Autonomes Fahren: Deutsche Hersteller geraten unter Wettbewerbsdruck
Flottenverantwortliche beobachten die Entwicklung rund um teil- und vollautomatisierte Fahrfunktionen mit besonderem Interesse – schließlich beeinflussen Assistenzsysteme, Softwarekompetenz und Infrastrukturentscheidungen zunehmend die Wirtschaftlichkeit ganzer Fahrzeugbestände. Eine neue Studie des Center of Automotive Management (CAM) zeigt nun, wie schnell sich die Kräfteverhältnisse verschieben: Während deutsche Hersteller noch zu den Innovationstreibern zählen, wächst der Vorsprung chinesischer Marken in mehreren zentralen Segmenten deutlich.
Level 3: Deutsche Hersteller führen – vorerst
Laut der Connected-Car-Innovation-Studie (CCI 2025) behaupten deutsche Unternehmen wie Mercedes, BMW und Volkswagen derzeit eine starke Position bei Systemen des autonomen Fahrens auf Level 3 und 4. Besonders Mercedes setzt mit einem weiterentwickelten Staupiloten Maßstäbe, der inzwischen bis 95 km/h freigegeben ist. Auch BMW nutzt neue Zulassungsmöglichkeiten, um Assistenzfunktionen künftig breiter auszurollen.
Doch der Vorsprung steht auf wackligem Fundament: Die CAM-Prognose zeigt, dass chinesische Hersteller schon bis 2028 vorbeiziehen könnten. Zwar steigen auch deutsche Innovationszahlen weiter, doch die Entwicklungsdynamik in China ist derzeit deutlich höher.
ADAS und Level 2+: China setzt sich klar ab
Im Bereich der weit verbreiteten Fahrerassistenzsysteme (Level 2/2+) hat sich das Kräfteverhältnis bereits gedreht. Marken wie NIO, BYD oder Xiaopeng verantworten rund 70 Prozent der globalen Innovationsstärke in diesem Segment. Deutsche Hersteller kommen hier auf lediglich 14 Prozent. Die Systeme aus China gelten nicht nur als serienreif, sondern werden auch über sämtliche Fahrzeugklassen hinweg in hoher Geschwindigkeit skaliert.
Für Flotten bedeutet das: Teilautomatisierte Funktionen werden 2030 Standard sein – doch viele der innovationsstärksten Lösungen kommen nicht mehr aus Europa.
Robotaxis: Europa droht den Anschluss zu verlieren
Während autonome Fahrzeuge im Privatkundensegment noch keine Level-4-Funktionen bieten, wächst der Robotaxi-Markt in den USA und China rasant. Waymo und Baidu melden jeweils rund 250.000 Fahrten pro Woche – ohne Sicherheitsfahrer. Deutsche Anbieter kommen hingegen kaum über Pilotprojekte hinaus.
VW arbeitet zwar gemeinsam mit Mobileye an einer eigenen Lösung, aber internationale Konkurrenz plant bereits, in Europa Fuß zu fassen. Baidu will ab 2026 mit Lyft nach Deutschland und Großbritannien expandieren, Waymo startet bereits 2026 in London.
Für europäische Mobilitätsanbieter und Fuhrparks birgt das ein strategisches Risiko: Die zentrale Wertschöpfung könnte sich langfristig ins Ausland verlagern.
IT-Infrastruktur wird zum entscheidenden Faktor
Die Studie unterstreicht, dass autonome Funktionen nur mit stabilen digitalen Infrastrukturen funktionieren. Rechenleistung an der Edge, Cybersecurity und Echtzeitkommunikation werden zum Rückgrat automatisierter Systeme. Technologiepartner wie Cisco weisen darauf hin, dass ohne belastbare Netze auch starke Hersteller keine skalierbaren automatisierten Dienste anbieten können.
Für Flottenbetreiber bleibt daher nicht nur die Fahrzeugauswahl relevant, sondern zunehmend auch die digitale Umgebung, in der Fahrzeuge betrieben werden.
Was die Ergebnisse für Flotten bedeuten
Für Unternehmen zeichnen sich mehrere Trends ab:
- Automatisierung wird strategischer Wettbewerbsfaktor: Assistenzsysteme erhöhen Sicherheit und reduzieren Schäden.
- Marktverschiebungen verändern Beschaffungsoptionen: Chinesische Anbieter gewinnen technisch und preislich an Bedeutung.
- Robotaxis könnten langfristig zu Fuhrparkalternativen werden: Besonders im urbanen Umfeld.
- Digitale Infrastruktur entscheidet über Praxistauglichkeit: Ohne stabile Netze bleiben viele Funktionen theoretisch.
Die CAM-Studie zeigt: Autonomes Fahren wird in den kommenden Jahren nicht nur die Automobilindustrie verändern, sondern vor allem auch die Planung und Steuerung von Unternehmensflotten neu definieren.







