Stauprognosen Quantencomputer ermöglicht präzise Berechnung

Quantencomputer Volkswagen VW Konzern Barcelona Verkehrsberechnung Verkehrsfluss Verkehrssteuerung Algorithmus Foto: Volkswagen AG 3 Bilder

VW ist es erstmals gelungen, auf einem Quantencomputer das Verkehrsaufkommen präzise zu berechnen.

Der jederzeit auf die jeweilige Nachfrage hin perfekt abgestimmte öffentliche Personennahverkehr ist in aller Munde. Sogenannte On-Demand-Services, zu Deutsch in etwa: "Angebote auf Bestellung", vereinen viele Vorteile in sich. Dadurch, dass sie eben nicht nach einem starren Plan agieren, machen sie Verkehrsbetriebe erheblich effizienter. Kein Bus fährt mehr ohne Fahrgäste, mehr noch: Kein zu großer Bus fährt für zu wenige Passagiere und kein zu kleiner Bus wird für zu viele Mitfahrer auf den Weg gebracht. Mit jederzeit zu 100 Prozent ausgelasteten Fahrzeugen winken ungeahnte Kostenersparnisse – und nebenher auch eine drastische Reduktion von Treibhausgasemissionen, ganz ohne den Einsatz lokal emissionsfreier Antriebe. Ein derart gestalteter ÖPNV kann dazu plötzlich auch wieder ländliche Gebiete, die mit einem Personennahverkehr nach Plan kaum wirtschaftlich abgedeckt werden können, anfahren und die Bevölkerung flexibel mobil machen. Das Prinzip der fast schon in Vergessenheit geratenen Ruftaxis erlebt damit eine echte Renaissance: Es passt perfekt in die Zeit, minimiert es nebenbei doch auch die Wartezeiten für die ungeduldigen Fahrgäste.

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Quantencomputer sind noch sehr teuer, aber ungeahnt leistungsfähig.

Die modernen Rechner lösen komplexe Aufgaben weitaus schneller

Das Konzept aber hat eine große Schwäche: die gleichermaßen präzise wie zuverlässige Vorhersage der jeweiligen Nachfrage. Unter dem Einsatz eines Quantencomputers ist es dem Volkswagen-Konzern nun jedoch gelungen, die bisher gängigen Prognosen durch präzise Berechnungen zu ersetzen. VW sieht im Quantencomputer grundsätzlich großes Potenzial für neue Anwendungen und neue Geschäftsmodelle. Die modernen Rechner würden komplexe Aufgaben wie beispielsweise die Verkehrsoptimierung weitaus schneller lösen als herkömmliche Superrechner – oder überhaupt erst eine Lösung ermöglichen. Zurückzuführen ist das auf die Spezialisierung des von VW eingesetzten Quantencomputers auf sogenannte Optimierungsprobleme. Der Quantencomputer errechnet im Grunde nur die Antwort auf die Frage, wie eine Ressource optimal in einem bestimmten Szenario genutzt werden kann – der mit der Anzahl der Faktoren exponentiell wachsende Rechenaufwand bringt normale Computer schnell an ihre Grenzen."Wir wollen ein umfassendes Verständnis für unternehmerisch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie erwerben. Die Verkehrsoptimierung zählt mit dazu: Verkehrsbetriebe und Taxiunternehmen in Großstädten haben ein großes Interesse an einer effizienten Steuerung ihrer Flotte", erklärt Florian Neukart, Principal Scientist im Code-Lab von Volkswagen in San Francisco.

Für ihr neuartiges Verkehrsleitsystem nutzen die VW-Entwickler anonymisierte Bewegungsdaten von Smartphones oder Transmittern im Fahrzeug. Auf der Grundlage dieser Daten werden dann auf herkömmlichen Rechnern Verkehrsballungen und Personenaufkommen ermittelt. Die eigentliche Optimierung übernimmt der Quanten-Algorithmus, für den die Experten "verschiedene Optionen" vorsehen. So soll es unter anderem möglich sein, eine exakte Anzahl an Fahrzeugen vorausschauend an bestimmte, hochfrequentierte Zielorte (sogenannte Demand-Spots) zu senden, um dort später alle wartenden Fahrgäste aufnehmen zu können. Taxibetreiber würden sich damit den teuren Leerbetrieb sparen, auch ein zu knappes Angebot an Transportmitteln würde vermieden werden. Verkehrsbetriebe könnten ihren taktgebundenen Fahrplan zumindest um nachfrageabhängige Zusatzangebote ergänzen.In einem ersten Forschungsprojekt haben Data-Scientists und Big-Data-Experten von Volkswagen auf der Grundlage der Daten von 10.000 Taxis in Beijing schon gezeigt, dass sie mit einem Quantencomputer die Fahrzeiten in der Megametropole deutlich verkürzen können. Volkswagen will das quantenoptimierte Verkehrsleitsystem in Zukunft dann als Serviceleistung anbieten und damit Geld verdienen. "Auch mit Blick auf die Vernetzung von Verkehrsinfrastruktur und Fahrzeugen, insbesondere autonom fahrenden Fahrzeugen, sehen die Volkswagen-Experten Anwendungsmöglichkeiten ihres Algorithmus", heißt es seitens des Herstellers.Da die Datenbasis für Barcelona auf einem ausreichenden Niveau ist, will VW den neuen Algorithmus zur Verkehrsberechnung nun aber zunächst in der spanischen Metropole erproben. Für dieses Projekt arbeiten die Wolfsburger mit dem Telekommunikationsdienstleister Orange und dem Data-Science-Spezialisten Teralytics zusammen.