Nissan Interstar-e im Test: Reichweite, Laden, Nutzlast

Elektro-Kastenwagen für Handwerk & Lieferdienste
Nissan Interstar-e N.Connecta (L2H2) im Test

Kastenwagen unter Strom: Der Nissan Interstar-e N.Connecta ist vieles – aber leider noch nicht vernetzt. Das sind die Stärken und Schwächen des Elektro-Transporters.

Nissan Interstar-e N.Connecta
Foto: Nissan

Der Nissan Interstar-e ist ein vollelektrischer Kastenwagen der 3,5-Tonnen-Klasse für Handwerk, Lieferdienste und Serviceflotten. In der getesteten Ausstattungslinie N.Connecta mit L2H2-Aufbau (Länge 5,68 Meter) kombiniert er eine 87-kWh-Batterie mit bis zu 400 Kilometern WLTP-Reichweite, 1.045 Kilogramm Zuladung und 2,0 Tonnen Anhängelast. Auf dem Papier ist der Elektro-Transporter damit eine vollwertige Alternative zum Diesel-Interstar. Im Praxistest zeigt sich jedoch: Während Antrieb und Fahrkomfort überzeugen, bleibt die Konnektivität deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Basis & Design – Elektro-Transporter auf Renault-Master-Basis

Auch wenn der Nissan Interstar-e technisch auf dem Renault Master E-Tech basiert, unterscheidet sich der Elektro-Transporter optisch an einigen Stellen vom französischen Schwestermodell. Am auffälligsten ist die neugestaltete Frontpartie mit verkürzter Motorhaube und flacher geneigter Windschutzscheibe. Zusammen mit strömungsgünstigeren Außenspiegeln, optimierten Lufteinlässen im Stoßfänger und einer angepassten Dachlinie soll der Luftwiderstand um rund 20 Prozent sinken, verspricht Nissan. Für den Alltag von Handwerk und Lieferdiensten bedeutet das: etwas mehr Effizienz und ein modernerer Auftritt als beim bekannten Master.

Infotainment & Konnektivität – N.Connecta ohne Connect

Im Innenraum empfängt der Nissan Interstar-e den Fahrer mit einem klassisch gestalteten Cockpit und einem 10,1-Zoll-Touchscreen samt Nissan-Software. Lenkrad, Bedienlogik und Sitzposition passen zum Einsatz als Lieferwagen: Der Fahrersitz bietet ausreichend Seitenhalt, die Ergonomie geht in Ordnung. Auf dem Papier gehört der Interstar-e zur vernetzten Generation – die App NissanConnect Services soll unter anderem den Ladestand anzeigen und Fahrzeugfunktionen per Smartphone zugänglich machen.

In der Praxis scheitert das System jedoch schon an der Fahrzeugverknüpfung. Der schlecht lesbare VIN-Code auf der B-Säule, eine unzuverlässige Scan-Funktion und Fehler, die sich nicht korrigieren lassen, machen jede Registrierung zunichte. Es kommt aber noch schlimmer. Auf Nachfrage erklärt Nissan: Zum Testzeitpunkt hat der Interstar-e noch gar keine NissanConnect-Services an Bord, diese sollen erst ab Sommer 2026 folgen. N.Connecta ohne Connect – für einen modernen Elektro-Transporter ist das enttäuschend.

Dazu kommen Detailmängel im Alltag: Die Lautstärkeregelung am Multifunktionslenkrad reagiert nicht immer zuverlässig, und die induktive Ladeschale lädt das Smartphone so langsam, dass die aktive Navigation mehr Energie verbraucht, als nachgeladen wird. Positiv fallen dagegen die zahlreichen Ablagen, USB‑C-Steckdosen und die einfache Einbindung von Smartphones per Apple CarPlay oder Android Auto auf. Ein echter Fehlgriff ist der Becherhalter auf der Beifahrerseite, der in belegtem Zustand den Außenspiegel nahezu komplett verdeckt.

Laden & Reichweite – so weit kommt der Nissan Interstar-e

Beim Laden zeigt der Nissan Interstar-e seine Stärken. An der DC-Schnellladesäule nimmt der Elektro-Transporter laut Datenblatt bis zu 130 kW auf; im Test lagen wir mit rund 120 kW Peakleistung nur knapp darunter. Selbst bei etwa 45 Prozent Ladestand flossen noch rund 94 kW, erst ab etwa 72 Prozent fiel die Ladeleistung deutlich ab. An 22-kW-AC-Wallboxen dauert eine Vollladung von 10 auf 100 Prozent laut Nissan rund vier Stunden – ein realistischer Wert für den Fuhrparkalltag.

