Versicherung Autoklau hat Konjunktur

Diebstahl, Einbruch, Autoklau Foto: Fotolia

Mehr als 42.000 Autos verschwinden jedes Jahr. Besonders im Visier der Diebe: Firmenfahrzeuge. Wie Flottenchefs am besten vorbeugen.

Autodiebstahl − kein Thema, denken viele Flottenmanager. Wir sind doch versichert. Richtig, und doch ist hier ein entspanntes Zurücklehnen gefährlich. Ein Autodiebstahl kann nämlich die Unternehmen – trotz Versicherungsschutz − richtig teuer zu stehen kommen. Und: Autodiebstahl hat wieder Konjunktur.Das beweist die Statistik des Bundeskriminalamts (BKA). Lag die Zahl der Gesamtdiebstähle 2008 noch bei 37.184, ist sie in den letzten beiden Jahren um knapp 13 Prozent auf 42.002 Fahrzeuge gestiegen. Nach Erkenntnissen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) handelt es sich um organisierte Kriminalität. Es wird auf Bestellung gestohlen. In der Regel Fahrzeuge der Oberklasse. »Modell und sogar Farbe des Autos, das gestohlen werden soll, sind festgelegt«, sagt Christian Lübke vom GDV. Besonders gefährdet sind die im ­Osten gelegenen Bundesländer, so eine Sonderauswertung des Landeskriminalamts (LKA) Berlin. »Die Fahrzeuge gehen bis nach Afghanistan«, sagt Kriminaloberrat Dirk Jacob vom LKA Berlin.

Firmenfahrzeuge im Visier

Für Firmen sollten die Alarmglocken läuten. Firmenfahrzeuge wirken auf Autoknacker wie ein Supermarkt. Kleintransporter, Kombi, SUV der Firmenflotte sind vollgepackt mit Ware und die Fahrzeuge der Geschäftsleitung mit wichtigen Geschäftsunterlagen und leider oft dem Fahrzeugschein. Wer zudem noch die Schlüssel zum Geschäft, Tresor oder der privaten Wohnung im Wagen lässt, muss sich über einen weiteren Besuch der Profis nicht wundern. »Dabei kann das kurzzeitige Verlassen des Fahrzeugs zum Tanken oder Einkaufen durch Blockieren der elektronischen Türverriegelung mittels Störsendern schon zum Problemfall werden«, warnt Kriminalexperte Detlev Burgartz von der Initiative Pro Versicherer. »Es empfiehlt sich unbedingt, noch mal per Hand am Griff zu prüfen, ob der Wagen wirklich verschlossen ist.« Grund: Störsender können heutzutage selbst das Blinkerzeichen oder Hupsignal zum Abschließen vortäuschen.Ganz große Probleme bekommen Fahrzeugbesitzer mit Keyless-Go-Systemen. Da sie die Sicherheitskarte am Körper tragen, ist ein Grifftest nicht möglich. »Hier hilft der Einbau einer Diebstahlwarnanlage, die Störsender erkennt«, empfiehlt Berater Burgartz. Problematisch wird es andernfalls bei der Versicherung. Kann der Flottenverantwortliche keine Einbruchsspuren nachweisen, zahlt die Versicherung nicht. Hier steht nämlich schnell der Vorwurf im Raum, dass der Wagen »grob fahrlässig« nicht verschlossen wurde.

Versicherungsverträge prüfen

Möglicherweise lässt sich aber mit Versicherern – im Rahmen von Sonderkonditionen – auch die »grob fahrlässige Herbeiführung des Diebstahls« absichern. »Theoretisch ist das in einem Rahmenvertrag möglich«, sagt Daniela Groll, Flottenexpertin beim Versicherungsmakler Marscheider. Auch für andere Kosten – rund um den Autodiebstahl – sollten Firmen ihre Verträge überprüfen. Ist der Wagen geleast, kann die Leasingfirma oft mehr verlangen als der Versicherer zahlt. Es gibt eine »Lücke« zwischen Leasingvertragswert und Wiederbeschaffungswert, den die Kaskoversicherung ersetzt. Diese Lücke ist nur abgesichert, wenn die Bedingungen einen speziellen Lückenschutz, auch Gap-Deckung genannt, vorsehen. Zudem gibt es weitere Kosten, die vom Versicherer auf keinen Fall übernommen werden. »In aller Regel wird kein Mietwagen nach einem Diebstahl bezahlt«, sagt Fachmann Burgartz. Kann der Wagen −etwa das Fahrzeug der Geschäftsführung − nicht sofort ersetzt werden, muss die Firma die Mietwagenkosten selbst tragen. Auch die Sonderausstattung im Fahrzeug ist oft nicht ausreichend versichert. Schätzungsweise zwei Drittel der Fahrzeuge sind heutzutage zusätzlich individualisiert. Zudem dauert es oft einige Wochen, eine spezielle Freisprecheinrichtung, ein elektronisches Fahrtenbuch, zusätzliche Sicherheitstechnik oder sonstige Sonderausstattungen im neuen Wagen nachzurüsten. In dieser Zeit besteht die Gefahr, dass weniger produktiv gearbeitet werden kann. Für Flottenmanager sind daher Schutz vor Diebstahl und Unterschlagung sowie die Einsatzüberwachung und die Kontrolle über die Nutzung von zentraler Bedeutung. Schon den 80.000-Euro-Schaden durch das Abhandenkommen des Geschäftsführerfahrzeuges nutzen Versicherer gerne, um die Prämien zu erhöhen oder gleich den gesamten Fuhrpark zu kündigen.

Diebstahlradar schafft Abhilfe

Daher sollten Flottenmanager die Schadenminderung optimieren. Versicherer und Kunden tun sich schwer, wenn es darum geht, an einem Strang zu ziehen bei der Rückgewinnungshilfe des gestohlenen Fahrzeugs oder anderen Wertgegenständen«, sagt Burgartz, der selbst jahrelang in leitender Position die Kriminalitätsabwehr für den Verband der Versicherer organisiert hat. Jetzt hat er ein privatwirtschaftliches System entwickelt, dass Unternehmen hilft, ihre gestohlenen Fahrzeuge zurückzubekommen. »In unserem Diebstahlradar sind alle Fahrzeuge der teilnehmenden Unternehmen mit genauer Beschreibung und Fahrgestellnummern eingetragen«, erläutert Burgartz. Wird dann ein Fahrzeug entwendet, gibt es sozusagen neben der polizeilichen, eine zweite, private internationale Fahndung.  »Über Twitter, Facebook, SMS, App und generell über das Internet wird der Wagen, teilweise mit erheblichen Belohnungssummen, bei uns ausgeschrieben«, sagt der Kriminalexperte. Über ein Netzwerk läuft eine effektive Suche an. Mit Erfolg: »Von den 347 seit Mitte November in die Intensivfahndung übernommenen Fahrzeugen konnten durch die internationale Sachfahndung 38 Fahrzeuge sichergestellt werden.« Hierunter fielen Fahrzeuge von Unternehmen, Autovermietern, Baufirmen, Leasing, Autobanken und Privatleuten. Das System wirkt sogar vorbeugend, weil es sicherstellt, dass die Fahrzeuge bestens dokumentiert sind. Neben herstellerspezifischen Identifizierungsmerkmalen können alle weiteren Individualnummern und Fotos erfasst werden. Ohne Zeitverlust kann der Benutzer in Sekundenbruchteilen die Fahndung aktiv schalten, die Polizei und den Versicherer mit einem aussagekräftigen Steckbrief umfassend informieren und einen konkreten Ortungsauftrag erteilen.