Unternehmensmobilität im Wandel

Zukunft der Unternehmensmobilität
Wenn Mobilität neu gedacht werden muss

Zwei Veranstaltungen, ein Auftrag: Auf dem auto, motor und sport Kongress und der Tech Conference wurde deutlich, wie sich Mobilität verändert – und was das für Fuhrparks bedeutet.

ams Kongress 2025
Foto: Hans-Dieter Seufert

Neue Denkweisen in der Mobilitätsbranche

Die Mobilitätsbranche sortiert sich neu. Sowohl auf der Tech Conference als auch beim auto motor und sport Kongress in Stuttgart wurde spürbar, dass für Unternehmen eine Phase des Umdenkens begonnen hat. Statt großer Zukunftsversprechen standen dieses Mal konkrete Lösungsansätze, Realismus und der Austausch über neue Anforderungen im Mittelpunkt. Für Fuhrpark- und Mobilitätsmanager heißt das: Strategien schneller hinterfragen, Entwicklungen enger begleiten und Mobilität nicht mehr nur als Fahrzeugthema, sondern als Zusammenspiel von Energie, Software, Infrastruktur und Nutzerbedürfnissen denken.

Realismus statt Zukunftsvisionen

Schon die Atmosphäre im Mercedes-Benz-Museum machte klar, worum es geht: Die Branche sucht Antworten auf die Frage, wie sich Mobilität in Unternehmen künftig organisieren lässt, ohne dass Kosten, CO2-Ziele und Nutzeransprüche kollidieren. Die Zeiten einfacher Entscheidungen sind vorbei. Das elektrifizierte, softwaregetriebene und zunehmend vernetzte Mobilitätsökosystem stellt bisherige Fuhrparkstrukturen auf die Probe. Beide Events zeigten, wie komplex die Lage geworden ist – aber auch, wo Chancen liegen.

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Hans-Dieter Seufert

"Die Zukunft ist elektrisch", das stellte Mercedes-Benz CEO Ola Källenius im Gespräch mit auto, motor, sport Chefredakteurin Birgit Priemer, unmissverständlich klar.

Elektro bleibt, der Verbrenner bleibt länger

Dass die Zukunft elektrisch ist, stellte Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius unmissverständlich heraus. Gleichzeitig warnte er vor überzogenen Erwartungen: Ein kompletter Ausstieg aus dem Verbrenner bis 2035 sei unrealistisch, solange die Ladeinfrastruktur nicht annähernd mithalte und viele Unternehmen noch nicht bereit seien, komplett umzusteigen. Sein Bild von der Elektromobilität als Hauptstraße mit erlaubten Nebenrouten beschreibt die Situation treffend. Auch Bosch-CEO Stefan Hartung forderte mehr Technologieoffenheit und wies darauf hin, dass China mit breiter aufgestellten Antriebsstrategien deutlich pragmatischer agiere. Beide machten deutlich, dass Unternehmen gut beraten sind, Übergangsphasen realistisch zu gestalten und nicht nur politisch definierte Ziele, sondern die eigenen betrieblichen Voraussetzungen im Blick zu behalten.

Künstliche Intelligenz als Werkzeug, nicht Lösung

Parallel dazu wird Mobilität immer stärker zur Software- und Datenfrage. Auf beiden Bühnen spielte künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle. KI soll Prozesse beschleunigen, Entscheidungen stützen und neue Services ermöglichen – von der Schadensteuerung über Wartungsprognosen bis zu Nutzer-Services im Fahrzeug. Doch die Euphorie wurde von Experten bewusst geerdet. Entscheidend sei der richtige Umgang mit Daten und eine realistische Erwartungshaltung, denn KI brauche klare Regeln, belastbare Datengrundlagen und geschulte Anwender. Der Tenor: KI wird ein wichtiges Werkzeug, aber nicht der automatische Problemlöser.

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Chefredakteurin Birgit Priemer mit Johann Tomforde, Smart-Mitbegründer, und Fotograf René Staud (r.)

Energie, Ladeinfrastruktur und neue Aufgaben

Eng verknüpft mit der Digitalisierung ist die Energiefrage. E-Autos werden künftig nicht nur Strom verbrauchen, sondern selbst eine aktive Rolle im Energiesystem spielen. Durch bidirektionales Laden können Unternehmen Energie zwischen Fahrzeugen, Gebäuden und Netz intelligent verschieben, Kosten optimieren und CO2 sparen. Was wie Zukunft klingt, rückt durch neue Tarife, Energiemanagementsysteme und Pilotprojekte in greifbare Nähe. Für Fuhrparkverantwortliche bedeutet dies, das Thema Ladeinfrastruktur nicht länger als Fuhrparkaufgabe zu betrachten, sondern als gemeinsames Projekt mit Energie- und Gebäudemanagement.

Wachsende Konkurrenz aus China

Ein weiterer Schwerpunkt beider Veranstaltungen war der Blick nach China. Die Dynamik, mit der chinesische Hersteller neue Modelle, Softwarefunktionen und Preisstrukturen auf den Markt bringen, erhöht den Druck auf europäische Anbieter spürbar. Für Flotten ist das mehr als ein Randphänomen: Neue Wettbewerber bieten attraktive Gesamtpakete, die künftig stärker in TCO-Vergleiche einfließen werden. Es empfiehlt sich, den Markt nüchtern zu beobachten und Vor- wie Nachteile im Unternehmenskontext zu prüfen, statt aus Gewohnheit an klassischen Marken festzuhalten.

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Hans-Dieter Seufert

Das Rahmenprogramm bot viele Gelegenheiten für Live-Einblicke in die Produktionsweise der Redaktionen von auto, motor und sport.

Start-ups mischen Branche auf

Zwischen all den großen Fragen wurde auch deutlich, dass Innovation nicht nur aus Konzernen kommt. Das Start-up TaiSan etwa arbeitet an Natrium-Ionen-Batterien als Alternative zu Lithium. Solche Ansätze zeigen, wie vielfältig die technologische Entwicklung inzwischen ist – und dass Mobilität künftig weniger von einzelnen Lösungen abhängt, sondern von einem ausgewogenen Mix aus Technologie, Energie und Nutzerakzeptanz.

Fazit: Wandel als Dauerzustand

Am Ende verband die Schwerpunkte eine zentrale Erkenntnis: Mobilität befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der weder linear noch planbar verläuft. Für Fuhrpark- und Mobilitätsmanager heißt das, Entscheidungen häufiger zu überprüfen, Entwicklungen enger zu beobachten und stärker bereichsübergreifend zu denken. Die Zukunft des Firmenwagens entsteht nicht allein im Fahrzeug, sondern im Zusammenspiel von Technologie, Energie, Software und Mensch.