Volvo V60 Sportliche Schweden-Schnitte

Volvo V60 Foto: Jacek Bilski 8 Bilder

Der dynamische Volvo V60 ist jetzt auch mit einem nur 115 PS starken Sparmotor erhältlich. Der Modellcheck klärt, ob ihn das zum idealen Firmenwagen macht.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Da hat die Redaktion den neuen V60 extra in der Spritsparversion Drive bestellt und dann rollt der Testwagen zwar mit dem kleinen Vierzylinder-Diesel vor, steht aber auf 225er-Breitreifen und protzt mit zwei hochglanzpolierten Auspuffrohren. Moment mal, breite Schlappen und Spritdiät – das geht doch kaum zusammen. Macht nichts, schließlich sieht der V60 schon im Stand schnell aus, wirkt wie ein Coupé. Da passen die 18-Zöller der R-Design-Ausstattung eben besser dazu als 16-Zoll-Räder der Basisversion. Leider hat der Drive-Motor nur 1,6 Liter Hubraum und 115 PS. Mehr Schein als Sein also?

Nicht unbedingt. Allerdings dauerte es ein paar Tage und etliche Testkilometer, um zum V60 Drive eine innige Fahrer-Auto-Beziehung aufzubauen. Den Wagen selbst haben wir von Anfang an geliebt: seine sportlich elegante Form, das nordisch nüchterne Cockpit, den hohen Fahrkomfort. Der Motor jedoch bringt das Blut nicht sofort in Wallung. Klar, dass 115 PS aus einem 1,7-Tonner keine Rakete machen. Seit der ersten Ausfahrt wissen wir aber, wie tief ein Turboloch sein kann. Denn der vom PSA-Konzern übernommene Diesel arbeitet nach dem Digitalprinzip. Unter 1.700 Umdrehungen geht nichts, dann kommt der Hammer. Was für die Praxis bedeutet: Konzentration beim Anfahren, sonst bleibt das Auto fast stehen. Wer zu viel Gas gibt, presst die Passagiere unnötig in die Sitze. Also: den rechten Fuß trainieren, viel mit dem etwas hakeligen Sechsganggetriebe schalten und nie die Drehzahl unter 2.000 Touren abfallen lassen.

Mit genug Schwung läuft der Schwede

Dann allerdings kann auch der viel fahrende Mitarbeiter mit 115 PS glücklich werden. Einmal in Schwung, geht es mit diesem kultivierten, vibrationsfreien Antrieb erstaunlich flott voran. Lange Autobahnetappen ohne Tempolimit? Kein Problem, mit etwas Anlauf fährt auch die höher motorisierte Konkurrenz nicht davon. Dauertempo 180 jedenfalls ist ohne Weiteres drin, bei sehr erträglichem Geräuschniveau übrigens. Dafür sorgt der lang übersetzte sechste Gang. Am Berg, beim Überholen und auf kurvigen Landstraßen allerdings muss wieder fleißig zurückgeschaltet werden. Reisen statt heizen lautet die Devise, vorausschauend fahren, wie man es im Ökotraining lernt. So pendelt sich unser Verbrauch bei akzeptablen 7,2 Litern ein, von denen ein paar Zehntel Liter den breiten Reifen geschuldet sind.

Beim Einstieg in die Welt des Premium-Kombis spricht also einiges für den kleinen Diesel, zumal er mit 24.495 Euro über 3.000 Euro weniger kostet als der nächststärkere Diesel mit 163 PS. Auch die ähnlich motorisierten Konkurrenten BMW 316d Touring, Mercedes C 180 CDI T-Modell oder Audi A4 Avant 2.0 TDI kosten mindestens zehn Prozent mehr.

Leistungsspanne bis 304 PS

Allerdings mangelt es beim V60 auch nicht an Alternativen. Vier Benziner mit 150 bis 304 PS, einer davon Ethanol-tauglich, sowie vier Diesel mit 115 bis 215 PS haben die Schweden im Programm, jeweils mit vier, fünf oder sechs Zylindern. Automatikfahrer werden ebenfalls bedient: Abgesehen vom V60 Drive sowie dem Basisbenziner sind alle Motoren für 1.764 Euro Aufpreis mit Doppelkupplungsgetriebe (Benziner) oder Wandlerautomatik (Diesel) erhältlich. Dazu gesellt sich ein Allrad­antrieb, den der Sechszylinder-Benziner serienmäßig an Bord hat und der für den D5 (215 PS) in Kombination mit Automatik 3.866 Euro kostet.

