Weniger Zylinder, weniger Hubraum: Kleinere Motoren sollen bei Volvo dem Spritverbrauch um 30 Prozent senken. Zudem erfüllen die Turbos schon Euro 6. FIRMENAUTO testet, ob bei so viel Vernunft der Fahrspaß auf der Strecke bleibt.
D4, T5 und T6: Nein, wir sprechen nicht vom "Schiffe versenken". Hinter diesen Kürzeln stecken vielmehr einige der stärksten Motoren aus Volvos Antriebspalette. Letztere haben die Schweden nun gründlich auf Vordermann gebracht und unter der Bezeichnung Drive-E zusammengefasst. Wer dabei weiterhin hubraumstarke Fünf- und Sechszylinder im Sinn hat, muss umdenken. Ab Dezember 2013 gibt es reichlich Druck in Form von aufgeladenen Vierzylindern. Ihren Einstand geben die neuen Drive-E-Motoren in der Mittelklasselimousine S60, dem Kombi V60 und das SUV XC60. Wahlweise sind sie mit einem überarbeiteten Sechsgang-Schaltgetriebe oder der nagelneuen Achtstufen-Automatik Geartronic kombinierbar.
Diesel und Benziner haben die gleichen Wurzeln
Das Leistungsspektrum der neu konstruierten Drive-E-Motoren erstreckt sich von 181 PS beim neuen Biturbo-Diesel D4, über den aufgeladenen Benziner T5 mit 245 PS, bis hin zum Top-Benziner T6. Der doppelt aufgeladene T6 bringt es dank Kompressor und Turbo sogar auf stramme 306 PS. Der Clou bei Drive-E: Die Grundarchitektur bildet immer ein Vierzylinder-Motorblock mit zwei Litern Hubraum.
Volvo plant mit den aufgeladenen Vierzylindern eine schrittweise Ablösung der noch aktuellen Fünf- sowie Sechszylinder aus dem Programm. Vom Schweden-Downsizing profitiert aber nicht nur die V60-Modellfamilie, sondern auch Volvos nächstgrößere Fahrzeugklasse mit V70, XC70 und S80. Einziger Unterschied: Der doppelt aufgeladene Top-Benziner wird hier nicht angeboten, es bleibt mit dem bisherigen Sechszylinder-T6-Angebot vorerst noch alles beim Alten.
Hybrid und Dreizylinder sind geplant
In der neuen Drive-E Generation steckt großes Potenzial, da sie von Anfang an als Baukasten ausgelegt wurde. So soll der Vierzylinder in naher Zukunft auch als Plug-in-Hybride kommen. Denn die Schweden haben das Aggregat so konzipiert, dass zwischen Motor und Getriebe auch ein Elektromotor Platz findet. Zudem sei die Leistungsgrenze beim Selbstzünder noch lange nicht ausgereizt, sondern werde mit einer Ausbeute von bis zu 230 PS noch weiteren Spielraum bieten. Ein weiteres Downsizing nach unten ist ebenso möglich. Hierzu wollen die Ingenieure einfach einen Zylinder kappen. So soll der Zweiliter zum 1,5-Liter-Dreizylinder mit rund 120 PS mutieren. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Also los zur ersten Ausfahrt mit dem V60 D4.
Der Volvo V60 D4 ist ein leiser Vertreter
Unauffällig und höchst kultiviert nimmt der Biturbo-Selbstzünder seine Arbeit auf. Er beschleunigt den Schweden-Kombi innerhalb von 7,6 Sekunden auf Tempo 100 und beantwortet Gasbefehle kraftvoll. Dazu passt die neue Achtstufen-Automatik, die butterweich agiert und in allen Drehzahllagen die richtige Übersetzung parat hält. Der manuelle Eingriff über die neuen Schaltwippen vom Lenkrad erübrigt sich. Schön auch, dass der Schwede selbst bei hohen Drehzahlen nicht unaufdringlich laut wird. Eingefleischte Volvo-Fans werden allerdings den wunderschön sonoren sowie einzigartigen Klang der alten D4- oder D5-Fünfender mit 163 beziehungsweise 215 PS vermissen.
