Interview: Schuh über E-Mobilität im Fuhrpark

Alexander Schuh über Chancen und Stolpersteine
Strategien für den Umstieg auf Elektromobilität

E-Autos sind mehr als ein Trend: Firmen brauchen Strategien für Ladeinfrastruktur, Ausschreibungen und Kosten. Alexander Schuh gibt im Interview konkrete Tipps für einen erfolgreichen Umstieg auf E-Mobilität.

Alexander Schuh ist Geschäftsführer der Alexander Schuh GmbH
Foto: Alexander Schuh GmbH

Die Elektromobilität ist in vielen Unternehmen längst auf der Agenda – doch der Weg dorthin ist voller Fragen. Welche Ausschreibungen sind sinnvoll? Wie kalkuliert man Ladeinfrastruktur? Und welche Förderungen lassen sich nutzen? Alexander Schuh, Geschäftsführer der Alexander Schuh GmbH und seit über zehn Jahren unabhängiger Mobilitätsexperte, begleitet Firmen beim Umstieg. Im Interview spricht er über Chancen, Stolpersteine und konkrete Schritte für eine erfolgreiche E-Mobilität.

Viele Unternehmen steigen auf Elektromobilität um, oft aber ohne Ausschreibung oder Marktvergleich. Woran liegt das Ihrer Erfahrung nach?

Nach meiner Erfahrung liegt das vor allem an drei Faktoren. Erstens ist der Umstieg auf Elektromobilität häufig getrieben von CSR-Zielen beziehungsweise Konzernvorgaben – das heißt, er wird als strategische Notwendigkeit gesehen, nicht primär als Möglichkeit zur Optimierung der Flotte. Die negative Presse hinsichtlich E-Mobilität hier in Deutschland verschärft diese Denkweise. Zweitens fehlen in vielen Fuhrparks noch belastbare Daten zur tatsächlichen und erwarteten Nutzung, sodass die Beschreibung der zukünftigen Leistungen schwerfällt. Und drittens herrscht oft Unsicherheit über Förderprogramme, Restwerte und technische Entwicklungen – deshalb wird schnell "markengetreu" oder aus Gewohnheit bei den bestehenden Dienstleistern beschafft, anstatt den Markt systematisch zu prüfen. Gerade in einem dynamischen Umfeld wie der Elektromobilität ist ein sauberer Ausschreibungsprozess aber besonders wertvoll, weil Modelle, Preise und Services stark voneinander abweichen.

Wie viel Einsparpotenzial lässt sich realistisch durch systematische Ausschreibungen und Vergleichsangebote erzielen? Können Sie aus Ihrer Praxis ein Beispiel nennen?

In der Praxis sehen wir je nach Flottengröße und Ausgangslage Einsparpotenziale von rund 8 bis 15 Prozent bei den Gesamtkosten, manchmal auch darüber. Ein Beispiel: Ein Kunde mit ungefähr 200 Fahrzeugen hat vor der Umstellung rein nach Bruttolistenpreis kalkuliert, obwohl er die Fahrzeuge über Leasing beschafft hat. Durch eine Ausschreibung, die Vollkosten beinhaltet (Leasingrate, Services, Antriebskosten), Einbeziehung alternativer Anbieter und Neuverhandlung der Servicepakete konnten wir die monatlichen Leasingraten im Schnitt um 11 Prozent senken; das haben wir erreicht, indem wir die monatlichen All-In-Kosten je Fahrzeug und Anbieter verglichen haben. Zusätzlich haben wir durch eine zentrale Ausschreibung der Ladeinfrastruktur Installations- und Betriebskosten reduziert, was in Summe über die Laufzeit einen deutlichen Unterschied ergeben hat.

In der öffentlichen Diskussion wird häufig über fehlende Ladeinfrastruktur gesprochen. Was beobachten Sie bei Ihren Kunden? Wo klemmt es wirklich beim Umstieg auf E-Fahrzeuge?

