Nicht selten überlassen Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden Dienstwagen auch zur Privatnutzung. Aber wie werden in solchen Fällen berufliche Fahrtkosten mit einem Privat-Pkw steuerlich bewertet? Dazu hat das niedersächsische Finanzgericht geurteilt. "Das Verfahren ist jedoch beim Bundesfinanzhof anhängig", sagt André Strunz, Steuerberater bei Ecovis in Hannover. "Achten Sie daher auf die weitere Rechtsprechung."
Dienstwagen privat: So läuft die Versteuerung
Grundsätzlich gilt: Wer seinen Dienstwagen auch privat nutzt, muss diesen geldwerten Vorteil versteuern. "Die Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zur privaten Nutzung gilt steuerlich als Arbeitslohn und unterliegt damit der Lohnsteuer und der Sozialversicherung", erklärt Ecovis-Steuerberater Strunz. In der Praxis erfolgt die Bewertung des geldwerten Vorteils in der Regel über die 1-Prozent-Methode. Das bedeutet: Monatlich wird ein Prozent des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs angesetzt. Alternativ können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führen und damit die tatsächlichen Kfz-Kosten nachweisen. Kommt der Dienstwagen zusätzlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zum Einsatz, erhöht sich der zu versteuernde Betrag. Pro Entfernungskilometer werden 0,03 Prozent des Listenpreises oder anteilig die tatsächlichen Kosten fällig.
Streitfall: Wenn der Dienstwagen stehen bleibt
Ein leitender Angestellter erhielt von seinem Arbeitgeber einen VW-Multivan zur privaten Nutzung. Für Fahrten zur Arbeit und für Dienstreisen nutzte er jedoch fast ausschließlich seinen eigenen Sportwagen. Den Dienstwagen fuhr überwiegend seine Ehefrau im privaten Alltag. Der Angestellte machte daher die tatsächlichen Aufwendungen für seine Dienstreisen mit dem Privatwagen als Werbungskosten geltend. Pro gefahrenem Kilometer setzte er 2,28 Euro an. Vom Arbeitgeber erhielt er eine steuerfreie Pauschale von 0,30 Euro pro Kilometer, die er gegenrechnete. "Damit stellte sich die Frage: Dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trotz zur Verfügung gestelltem Dienstwagen zusätzliche Kosten für berufliche Fahrten mit dem eigenen Auto steuerlich geltend machen?", erklärt André Strunz.

"Das Urteil zeigt, wie entscheidend eine gute Nachweisführung ist", sagt André Strunz, Steuerberater bei Ecovis in Hannover.
Gericht erlaubt Werbungskosten mit Privat-Pkw
Das niedersächsische Finanzgericht (FG) beantwortete die Frage eindeutig mit Ja (Az. 9 K 183/23). Es erkannte die geltend gemachten Werbungskosten an. Das Gericht hatte auch hinsichtlich der Höhe keine Bedenken, denn die gesamten Fahrtkosten machten weniger als drei Prozent des Bruttoarbeitslohns aus. Damit erschien der Ansatz plausibel und nachvollziehbar. "Ein wichtiger Punkt war dabei die Dokumentation", erläutert Ecovis-Steuerberater Strunz: "Der Angestellte konnte seine Aufwendungen glaubhaft belegen – auch weil es sich zum einen um ein Diesel- und zum anderen um ein Benzinfahrzeug handelte." Tankquittungen, Fahrtenaufzeichnungen und andere Nachweise spielten eine zentrale Rolle. "Das Urteil zeigt, wie entscheidend eine gute Nachweisführung ist. Die Finanzämter prüfen in solchen Fällen sehr genau".
Belege entscheiden über Steueranerkennung
Dass Fahrzeuge innerhalb einer Familie unterschiedlich genutzt werden, ist sicher nicht ungewöhnlich. Steuerlich spielt es laut FG keine Rolle, ob die Ehefrau den Dienstwagen nutzt und der Ehemann den Privatwagen für die Arbeit. "Weder Arbeitgeber noch Finanzamt haben hier ein Mitspracherecht, solange die gesetzlichen und arbeitsvertraglichen Vorgaben eingehalten werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen alle Möglichkeiten ausschöpfen", erläutert Strunz. Entsprechend urteilte das Gericht, dass für berufliche Fahrten mit dem eigenen Privatwagen Werbungskosten geltend gemacht werden können, auch wenn ein Dienstwagen zur Verfügung steht. Die Nachweispflicht liegt dann aber beim Arbeitnehmenden. Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeitenden darauf hinweisen, dass sorgfältige Belege notwendig sind. Tankbelege, Fahrtenlisten und nachvollziehbare Kostenaufstellungen sind im Zweifel entscheidend, um die steuerliche Anerkennung zu sichern.
Nächste Instanz: Entscheidung beim Bundesfinanzhof
Die Rechtslage ist noch nicht endgültig geklärt. Das Verfahren liegt inzwischen beim Bundesfinanzhof (Az. VI R 30/24). Erst dort wird verbindlich entschieden, ob die geltend gemachten Werbungskosten auch in Zukunft zulässig bleiben. "Der Ausgang ist offen, deshalb sollten Betroffene die weitere Entwicklung im Blick behalten", sagt André Strunz.