Die Elektromobilität nimmt Fahrt auf, doch neue politische Entscheidungen und wirtschaftliche Entwicklungen könnten die Flottenstrategie vieler Unternehmen beeinflussen. Peter Fintl, Automobil-Experte der Unternehmensberatung Capgemini, spricht im Interview über die Auswirkungen gelockerter CO₂-Flottenziele, die Zukunft von E-Fahrzeugen und neue Marktbewegungen – unter anderem durch eine mögliche Allianz zwischen Tesla und BYD.
CO₂-Flottenziele: Was bedeuten gelockerte Vorgaben für Unternehmen?
Weiterhin gilt es, die Balance zu halten aus günstiger Mobilität, Praktikabilität und zufriedenen Nutzern. Insofern eröffnet eine mögliche Lockerung der CO2-Flottenziele durchaus neue Spielräume. Auch wenn dies nicht davon ablenken darf, dass mittelfristig die Fahrt elektrisch durchgeführt wird. Derzeit hegen wenige große Flottenbetreiber Pläne, ihre Policies in Sachen Nachhaltigkeit radikal zu ändern.
Entwicklung Restwerte von E-Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden in Unternehmensflotten
Dies ist aus unserer Sicht noch nicht ganz klar. Es sind mehrere Szenarien möglich, sicher ist, dass der technische Fortschritt bei Elektrofahrzeugen weiter voranschreitet und ein deutlich besseres Nutzererlebnis möglich macht. Stichwort: Reichweite und Schnellladefähigkeit. Dies – sowie der weiter notwendige Druck, elektrifizierte Fahrzeuge in den Markt zu bringen – werden sicherlich Restwerte beeinflussen. Auf die Nachfrage gebrauchter Elektrofahrzeuge sollte sich die von der EU vorgeschlagenen Kaufhilfen – Stichwort Social Leasing auch für den Zweitmarkt – günstig auswirken.
Tesla & BYD: Beeinflusst die mögliche Allianz Einfluss auch den Flottenmarkt?
Generell ist im Sinne der Konsumenten, der Flottenbetreiber sowie der Umwelt jede Gelegenheit willkommen, die nachhaltige Mobilität schneller und günstiger möglich zu machen. Diese Ziele können eher erreicht werden, wenn Hersteller ihr Know-how bündeln.
Welche politischen oder steuerlichen Maßnahmen wären erforderlich, um trotz gelockerter CO₂-Vorgaben den E-Hochlauf in Firmenflotten voranzutreiben?
Die Stammtischparole „Aus für das Verbrenner-Aus“ ist zwar eingängig, aber dennoch falsch. Langfristig ist Elektromobilität in den meisten Anwendungen gesetzt und – ganz wichtig – für die (kommerziellen) Betreiber auch günstiger darstellbar. Der Gesetzgeber mag zwar jetzt den Automobilkonzernen eine Atempause verschaffen und dabei helfen, mögliche Strafzahlungen zu vermeiden. Gleichzeitig hält er aber an den sinnvollen Zielen fest, dabei wird es wohl auf starke „Elektroquoten“ für große Flotten hinauslaufen. Man darf nicht vergessen, dass 60 Prozent der Fahrzeugzulassungen in Europa auf Flottenkunden zurückgehen. Wichtig ist, dass die Regierung Maßnahmenpakete schnürt, welche die Gesamtkosten der Elektromobilität attraktiv machen. Hier geht es um Anschaffung bzw. Finanzierung, Wartung und Fahrenergie – hier gibt es also einige Hebel. Es ist beispielsweise schwer vermittelbar umzusteigen, wenn die Energiekosten fossil erheblich günstiger sind als nachhaltige Alternativen.
Welche Rolle spielen autonomes Fahren und digitale Mobilitätslösungen künftig für gewerbliche Fuhrparks?
Auch wenn noch viele Nutzer speziell in Deutschland dem assistierten und dem automatisierten Fahren wenig abgewinnen können, so ist der Trend doch klar: Unterstütztes Fahren bzw. teilautonomes Fahren wird sich durchsetzen! Dies wird immer mehr zum Teil der geforderten Standardausstattung, gerade bei Vielfahrern. Ebenso gehen wir davon aus, dass die Digitalisierung der Mobilitätslösungen weiter voranschreitet: sowohl im Flottenmanagement als auch als Teil integrierter Mobilitätsdienste.
Lohnt es für Flottenbetreiber weiterhin, konsequent auf E-Fahrzeuge zu setzen?
Die gute Nachricht für Nutzer, Betreiber und die Umwelt: Elektrofahrzeuge werden spürbar besser und auch preislich attraktiver. Damit eignen sie sich für immer mehr Anwendungsfälle. Auch bei den Plug-in-Hybridfahrzeugen wurde mittlerweile ein Reifegrad erreicht, der theoretisch bei den meisten Fahrten einen elektrischen Betrieb erlaubt.
Von politischer Seite wurde der Bedarf erkannt, der Elektromobilität bzw. der Automobilindustrie mit verbesserten Rahmenbedingungen zur Seite zu stehen. Dies wird elektrische bzw. elektrifizierte Modelle noch attraktiver machen. Insofern sollten die sinnvollen Nachhaltigkeitsziele für Flottenbetreiber beibehalten werden.