Mit einer klaren Mission und vielen Fragen für die nächsten Jahre hat der Verband markenunabhängiger Mobilitäts- und Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF) seine Mitglieder, Partner und deren Kunden auf den Lausitzring eingeladen – zur Premiere des VMF Future Mobility Summit. Mehr als 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Industrie und Flottenmanagement trafen sich auf dem DEKRA-Gelände, um zwei Tage lang über die zentralen Weichenstellungen für eine nachhaltige, datenbasierte und wirtschaftlich tragfähige Mobilität zu diskutieren. Ob Batterieanalysen, neue Modelle der Hersteller oder der Austausch in Panels und Pausen: Der Summit zeigte eindrucksvoll, wie schnell sich das Mobilitätsökosystem derzeit verändert – technologisch, politisch und ökonomisch.
„Mobilität entwickelt sich nicht mehr linear“
„Wir erleben eine Phase, in der sich Mobilität nicht mehr linear entwickelt, sondern in Zyklen und mit immer kürzeren Etappen“, fasste VMF-Vorstandsvorsitzender Frank Hägele zusammen. Der rote Faden der beiden Tage sei eindeutig gewesen: Nur mit einem ganzheitlichen Blick auf das gesamte Ökosystem – von Energie über Fahrzeuge bis hin zu Services und Nutzungskonzepten – lassen sich die aktuellen Herausforderungen meistern und neue Potenziale erschließen.
Energie, Ladeinfrastruktur und Batterien: Der neue Kern der Mobilität
Den Auftakt machte Dr. Markus Collet (CVA), der eine fundierte Orientierung zum aktuellen Stand der Elektromobilität gab und das strategische Gesamtbild des „Batterie-Ökosystems“ einordnete. Sein Kernpunkt: Während Verbrennerflotten über Jahrzehnte gewachsene Routinen besitzen, fehlen im Elektrobereich noch immer Strukturen, Standards und Know-how – insbesondere beim Batteriemanagement. „Wir sind beileibe nicht vorbereitet“, so Collet.
Batterie als Wertträger über mehrere Lebenszyklen
Catharina von Appen (DEKRA Battery Test Center) zeigte, wie Batterietechnologie heute zum strategischen Differenzierungsmerkmal wird: von der Zellchemie über Sicherheitsstandards bis hin zur Transparenz des State of Health (SoH). Batterien seien längst keine Komponenten mehr, sondern Vermögenswerte mit mehreren Lebenszyklen – inklusive Second Life und Recycling.
Energie, Software und Netze wachsen zum Mobilitätssystem zusammen
Parallel verändert die zunehmende „Softwarisation“ die gesamte Fahrzeuglogik: Wartung, Restwerte, Versicherungen und Services müssen neu gedacht werden. Dass Energie, Netzinfrastruktur und Mobilität dabei untrennbar zusammengehören, machten Dr. Christoph Ebert und Jakob Lehner (E.ON Drive) deutlich. Das Konzept des „Flexumers“ – Verbraucher, die zugleich Energie erzeugen, speichern und managen – werde zum Standard. Vehicle-to-Grid und dynamische Tarife reduzieren nicht nur Kosten, sondern stärken die Systemstabilität.
Infrastruktur als Enabler: Strategische Ladepunkte für 2030
Wie sich Infrastrukturpolitik konkret auswirkt, zeigte Conrad Hammer (NOW GmbH) mit Blick auf den Masterplan Ladeinfrastruktur 2030. Der Bund verankert Ladepunkte zunehmend an strategischen Verkehrsknoten: Flughäfen, Logistik-Hubs, Autobahnkreuze. Kommunen übernehmen künftig eine Schlüsselrolle, während digitale Tools wie StandortTOOL und FlächenTOOL Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen sollen.
Regulatorische Weichen: „Greening Corporate Fleets“
Ein zentraler Treiber der Transformation ist die Regulierung. Max M. Müller (CVA) analysierte die geplante EU-Verordnung „Greening Corporate Fleets“, die große Fuhrparks zur schnelleren Elektrifizierung verpflichten soll. Der Eingriff auf der Nachfrageseite könnte den Markt deutlich verschieben: höherer BEV-Anteil, niedrigere Neuwagenvolumina, wachsende Gebrauchtwagenbestände und neue Preisdynamiken. Für Flottenbetreiber bedeutet das: Restwertstrategien anpassen, TCO neu bewerten und differenziertere Nutzungskonzepte entwickeln.
Marktdruck und Unsicherheit: Perfect-Storm-Szenarien
In ihrer Studie „Clarity Amid Chaos“ entwarfen Benedikt Middendorf und Ingo Schmuckall (Deloitte) verschiedene Zukunftsszenarien für die Branche. Das „Perfect Storm“-Szenario beschreibt eine Phase, in der Nachfrage sinkt, Preise schwanken und Restwerte weiter unter Druck geraten. Gewinner werden laut Deloitte diejenigen sein, die flexibel agieren, Daten intelligent nutzen und Mobilität zunehmend nutzungsbasiert anbieten. Leasing, Abo, Kurz- und Langzeitmiete könnten bis 2035 rund 70 Prozent aller Fahrzeugnutzungen ausmachen.
Globale Dynamik: Chinas Hersteller greifen an
Einen weiteren Blick in die Zukunft warf Dr. Markus Collet (CVA) mit seiner Analyse zu chinesischen OEMs. Marken wie BYD, Chery, Omoda oder Jaecoo gewinnen durch technologische Reife, Preisvorteile und vollständige Wertschöpfungsketten global an Tempo – und zunehmend auch in Europa. Noch sind ihre Marktanteile in deutschen Fuhrparks gering, doch das ändert sich spürbar. Entscheidend für langfristigen Erfolg in Europa wird der Aufbau schlagkräftiger Downstream-Strukturen sein: Service, Finanzierung, Versicherung.
Internationale Marken: Stütze des deutschen Flottenmarkts
Imelda Labbé (VDIK) unterstrich den wachsenden Einfluss internationaler Marken im Flottensegment: 34 Prozent Marktanteil und ein wesentlicher Beitrag zur Elektrifizierung. Gleichzeitig warnte sie, dass der Markthochlauf nur gelingen könne, wenn Infrastruktur, Kostentransparenz und stabile Restwerte gewährleistet sind. „Nur wenn Elektromobilität bezahlbar, transparent und alltagstauglich ist, wird sie massentauglich.“
Fazit: Mobilität als vernetztes Gesamtsystem
In seinem Schlusswort brachte Frank Hägele (VMF) die Essenz des Summits auf den Punkt: „Mobilität im Wandel ist kein Einzelprojekt – sie ist ein Ökosystem. Energie, Fahrzeuge, Daten, Services und Nutzer sind eng vernetzt. Wer die nächste Etappe erreichen will, muss vorausdenken – und gemeinsam handeln.“
Der VMF Future Mobility Summit machte deutlich: Die Branche steht am Beginn einer neuen Ära, in der Technologie, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit neu austariert werden müssen – mit Weitblick, Kooperation und Innovationskraft.








