sofern der Fahrer sanft mit der äußerst direkten, aber gefühlsarmen Lenkung umgeht. Wirft man den Opel etwas zu forsch in die Biegung, grüßt sofort das vorsichtige ESP mit einem herben Tackle auf die ­Fahrdynamik.

Positiv ist dagegen, wie der kraftvolle und laufruhige Turbomotor der Konkurrenz seinen Leistungsvorteil unter die Nasen reibt. Schnellster beim Sprint, stärkster Durchzug, Top-Speed 208 km/h – klare Sache für den Corsa, auch weil seine Achtgangautomatik stets die passende Fahrstufe parat hat. Zwar neigt sie im kalten Zustand ein wenig zum Ruckeln, doch mit etwas Öltemperatur überzeugen ihre schnellen und sanften Gangwechsel.

Opel Corsa 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
Sein kräftiger Vierzylinder sorgt für gute Fahrwerte beim Corsa.

Zurück zum Komfort, der nicht so wirklich vorhanden ist, weder auf der Straße mit dem etwas hoppeligen Fahrwerk noch auf dem beschwerlichen Weg durch die enge Fondtür auf die harte, flache Rückbank. Vorn sitzt man schon deutlich besser auf haltstarken, tief positionierten Sitzen, in die man bisweilen erschöpft zurückfällt, wenn man sich schon wieder in den Untiefen der Menüstruktur des Infotainments verirrt hat. Hier ist Eingewöhnungszeit nötig. Informationsgeiz zeichnet das virtuelle Cockpit­display aus, das außer Geschwindigkeit und einem geradezu putzig kleinen, daher schlecht ablesbaren Drehzahlbalken nur wenige nützliche Informationen auf seinen sieben Zoll präsentiert. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum der chilirote Corsa am Ende auch als rote Laterne leuchtet.

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Spurensuche: Zum einen hapert es bei ihm an serienmäßiger Assistenz und an Multimedia­features, beispielsweise einer gut funktio­nierenden Sprachsteuerung. Zum anderen mangelt es an Liebe zum Detail. Die schwarzen Exterieur-Anbauteile sind nicht eben sauber eingebaut, im Kofferraum liegt einfachster Filz, in den als Griffersatz ein fransiger Schlitz geschnitten wurde. Außerdem bildet der Touchscreen zwei unschöne schwarze Ränder, in denen mehr als nur Temperatur und Uhrzeit angezeigt werden könnte.

All das wäre im Kleinwagensegment durchaus verschmerzbar, wenn Opel weniger für das Gebotene verlangen würde. Mit vergleichbarer Ausstattung wäre er hier der Teuerste, ohne sich dafür teuer genug zu verkaufen.

So reicht es nur zu Platz vier, während der Hyundai den Sieg in einem bemerkenswert teuren Testumfeld einfährt. Gut, dass es den i20 auch mit preiswerter Motorisierung und Ausstattung gibt, ohne dass er damit gleich in die Getz’sche Biederkeit zurückfällt. Darauf eine Sülibirne.

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Test E-Autos: BMW i3 gegen Peugeot e-208
Stadt. Land. Schluss?