Zukunftsstudien So sehen die Cockpits der Zukunft aus

Foto: Johnson

Den Schaltern, Hebeln und Tasten am Armaturenbrett geht es an den Kragen. Touchscreens sowie Sprach- und Gestensteuerung ziehen mit einer Übermacht in den wohl letzten Krieg der Auto-Knöpfe.

Blinkhebel betätigen – Klack. Heizbare Heckscheibe einschalten – Taste drücken und Klack. Diese Handlungen sind für den Autofahrer so selbstverständlich, dass er sie wohl kaum bewusst wahrnimmt. Doch langsam ist es an der Zeit, dem Spiel der Mechanik noch ein letztes Mal Aufmerksamkeit zu schenken. Denn es wird nicht mehr lange dauern, und diese Tätigkeiten gehören der Vergangenheit an. In naher Zukunft werden Schalter und Tasten nahezu vollkommen aus dem Auto verschwinden. Die Mechanik beugt sich dem Siegeszug der Elektronik: Wo heute noch gedrückt und gezogen wird, fordert bald schon ein Touchscreen zu sanfter Berührung auf, werden Befehle durch bloße Gesten oder Worte gegeben.

Wie nah diese Zukunft bereits ist, das zeigt die Elektro-Limousine Tesla S. Wo bei anderen Autos traditionell die Mittelkonsole den Innenraum teilt, hat der amerikanische Hersteller einen gigantischen Touchscreen im 17-Zoll-Format montiert. Tasten und Schalter glänzen durch Abwesenheit. Nahezu alle Funktionen – von der Navigation über das Öffnen des Schiebedachs bis hin zum selbstverständlichen Internetzugang – werden über die berührungsempfindliche Oberfläche des Bildschirms gesteuert.

Johnson Controls setzt auf Touchscreens

Nun könnte man meinen, ein Tesla ist ohnehin ein Exot, hat nichts mit gewöhnlichen Gebrauchsautos zu tun. Tatsächlich aber arbeitet die gesammelte Autoindustrie und damit auch alle namhaften Zulieferer an Konzepten der schalterlosen Bedienung von morgen. Bei Johnson Controls etwa hat man ein Innenraum-Projekt entwickelt, das den Namen Bespoke trägt, also maßgeschneidert. Hier sind ebenfalls kaum Schalter zu finden, ihre Stelle übernehmen ein frei konfigurierbarer Bildschirm und ebenfalls ein Touchscreen – beide in das Umfeld der Armaturentafel eingebettet.

Noch einen Schritt weiter geht der französische Zuliefere Faurecia mit seinem "Innenraum-Vorführmodell" Performance 2.0. Hier fehlen nicht nur klassische Schalter, auch die herkömmlichen Anzeigeinstrumente haben ausgedient – an ihre Stelle tritt ein ausklappbares Head-up-Display (HUD), das alle relevanten Fahrinformationen zeigt.

Instrumententafel mit Interaktionsbereich

Daneben finden sich in der Instrumententafel ein versenkbarer "Interaktionsbereich" sowie ein Touchscreen. Außerdem setzt man bereits auf berührungslose Bedienung: Das Handschuhfach etwa lässt sich durch ein bloße Geste öffnen. Für Joachim Siedler von Bosch ist die Kombination all dieser Elemente etwas, das die Autos der nächsten Generationen kennzeichnen wird. "Wir werden verstärkt einen Mix aus Touchscreens, Sprach- und Gestensteuerung sowie Head-up-Displays sehen." Gerade die Sprachsteuerung habe sich in jüngster Zeit weiter entwickelt. Krankte das Thema in der Vergangenheit daran, dass nur einzelne gezielte Befehle bei absolut deutlicher Aussprache erkannt wurden, ist die Bedienung mittlerweile auch in einer freieren Sprache möglich.

Und es geht noch weiter: Continental arbeitet daran, dass sich künftig jede beliebigen Fläche im Auto als Bedienelement nutzen lässt – sogar die elegante Holzverkleidung. Mittel zum Zweck sind hauchdünne piezoelektrische Elemente. Im Endeffekt soll das dann so aussehen, dass sich beispielsweise auf einer Holzkonsole die Symbole zur Einstellung der Klimaregelung finden, ohne dass sich dahinter klassische Schalter verbergen -  die bloße Berührung der elektronisch angesteuerten Symbole reicht aus.

Intelligente Oberflächen statt Schalter

"Man wird künftig vielleicht nicht vollkommen auf herkömmliche Schalter verzichten, aber mehr mit intelligenten Oberflächen arbeiten", sagt Enno Pflug von Continental. Schließlich lässt sich mit aktuellen Mitteln auch ein wenig vom alten Schaltergefühl retten. Als Beispiel dafür nennt er die Möglichkeit, dass die Oberflächen durch ein leichtes Vibrieren oder andere Aktionen dem Menschen eine Rückmeldung geben, dass der gewünschte Vorgang erfolgreich war. Auf diese Weise lässt sich eventuell auch ein oft genannter Nachteil von Touchscreens im Auto umgehen: Dass nämlich die Bedienung der Bildschirme den Blick gefährlich oft von der Fahrbahn ablenkt. Continental hat gemeinsam mit Universität Kassel eine Untersuchung durchgeführt, die zu dem Ergebnis kam, dass eine haptische Rückmeldung des Bedienfelds zu weniger Ablenkung führt.

Wann und wo die Tasten und Knöpfen zuerst verschwinden, das hängt jedoch nicht nur von den Herstellern und Zulieferern ab. Die können zwar noch so viele neue Ideen haben, sie müssen diese Ideen den Kunden jedoch auch verkaufen. Und während sie auf der einen Seite die Bedienung derart modernisieren möchten, sind sie auf der anderen Seite mit einer immer älteren Käuferschaft konfrontiert, die oftmals lieber auf alte Tasten drückt als Touchscreens betatscht. "Die Kundenstruktur spielt sicher auch eine Rolle", bestätigt Joachim Siedler. Daher wird die Tastenlosigkeit wohl zunächst nicht quer durch alle Modellreihen eingeführt. "Es gibt Fahrzuge, die bevorzugt von älteren Kunden gekauft werden." Und weil man diese Kunden nicht verlieren will, wird man ihnen vermutlich immer noch den einen oder anderen Schalter lassen – damit es noch ein letztes Mal "Klack" macht.