Ein hoher Einspritzdruck und Start-Stopp senkt den Verbrauch
Um den Verbrauch und die Emissionen zu senken, wurde beim D4 der Einspritzdruck auf 2.500 bar erhöht. Eine Start-Stopp-Funktion spart weiteren Kraftstoff ein. Volvo gibt den Verbrauch für den V60 D4 mit nur 3,9 Litern Diesel an. Wie aber so oft kann der Schwede das unter Laborbedingungen ermittelte Versprechen in der Praxis nicht einhalten. Auf unserer ruhig angegangen Testrunde genehmigte er sich 5,2 Liter, was aber immer noch in Ordnung geht. Wer noch gemächlicher bummelt, schafft gut einen halben Liter weniger im Schnitt.
Mit Sportfahrwerk gibt er sich schön handlich
Wer dagegen dem V60 die Sporen gibt, muss mit 5,8 Litern nur geringfügig mehr einkalkulieren, lernt aber dafür schnell das agile Handling zu schätzen. Auf kurvenreichem Terrain macht der V60 sogar richtig Laune. Das liegt zum einen an der zielgenauen, elektrischen Servolenkung, zum anderen am Sportfahrwerk, mit dem unser Testwagen ausgerüstet war. Dadurch liegt der Schwede ziemlich straff und verlangt den Passagieren Nehmerqualitäten ab, gibt er doch manche Fahrbahnunebenheiten recht unsanft weiter.
Ein leichtes Facelift hält die 60er-Baureihe frisch
Dafür begeistern die Leder-Sportsitze mit gutem Seitenhalt. Das bequeme Mobiliar wurde diesen Sommer eingeführt, als Volvo die komplette 60er-Modellfamilie optisch leicht überarbeitet hat. Wichtiger aber ist die Einführung des neuen City Safety-Notbremsassistenten. Der erkennt jetzt auch Fahrradfahrer und bremst den Wagen im Notfall selbstständig ab. Auch das Multimedia-System erhielt eine Aufwertung. Das sogenannte Sensus Connected Touch erlaubt Surfen im Internet, Musik-Streaming oder eine 3D-Online-Navigation via Google-Maps.
Neue Digital-Instrumente, aber der Kofferraum ist weiterhin recht klein
Wie schon der V60 Plug-in Hybride zeigt nun auch der herkömmliche V60 seine Instrumente auf einem TFT-Display an. Hierbei kann der Fahrer per Knopfdruck drei verschiedene Layouts aufrufen. Neben dem regulären Elegance-Modus besteht noch die Wahl zwischen Eco mit einer Spritspar-Anzeige oder der sportlichen Performance-Grafik. Dann schimmern die Instrumente in einem tief-roten Farbton, das sieht schon verdammt cool aus.
Da sich an den Abmessungen nichts geändert hat, bleibt das Raumangebot wie es war. Vorne wie hinten geht es für die Passagiere ordentlich zu, das Gepäckabteil fällt dagegen ziemlich mager aus: 430 bis 1.241 Liter dürfte wohl nur die wenigsten Dienstwagenfahrer begeistern. Dafür ist aber die Rücksitzlehne im Verhältnis 40/20/40 dreigeteilt umklappbar und der Ladeboden schön glattflächig eben.
Mit ansprechenden Materialien und einer tadellosen Verarbeitung wird der Volvo seinem Premium-Anspruch gerecht und der neue D4 erfüllt die gesetzten Erwartungen. Was er kostet? Der 181 PS starke Volvo V60 D4 startet bei netto 29.706 Euro und kostet somit rund 850 Euro mehr als der bisherige D4 mit 163 PS. Mit der neuen Automatik kommt er auf 31.597 Euro. Zum Vergleich: Für einen BMW 320d Touring mit Automatik und 184 PS müssen mindestens 33.445 Euro hingeblättert werden. Damit ist der Münchener netto um 1.848 Euro teurer. Der sportliche Schwede ist also durchaus ein lohnendes Angebot – nicht nur als Firmenwagen. Im Übrigen müssen die Fünfzylinder-Fans nicht trauern: Die alten Motoren bleiben noch eine Weile parallel im Programm.