Die WLTP-Reichweite gibt der Hersteller mit bis zu 410 Kilometern an. In der Praxis dürften je nach Zuladung, Streckenprofil und Witterung eher 300 bis 400 Kilometer drin sein, was für viele Tagestouren von Handwerkern und Lieferdiensten ausreicht. Spannend wird es im Winter: Zwar verfügt der Interstar-e über eine aktive Batterie-Kühlung, eine Akkuheizung spart Nissan sich jedoch. Außerhalb der Wohlfühltemperatur der Zellen könnten Ladeleistungen und Reichweite daher stärker schwanken.

Fahrverhalten & Komfort im Test

Auf der Straße fährt sich der Nissan Interstar-e so, wie man es von einem modernen Elektro-Transporter erwarten darf. Die Lenkung arbeitet unspektakulär, aber präzise genug für enge Innenstädte und Autobahnauffahrten. Der 105-kW-Elektromotor (143 PS) stellt sein maximales Drehmoment von 300 Nm spontan bereit und sorgt dafür, dass der Interstar-e auch mit Zuladung ordentlich vorkommt. Steigungen bereiten dem Kastenwagen keine Probleme.

Bei 120 km/h ist allerdings Schluss, laut Datenblatt sogar bereits bei 115 km/h, – hier regelt Nissan den Elektro-Transporter elektronisch ab. Das Diesel-Pendant darf bis zu 177 km/h laufen, was für Fahrer mit langen Autobahnetappen ein Argument bleiben kann. Im Gegenzug ist der Interstar-e deutlich leiser und vibrationsärmer unterwegs: Keine Motorgeräusche, keine Schaltrucke und weniger Vibrationen in der Karosserie machen lange Schichten am Steuer angenehmer.

Das Fahrwerk ist eher komfortabel abgestimmt. Die Vorderachse bügelt Schlaglöcher souverän weg, während die starre Hinterachse im unbeladenen Zustand Querfugen und Kanten spürbar an die Insassen weitergibt – typisch Lieferwagen. Mit Zuladung beruhigt sich das Heck und der Interstar-e wirkt insgesamt harmonischer.

Laderaum, Zuladung und Anhängelast

Im Laderaum gibt sich der Nissan Interstar-e gewohnt nüchtern: viel Platz, wenig Überraschungen. Die L2H2-Variante bietet ausreichend Raum für Regalsysteme, Werkzeug und Material. Der Boden könnte allerdings etwas weniger rutschig sein, insbesondere bei Nässe oder Schmutz. Immerhin sind ausreichend Zurrösen vorhanden, um Ladung fachgerecht zu sichern.

Kritisch sehen wir die seitlich gegenüber der Schiebetür angebrachte Leuchte, die weit in den Laderaum hineinragt und bei häufigem Be- und Entladen schnell in Mitleidenschaft gezogen werden dürfte. Bei den harten Zahlen muss sich der Elektro-Kastenwagen nicht verstecken: Die getestete Version bringt eine Zuladung von 1.045 Kilogramm mit, die Anhängelast liegt bei 750 Kilogramm ungebremst und bis zu 2,0 Tonnen gebremst. Damit deckt der Interstar-e die meisten typischen Transportaufgaben im Handwerk und bei Zustelldiensten locker ab.

Assistenzsysteme & Sicherheit

Bei den Fahrerassistenzsystemen zeigt sich der Nissan Interstar-e auf der Höhe der Zeit – zumindest auf dem Papier. Spurhalteassistent, Seitenwindassistent, Müdigkeitserkennung sowie die Erkennung von Fußgängern und Radfahrern sind an Bord und unterstützen den Fahrer im hektischen Lieferalltag. In der Praxis arbeiten die Systeme überwiegend unauffällig im Hintergrund und tragen so zur Sicherheit bei.

Nachbessern sollte Nissan allerdings bei der Verkehrszeichenerkennung. Im Test erkannte das System Tempolimits nicht immer zuverlässig oder zeigte sie verzögert im Cockpit an. Für Flottenbetreiber, die auf eine konsequente Einhaltung der Geschwindigkeitsvorgaben achten müssen, ist das ein Punkt, den der Hersteller mit einem Softwareupdate unbedingt adressieren sollte.

