Dekra-Interview zu Nachhaltigkeit & Batteriecheck

Interview mit Dekra-Vorstand Linsenmaier
"Wir investieren in Zukunft"

Vom Prüfstempel zum Nachhaltigkeitspartner: Dekra-Vorstand Wolfgang Linsenmaier spricht im Interview über CSRD-Berichte, Batteriechecks, Wasserstoff und warum Nachhaltigkeit für Unternehmen unverzichtbar bleibt.

Wolfgang Linsenmaier 2025
Foto: Dekra

Vom nüchternen Prüfstempel zur Schaltzentrale nachhaltiger Mobilität: Dekra erfindet sich im Zeitalter von Digitalisierung, E-Mobilität und Klimadebatte neu und bleibt dabei doch dem eigenen Markenkern treu. Der traditionsreiche Prüfkonzern begleitet heute nicht mehr nur technische Hauptuntersuchungen, sondern bietet Fuhrparkbetreibern und Unternehmen umfassende Services rund um Nachhaltigkeit, Batteriechecks und Ladeinfrastruktur. Im Interview erklärt Dekra-Vorstand Wolfgang Linsenmaier, wie Dekra sich aufstellt, um die Mobilität von morgen sicher und effizient zu gestalten.

Die aktuelle Weltlage drängt viele Themen in den Hintergrund. Merken Sie das auch bei Dekra-Kunden?

Wolfgang Linsenmaier: Dekra ist als internationales Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen in den einzelnen Bereichen konfrontiert. International und national wachsen wir, unsere Services sind weiter bestens nachgefragt. Aber natürlich merken wir, dass sich gewisse Märkte verändern. Manche Unternehmen reagieren auf die aktuelle Lage mit Kosteneinsparungs-Maßnahmen. Aber es gibt auch viele, die trotz der Herausforderungen in die Zukunft investieren. Die Europäische Zentralbank wird dabei mit weiteren Zinssenkungsmaßnahmen die Investitionen und die Konjunktur fördern.

Dekra 2025
Dekra

Schadenaufnahme: Dekra-Sachverständige dokumentiert eine Karosserie-Verformung zur Erstellung eines Gutachtens.

Hat das Thema Nachhaltigkeit an Interesse verloren?

Weiter sehr relevant, und aus Kostengründen darauf zu verzichten, wäre aus unserer Sicht perspektivisch der falsche Weg – nicht nur mit Blick auf die nachfolgenden Generationen. Ökologie, Ökonomie, Soziales und Kultur sind die vier Blöcke der Nachhaltigkeit. Unternehmen können diese Dimensionen entscheidend prägen. Beispiele sind etwa, das Produktportfolio zu diversifizieren, oder auch, durch Nachhaltigkeitsmaßnahmen etwas Gutes für die Umwelt zu tun und dabei möglicherweise sogar Kosten einzusparen. Zudem ist dieses Thema auch für die Mitarbeitenden von Bedeutung – für einen nachhaltigen Arbeitgeber arbeitet man gerne, und das zurecht.

Die CSRD-Berichtspflichten sind für viele Firmen eine Herausforderung. Sollte man mit Blick auf das EU-Omnibus-Verfahren jetzt Tempo herausnehmen?

Die Anforderungen wie die EU-Berichtspflichten CRSD sind eine Herausforderung. Ist es gut, hier einen Gang herauszunehmen? Das EU-Omnibus-Verfahren, das ja noch nicht umgesetzt wurde, ist grundsätzlich der richtige Weg, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage. Damit soll der bürokratische Aufwand für kleine und mittelständische Unternehmen reduziert werden. Dennoch sollte man die Berichtspflichten nicht völlig abschreiben – sie sind dann aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Das Thema bleibt für Unternehmen gleich welcher Größenordnung wichtig. Wir raten dazu, die Zeit zu nutzen, um eine angepasste Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Das gilt auch für kleinere und mittlere Unternehmen. Für jedes Unternehmen bieten wir die entsprechenden Leistungen an. Wir begleiten Unternehmen in allen Bereichen zum Thema Nachhaltigkeit mit unserer Expertise sowie Zertifizierungen und bieten entsprechende Aus- und Weiterbildungen an. Damit sorgen wir für Entlastung bei Kunden, und stellen sicher, dass sie auf dem aktuellen Stand sind, was Anforderungen und gesetzliche Rahmenbedingungen angeht. Wie gut wir hier aufgestellt sind, zeigt die Tatsache, dass wir beispielsweise 2024 das Nachhaltigkeitskonzept der UEFA für die Europameisterschaft in Deutschland bestätigt haben.

Dekra Safety Day 2025
Dekra

Unfallforschung: Beim Dekra Safety Day prallt ein Nissan Leafmit 84 km/h gegen einen Pfosten.

Die DNA der Dekra ist das Prüfgeschäft – auch in Richtung Nachhaltigkeit?