Auch bei den Ausstattungen hat der Kunde die Qual der Wahl: Sechs Lines sind verfügbar. Positiv: Viele Extras lassen sich separat bestellen. Außerdem werden die Ausstattungsversionen nicht an bestimmte Motorisierungen geknüpft. So kommt jeder Dienstwagenfahrer auf seine Kosten: Er kann am Antrieb sparen und trotzdem alles reinpacken, was die Preisliste hergibt – oder andersrum.

Umfangreiche Serienausstattung

Egal wie, jeder V60 rollt mit Klimaautomatik, Radio und dem vorbildlichen City-Safety-System vom Band. Letzteres verhindert Auffahrunfälle bei Unachtsamkeit bis 15 km/h. Auch die üblichen Front- und Sidebags sind an Bord, wobei Luftsäcke für die hinteren Passagiere selbst gegen Aufpreis nicht erhältlich sind. Trotzdem verdient die Sicherheitspolitik beim V60 Lob. Mit seiner Fußgängererkennung, die für 1.638 Euro im Paket mit Radartempomat, Spurhalteassistent und Übermüdungswarner geliefert wird, nimmt der V60 eine Sonderposition in der Mittelklasse ein. Läuft ein Passant unbemerkt auf die Straße, warnt der Wagen erst den Fahrer und geht dann selbstständig in die Eisen. Bis 35 km/h soll so einen Unfall verhindert werden. Im Test jedoch verunsicherte das System den Fahrer mehrfach mit grundlosem Gehupe und Geblinke. Um ein weiteres Sicherheitsfeature kommt kein Fahrer herum: die Einpark­hilfe. War bei früheren Volvo klar: An der Kante hört das Auto auf, so fördern die rundliche Form und das abfallende Dach des 4,63 Meter langen Kombis nicht eben die Übersichtlichkeit.

Auch das Raumgefühl leidet ein wenig unter der schicken Schale, zumindest auf der Rückbank. Erwachsene kauern tief und müssen versuchen, ihre stark angewinkelten Beine geordnet unterzubringen. Trotzdem bleibt nach oben wenig Luft. Auch das Kofferraumvolumen liegt mit 430 Litern um einiges unter dem Niveau eines BMW 3er Touring (460 Liter) oder gar eines Audi A4 Avant (490 Liter). Allerdings lassen sich die drei Teile der Rücklehne mit einem Handgriff flach legen, was einen immer noch bescheidenen, aber wenigstens komplett ebenen Laderaum beschert, der zumindest für die täglichen Transportaufgaben genügen sollte.

Volvo hat ein echtes Fahrerauto gebaut

Volvo hat den V60 eben als Fahrerauto konzipiert, denn vorne ist alles in Butter. Die großen, vielfach verstellbaren Sitze sind überaus bequem, obwohl sie etwas mehr Seitenhalt bieten könnten. Die Augen erfreuen sich an den übersichtlichen Instrumenten, an viel Aluminium und hervorragend eingepassten Materialien.

Während BMW, Audi und Mercedes mit einer zentralisierten Bedienung und übersichtlicher Menüführung arbeiten, setzt Volvo auf eine mit Knöpfen überfrachtete Mittelkonsole, die ihr Bedienkonzept erst auf den zweiten oder dritten Blick offenbart. Hat man die Logik aber erst mal verstanden, klappt das problemlos, zumal das System eindeutig formulierte Befehle und Menüpunkte auf den glasklaren Farbbildschirm schickt. Handy per Bluetooth andocken? Klappt auf Anhieb. Musik im Stream abspielen? Kein Problem. Reiseroute mit mehreren Zwischenstopps eingeben? Intuitiv. Der Multimediaspaß kostet stolze 1.975 Euro. Mit hervorragend klingendem Dolby Surround zwar, aber ohne Navigation. Für die darf man dem Händler weitere 875 Euro über die Theke schieben.

Trotz sportlicher Ambitionen komfortabel

Keine Frage, Volvo spielt in der Premium-Liga, was auch für den Fahrkomfort gilt. Wobei sich der V60 seiner sportlichen Optik zum Trotz erstaunlich komfortabel gibt. Selbst in der R-Design-Ausstattung mit extrem flachen Breitreifen und Sportfahrwerk verzichtet auf übertriebene Härte. Trotzdem wäre in diesem Fall die Wahl des Four-C-Fahrwerks mit verstellbaren Dämpfern (966 Euro) eine Überlegung wert. Für die übrigen Ausstattungsversionen mit den weniger flachen Serienreifen genügt das geschmeidige Standardfahrwerk aber völlig.

So lassen sich lange Strecken im V60 ausgesprochen entspannt zurücklegen, zumal die gut gedämmte Karosserie den Fahrtwind akustisch zum lauen Lüftchen degradiert.