ZF und Faurecia tüfteln am Cockpit der Zukunft Joystick statt Lenkrad

Foto: ZF

Das autonom und elektrisch fahrende Auto der Zukunft braucht weder Lenkrad noch Pedale. Muss es von Hand gesteuert werden, greift der Fahrer zu einer Art Joystick in der Mittelkonsole – das geht auch vom Beifahrersitz.

Keine Knöpfe und Schalter, keine klassischen Armaturen, kein Lenkrad und keine Pedale. Wenn das weitgehend selbstständig fahrende Auto vom Ingenieurstraum zur Wirklichkeit wird, können all die vertrauten Bedienelemente heutiger Fahrzeuge auf dem Schrottplatz der Automobilgeschichte entsorgt werden. So wie im neuartigen Cockpit, das der Automobilzulieferer ZF jetzt mit seiner Partnerfirma Faurecia vorstellte. Es eignet sich vor allem für Lieferwagen, kann aber auch in normale PKW eingebaut werden.

Das Bedienelement gleicht dem Joystick aus dem Airbus A 380

Von außen ist es ein ganz normaler Mercedes Vito, der da schwarz lackiert in einer Halle auf dem Werksgelände von ZF in Friedrichshafen steht. Das Besondere an dem Van offenbart sich erst beim Öffnen der vorderen Türen. Weil das Lenkrad fehlt, fällt der Blick ungehindert auf eine Galerie von drei Monitoren, die fast die gesamte Breite vor den Frontpassagieren für sich beanspruchen. Bunt und hochauflösend, so wie es von Tablet-Computern vertraut ist. Zwischen den Sitzen ragt eine Art Knauf hervor, der an die heutigen Wählhebel vieler Autos mit Automatikgetriebe erinnert. Davor ein kleines Bedienfeld, das per Fingerdruck betätigt wird.

ZF-Ingenieur Uwe Class klärt auf. "Unser Cockpit ist für das autonome Fahren nach Level 4 gedacht, bei dem der Fahrer in bestimmten Situationen selbst tätig werden muss". Dieses "Level" bedeutet, dass das Fahrzeug in der Regel vom elektronischen System automatisch durch den Verkehr bewegt wird. Der Bordrechner kann den Fahrer aber auch auffordern, für bestimmte Aufgaben selbst das Kommando zu übernehmen. So wie ein Pilot seinen automatischen Kollegen ausschalten und die Steuerung eines Airbus in die eigene Hand nehmen kann.

Class: "Mit unserem Konzept nähern wir uns wirklich einem modernen Flugzeug an. Das Bedienelement zwischen den Sitzen gleicht dem Joystick, wie er in den Airbus-Modellen bis hin zum großen A 380 verwendet wird. Mit ihm kann der Fahrer sein Auto genauso präzise steuern wie mit einem klassischen Lenkrad".

Das Tempo gibt der zentrale Schubhebel vor

Ein Pilot regelt mit seinem Joystick nur "rechts und links" oder "hoch und runter", das Tempo gibt der zentrale Schubhebel vor. Da es auf der Straße kein Steigen oder Sinken gibt, kann das System im Vito auch das Gasgeben und Bremsen übernehmen. Hebel nach vorne drücken und das Auto bremst. Die Bewegung nach hinten ersetzt das Gaspedal. Der bekannte Tempomat hält dann die gewünschte Geschwindigkeit. Die Befehle eines Zentralrechners werden elektronisch an Lenkung, Bremsen oder den E-Motor übertragen, dadurch entfallen diverse schwere Bauteile heutiger Fahrzeuge.

Auf dem kleinen Touchpad in Griffweite vom Steuerhebel werden alle Funktionen bedient, die derzeit mit Schaltern und Knöpfen aktiviert werden müssen. Zum Beispiel Licht, Scheibenwischer, Hupe oder Blinker. Auf den äußeren Monitoren erscheinen Informationen zu Geschwindigkeit, Batterieladung oder auch Navi-Anweisungen. Der zentrale Bildschirm in der Mitte kann frei programmiert werden.

Uwe Class nennt neben der neu gewonnenen Bewegungsfreiheit dank des Lenkradverzichts einen weiteren Vorteil. "Der Fahrer kann wählen, von welchem Sitz aus er sein Auto steuern will. Das bringt Entlastung zum Beispiel für den Lieferverkehr mit den ständigen Stopps, beim häufigen Ein- und Aussteigen sind Lenkrad und Pedale nicht mehr im Weg". Interessant für die Hersteller, die sich für den Einbau des Systems entscheiden: Dank des neuen Cockpits müssen von einem Modell keine Versionen für Rechts- oder Linksverkehr mehr gebaut werden.