Rot geblitzt: Punkte vermeiden?

Ärger an der Ampel: Wenn 0,4 Sekunden zählen
Bei Rot geblitzt – und Folgen?

Geblitzt bei Rot – und die Panik vor Punkten? Eine Mitarbeiterin kämpft um ihre Jahresprämie, doch am Ende entscheidet eine Stoppuhr. Drei weitere Fälle zeigen, wie Anwälte Bußgelder und Punkte abwenden.

Rote Ampel
Foto: LuchianoGettyImages@viaCanva

Geblitzt an der Ampel: Als Dienstwagenfahrerin droht ein Punkt

Jasmin kommt abends in die Autobahnkanzlei in Schwegenheim – verunsichert, weil sie in Karlsruhe an einer Ampel geblitzt wurde. Sie befürchtet einen Rotlichtverstoß. Auf ihrem Punktekonto steht bislang eine weiße Weste. Ein einziger Punkt hätte jedoch finanzielle Folgen: Ihre Jahresprämie würde entfallen – fest eingeplant für das neue Fahrrad ihres zehnjährigen Sohnes.

Warum der Bußgeldkatalog hier besonders ins Gewicht fällt

Bei Rotlichtverstößen wird zwischen einfachem und qualifiziertem Verstoß unterschieden. Steht im Anhörungsbogen 132 BKat, geht es um einen einfachen Rotlichtverstoß ohne Fahrverbot. Kritisch wird es bei 132.3 BKat, wenn die Ampel schon länger als eine Sekunde Rot zeigte – dann droht ein Monat Fahrverbot. Für viele Dienstwagenfahrer wäre das ein massiver Einschnitt in den Berufsalltag.

Akteneinsicht zeigt: Rotphase nur 0,4 Sekunden – Bagatelle

Nach Erhalt des Anhörungsbogens wird klar: Es handelt sich um den einfachen Verstoß – 90 Euro Bußgeld, 1 Punkt. Doch Verteidigerin Heike Herzog beantragt Akteneinsicht. Ergebnis: Die Rotphase betrug lediglich 0,4 Sekunden. Ein Wimpernschlag, den Fahrer im Alltag kaum wahrnehmen können. Für Jasmin geht es dennoch um die Existenz ihrer Jahresprämie und damit um relevante Einkommensplanung.

Gerichtsverhandlung: Argumente statt Redewendungen

Beim Gerichtstermin versucht die Richterin zunächst, den Verstoß streng zu bewerten. Ein Punkt solle sein. Doch Verteidigerteam Herzog/Möller hält dagegen und verweist auf die minimale Rotzeit sowie eine fragliche Gelbphase. Ein Gutachten lehnt das Gericht zwar ab, erkennt aber die besondere Situation sowie Jasmins bisher einwandfreie Fahrakte an.

Ergebnis: Verfahren eingestellt – ohne Punkt und Bußgeld

Am Ende zeigt das Gericht Augenmaß: Das Verfahren wird eingestellt. Für Jasmin bedeutet das – kein Punkt, kein Bußgeld und die Jahresprämie bleibt erhalten. Ein kleiner Zeitwert von 0,4 Sekunden hätte sonst erhebliche finanzielle Folgen gehabt.

Weitere Kurzfälle aus der Praxis Kurzfall 1: Rotlicht über 1 Sekunde – Fahrverbot verhindert

Ein Fahrverbot hätte eine Mutter in große Schwierigkeiten gebracht, da sie täglich ihre schwerbehinderte Tochter befördert. Trotz Rotlichtdauer von über 1 Sekunde reduziert das Gericht dank Härtefallregelung auf ein Bußgeld – ohne Punkt und ohne Fahrverbot. (AG Neustadt/Weinstraße · Az.: 2a OWi 5788 Js 1312/25)

Kurzfall 2: Abstandsunterschreitung – entscheidender Spurwechsel

Ein Lkw-Fahrer unterschritt den Mindestabstand, nachdem ein Transporter knapp vor ihm einscherte. Das Gericht folgte der Argumentation der Verteidigung: 55 Euro statt 1 Punkt und Bußgeld. Für Berufskraftfahrer ein wichtiger Unterschied. (AG Karlsruhe · Az.: 6 OWi 100 Js 9365/24)