Unser Bereich ist auch hier sehr weit gefasst. Wir prüfen etwa Ladesäulen, Windkraftanlagen, oder unterstützen unsere Kunden bei technischen Themen wie dem Antriebsstrang bei der Elektromobilität. Ein Hauptaugenmerk liegt aktuell auf der Fahrzeugbatterie. Wir investieren in unser Dekra-Batterie-Test-Center in Klettwitz, das noch in diesem Jahr eröffnet werden soll. Der Fokus liegt dabei auf dem Inverkehrbringen der Batterien. Darüber hinaus bieten wir einen patentierten Batterie-Health-Check an. Damit können wir in nur 15 Minuten den Alterungszustand einer Batterie ermitteln. Das ist beispielsweise für den Gebrauchtwagenmarkt ein enormer Vorteil, denn es sorgt für mehr Akzeptanz der E-Mobilität beim Endkunden. Aktuell bieten wir das für mehr als 140 verschiedene Modelle an. Wir investieren also intensiv in das Thema, natürlich zum Wohl des Kunden, aber auch mit Blick auf unsere Kompetenz und unsere Kapazitäten.

Neben dem Thema Batterien ist auch Wasserstoff im Fokus …

Die Produktion von grünem Wasserstoff bleibt leider noch hinter den Ankündigungen zurück. Dekra entwickelt daher als neutraler Dritter zusammen mit Anlagenherstellern, Versicherungsunternehmen und Investoren ein Bewertungssystem, dass die Investition in die Anlagen sicher und attraktiv machen soll, also die "Bankability" von grünem Wasserstoff ermöglicht. Mit dem Kapitalzugang wird die Produktion von grünem Wasserstoff deutlich zulegen.

Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit Dekra-intern?

Auch hier geht es wie bei den Kunden um die CO2-Reduktion, aber auch um Themen wie Mitarbeitende, Diversität und Inklusion. Im Jahr unseres 100. Geburtstags haben wir große Schritte gemacht und massiv in das Unternehmen investiert. Angefangen von PV-Anlagen bis hin zu kleinen Maßnahmen, wie mehr Biodiversität in unseren Grünanlagen an der Hauptverwaltung. Wir gehen aber noch einen Schritt weiter und ändern unseren Ansatz mehr in Richtung der tatsächlichen Auswirkung unserer Maßnahmen auf die Umwelt und das Klima.

Was beinhaltet diese Strategie?

Es gibt einen internen CO2-Verrechnungspreis geben, den wir im Konzern etabliert haben. Über einen Fonds werden die internen CO2-Emissionen verrechnet. Damit wollen wir zum einen die Entstehung von Emissionen an sich reduzieren. Andererseits werden wir auch zielgerichtet Nachhaltigkeitsmaßnahmen unterstützen. Dafür sind wir eine Partnerschaft mit Unicef eingegangen und wollen direkt UNICEF-Projekte für sauberes Wasser, konkret in Indien und Äthiopien, unterstützen. Wir sind stolz, hier einen Beitrag leisten, und eine direkte Wirkung erzielen zu können. Wir werden zudem weitere globale Maßnahmen unterstützen. Anders als bei der bisher in der Industrie erfolgten CO2-Kompensation schafft diese Systematik mehr Bewusstsein für das Thema und bewirkt auch mehr. Das darf man auch bei der Personalfrage nicht unterschätzen.

Inwiefern?

Ich habe es vorhin schon angesprochen: Ein Unternehmen, das sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat, hat im Rahmen des Fachkräftemangels einen Vorteil. Insgesamt wird das Thema ESG, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, von den Mitarbeitenden positiv aufgenommen. Denn es beinhaltet auch Rahmenbedingungen für Inklusion und für sichere Arbeitsplätze, und verspricht mehr Sicherheit im Unternehmen. Es gibt also viele Ansatzpunkte, die in der Summe ein Unternehmen attraktiver für Talente machen. Dazu kommt bei Dekra auch, dass das Unternehmen stark in die Arbeitgebermarke investiert und viele Möglichkeiten für seine Mitarbeitenden bietet, wie Aus- und Weiterbildung, Karrierechancen und das Angebot, international tätig zu sein.

Dazu braucht es das richtige Mindset, und das unternehmensweit ...

Richtig, der Erfolg kommt, wenn man diesen Spirit aus dem Thema ESG auch lebt. Dekra hat jetzt zum vierten Mal für seine Nachhaltigkeitsleistung die Auszeichnung Platinum von EcoVadis erhalten. Das bedeutet, dass Dekra zu den besten ein Prozent der bewerteten Unternehmen im EcoVadis-Rating gehört. Und bei dem Ratingdienstleister CDP haben wir das Rating A- erreicht. Auch das bekommt man nicht allein mit einem grünen Anstrich. Dekra verfügt darüber hinaus im Nachhaltigkeitsbereich über eine große Expertise, um Kunden gleich welcher Größe entsprechend zu begleiten. Das setzt aber die Bereitschaft der Führungsebene voraus, dies im Unternehmenskern zu verankern. Und diese Bereitschaft ist bei Dekra auf alle Fälle vorhanden.