Technische Daten Nissan Interstar-e N.Connecta (L2H2)

  • Fahrzeugklasse: Elektro-Transporter / Kastenwagen L2H2, 3,5 t
  • Länge: 5,68 m
  • Breite: 2,46 m (mit Spiegeln)
  • Höhe: 2,49 m
  • Radstand: 3,58 m
  • Elektromotor: 105 kW (143 PS)
  • Max. Drehmoment: 300 Nm
  • Höchstgeschwindigkeit: 115 km/h (elektronisch abgeregelt)
  • Batterie: 87 kWh Lithium-Ionen
  • Reichweite: bis zu 410 km WLTP (Herstellerangabe)
  • Ladeleistung DC: bis zu 130 kW
  • Ladeleistung AC: bis zu 22 kW
  • Zuladung (Testwagen): 1.045 kg
  • Anhängerlast: 750 kg ungebremst / 2.000 kg gebremst
  • Preis: ab 46.200 Euro netto (54.978 Euro brutto; Stand Testzeitpunkt)

Fazit – für welche Flotten sich der Nissan Interstar-e lohnt

Der Nissan Interstar-e N.Connecta zeigt im Test, dass er die klassischen Tugenden eines Nutzfahrzeugs mit den Vorteilen eines Elektro-Antriebs verbindet. Ladeleistung, Reichweite und Fahrkomfort passen für viele typische Einsatzzwecke von Handwerkern, Lieferdiensten und Serviceflotten. Die Kombination aus über einer Tonne Zuladung und 2,0 Tonnen Anhängelast macht den Elektro-Kastenwagen im Alltag flexibel.

Gleichzeitig leistet sich der Interstar-e Schwächen, die in einem modernen E-Transporter überraschen. Die fehlenden NissanConnect Services, eine unzuverlässige Verkehrszeichenerkennung und Details wie der unglücklich platzierte Becherhalter kosten Sympathiepunkte. Für Flotten mit gesicherter Ladeinfrastruktur und klar definierten Tagestouren ist der Interstar-e dennoch eine interessante Alternative zum Diesel – insbesondere, wenn Nissan die versprochene Konnektivität ab Sommer 2026 nachliefert.

Nissan Interstar-e – Stärken und Schwächen

Plus:

  • gute DC-Ladeleistung (im Test bis rund 120 kW)
  • solide Realreichweite von 300–400 km
  • hoher Fahrkomfort, leises und vibrationsarmes Fahren
  • ordentliche Zuladung und 2,0 t Anhängelast
  • viele Ablagen und USB-C-Anschlüsse im Fahrerhaus

Minus:

  • zum Testzeitpunkt keine NissanConnect Services verfügbar
  • unzuverlässige Verkehrszeichenerkennung
  • Becherhalter verdeckt Außenspiegel
  • rutschiger Laderaumboden
  • keine Akkuheizung potenziell schwächere Ladeleistung im Winter

FAQ zum Nissan Interstar-e N.Connecta

Ist der Nissan Interstar-e als Firmenwagen für Handwerker geeignet?

Ja. Mit 1.045 kg Zuladung, 2,0 t Anhängelast und L2H2-Aufbau deckt der Interstar-e viele typische Einsätze im Handwerk, bei Lieferdiensten und Serviceflotten ab.

Wie weit kommt der Nissan Interstar-e im Alltag?

Im Test sind je nach Zuladung, Temperatur und Streckenprofil realistisch 300 bis 400 km Reichweite möglich – weniger als der WLTP-Wert, aber mehr als ausreichend für die meisten Tagestouren.

Wie schnell lädt der Nissan Interstar-e?

An DC-Schnellladern zieht der Elektro-Transporter bis zu 130 kW, im Test lagen wir bei rund 120 kW Peak. An 22-kW-Wallboxen dauert eine Vollladung von 10 auf 100 Prozent rund vier Stunden.

Wo liegen die größten Schwächen des Interstar-e?

Die fehlende App-Anbindung über NissanConnect Services, kleinere Ergonomiemängel im Cockpit und die unzuverlässige Verkehrszeichenerkennung trüben den ansonsten guten Gesamteindruck.