Umleitung über die Schwäbische Alb. Enge Kurven. Sportwagenterrain. Schon naht die nächste Kehre. Der Fuß schnellt vom Pedal, die Rekuperation setzt ein, rum ums Eck und sofort wieder voll aufs Gas. Der Audi hinter uns hat das Nachsehen und schafft es kaum, mitzuhalten. Später stellt sich heraus, dass hinter den vier Ringen gut 200 Pferde strampeln. Der Opel liegt satt auf der Straße, Ladung haben wir ausnahmsweise keine.

Auf dem Papier kann der Opel Movano Electric immerhin mit 150 kW am Schnelllader tanken. In der Praxis haben wir ihn nie stärker als 130 kW im Peak erlebt.
Elektrische Power statt Hubraum: Effizienz neu definiert
Moment. Ladung? Tatsächlich haben wir den Audi mühelos mit einem 3,5-Tonner versägt. Beeindruckende Performance. Für 200 kW Leistung bräuchte es mindestens drei Liter Hubraum. Wir haben ein paar Kupferwindungen – und 410 Nm. Die eigentliche Überraschung kommt aber an der Ladesäule: Über den Testzeitraum kommt der Movano mit gut 28 kWh pro 100 Kilometer aus, zwei mehr als laut WLTP, aber die sportlichen Gene plus ambitionierter Fahrer müssen ja wenigstens ansatzweise ihren Tribut zollen. Auch hier liegen wir also bei drei Litern. Diesel statt Hubraum. Ein Liter Diesel enthält umgerechnet 9,8 kWh. Ziemlich effizient, der dicke Renner.

Aufgeräumtes Cockpit beim Opel Movano Electric: Die großen Displays mit schicker Grafik gefallen.
Reichweite und Ladegeschwindigkeit: Grenzen der E-Mobilität
Trotzdem ist die 110 kWh große Batterie natürlich nach knapp 390 Kilometern irgendwann leer. Dann war‘s das leider mit der Sportlichkeit. Auf dem Papier kann der Opel immerhin mit 150 kW am Schnelllader tanken. In der Praxis haben wir ihn nie stärker als 130 kW im Peak erlebt. Und wer vor der Weiterfahrt gleich ein bisschen mehr Elektronen mitnehmen will, muss sich gedulden. Ab der magischen Grenze von 80 Prozent sackt die Ladeleistung schlagartig zusammen und kommt auch nicht wieder. Die Batterie freut sich. Der Fahrer geht dann entweder spazieren, oder steuert ein paar Kilometer eher die nächste Ladesäule an.
Durchdachte Ladetechnik? Steckdosen-Position mit Tücken
Etwas problematisch fällt die Position der Steckdose aus. Hier hat Opel nämlich, eigentlich naheliegend, das Kläppchen genutzt, hinter dem sich sonst das Dieselloch befindet. So wird dann aber das Ladekabel zwangsweise recht eng am Kotflügel entlanggeführt. Am besten steigt man in dem Fall von der Beifahrerseite aus ein.

Der Ladeanschluss beim Opel Movano Electric befindet sich da, wo beim Diesel die Zapfpistole eingehängt wird. Das schränkt den Zustieg ein.
Manövrierbarkeit und Sicht: So meistert der Movano E den Alltag
Beim Ein- und Ausparken macht der Opel dann aber ebenso Bella Figura wie vormals auf der kurvigen Landstraße. Der Wendekreis fällt angenehm knapp aus. Zudem bieten die üppigen Spiegel eine gute Sicht. Zusatzschmankerl: Die insgesamt vier Segmente – Weitwinkelspiegel im unteren Bereich – lassen sich einzeln verstellen. Dazu kommt ein digitaler Innenspiegel, was so auch in unserem geschlossenen Kasten freie Sicht nach hinten garantiert. Doch selbst beim Opel könnte die Kamera wie bei einigen Mitbewerbern etwas mehr Weitwinkel vertragen. Ein Mensch verschwindet fast zehn Meter hinter dem Fahrzeug noch im Toten Winkel. Aber beim Rückwärtsfahren hilft ja zudem die ordentliche weitwinklige Rückfahrkamera weiter.
Digitale Helfer: Spurhaltesystem und Tempomat im Praxistest
Lobend ist darüber hinaus die Elektronik zu erwähnen, wenn es um den Spurhalter und den Tempomaten geht. Letzterer hält aktiv den Abstand zum Vordermann. Im Verbund mit dem Spurhalter mutieren die Helferlein zum digitalen Beifahrer. Statt nur reaktiv die Spur zu sichern, lenkt der Movano proaktiv mit und hält sich selbst zielstrebig in der Fahrbahnmitte.
Startprozedur mit Nostalgie: Ein Hauch von Diesel im E-Transporter
Kritik, oder vielmehr etwas Unverständnis, kommt jedoch bei der Startprozedur auf. Nach dem Druck auf den Startknopf passiert: nichts. Stattdessen erscheint im Display der Hinweis, ein Bremsensystem werde gestartet. Wer nun versucht, das Getriebe in D zu stellen, wird enttäuscht. Um die Fahrbereitschaft herzustellen, verlangt der Opel nach einem weiteren Druck auf den Startknopf. Jetzt aber! Stellantis hat also die gute alte Tradition des Vorglühens vom Diesel in den Stromer überführt. Hat auf jeden Fall Charme, aber damals war es doch irgendwie intuitiver.
Opel Movano Electric - technische Daten
Varianten: Kastenwagen, Plattform, Pritsche, Fahrgestell
Länge: 5,99 – 6,36 m
Höhe: 2,5 – 2,76 mBreite: 2,05 m (ohne Außenspiegel)Ladevolumen max.: 17 m³Nutzlast max.: 1.500 kg
Verbräuche: Verbrauch WLTP: 26,2 kWh/100 kmVerbrauch Test: 28,4 kWh/100 km
Basispreis: 55.800 Euro
Antrieb: Elektromotor, Frontantrieb, drei Fahrmodi ( Eco, Normal, Power); AC-Laden: 11 kW, DC-Laden: 150 kW, Ladezeit bis 80 Prozent: 55 min, Batterie: 110 kWh, Lithium-Ionen, Peak-Leistung: 200 kW/272 PS, Drehmoment: 410 Nm, Reichweite (WLTP): 420 km