Im Unternehmensumfeld liegt die eigentliche Herausforderung weniger in der öffentlichen Ladeinfrastruktur, sondern vielmehr in den komplexen Genehmigungs- und Abstimmungsprozessen mit Vermietern, Eigentümern oder Netzbetreibern, wenn es darum geht, eigene Ladepunkte am Standort oder bei Mitarbeitenden zu Hause zu errichten. Hinzu kommt, dass vielen Fuhrparks noch die Transparenz über den tatsächlichen Ladebedarf fehlt – oft ist unklar, wie viele Ladepunkte tatsächlich benötigt werden. Zusätzlich bestehen Unsicherheiten bei der Abrechnung, etwa wenn Mitarbeitende zu Hause, an öffentlichen Säulen oder im Ausland laden. Besonders schwierig ist schließlich der anhaltende "Wildwuchs" an Ladetarifen, der die Transparenz der Ladekosten erheblich einschränkt und die Gesamtkosten schwer kalkulierbar macht.

Was raten Sie Unternehmen, die noch dieses Jahr mit dem Umstieg auf E-Mobilität beginnen wollen: Welche drei Schritte sollten sie unbedingt zuerst angehen?

Unternehmen, die noch 2025 mit dem Umstieg auf Elektromobilität beginnen wollen, sollten zunächst eine gründliche Flottenanalyse durchführen. Dazu gehört, Gesamtkosten, Fahrprofile, Kilometerleistungen, Standzeiten und Einsatzorte genau zu erfassen. Diese IST-Situation bildet die Grundlage für jedes tragfähige Konzept. Parallel dazu empfiehlt es sich, die Ladeinfrastruktur frühzeitig zu planen. Das bedeutet, rechtzeitig das Gespräch mit Vermietern, Netzbetreibern und Installateuren zu suchen, um sowohl die technische Machbarkeit als auch die entstehenden Kosten verlässlich einschätzen zu können. Ebenso wichtig ist ein genauer Blick auf die Förderlandschaft: Unternehmen sollten Förderprogramme für Fahrzeuge, Ladeinfrastruktur und Netzanschlüsse kennen und konsequent in ihre Investitionsrechnung einbeziehen.

Können Sie schon einschätzen, was der Investitionsbooster der Bundesregierung bringt?

Das hängt stark von der individuellen Situation ab: Der Investitionsbooster sieht ab Juli 2025 eine 75-Prozent-Sonderabschreibung für den Kauf neuer, rein elektrischer Firmenwagen vor. Ob es für die deutsche Unternehmenslandschaft einen großen Einfluss haben wird, mag aber zu bezweifeln sein. Der Großteil der Firmenfahrzeuge wird geleast. Es ist nach meiner Einschätzung nicht davon auszugehen, dass die Leasinggesellschaften die Preise massiv reduzieren werden. Was wir allerdings schon in den neuesten Bestellungen sehen, ist, dass die Nutzer, also die Mitarbeitenden eines Unternehmens, aufgrund der Anhebung der Besteuerungsgrenze für die 0,25 Prozent Besteuerung auf 100.000 Euro bereits jetzt größere beziehungsweise teurere E-Fahrzeuge bestellen.

Sollten Unternehmen noch abwarten, wie sich der Markt für die E-Mobilität entwickelt oder sollten sie bereits jetzt schon starten?

Wenn wir uns die weltweiten Gegebenheiten und Entwicklungen anschauen, ist die E-Mobilität in all ihren Facetten aus meiner Sicht nicht aufzuhalten. Wird es weitere Neuerungen und Verbesserungen geben? Ja. Werden in Zukunft vielleicht auch Antriebsarten oder Energieträger hinzukommen, die wir heute noch nicht kennen oder berücksichtigen? Ebenfalls ja – aber genau das gehört zum Weg. Ein Blick auf die Entwicklung von VHS oder Video 2000 hin zu Streaming zeigt: Natürlich hätte man als Einzelperson die DVD "überspringen" können, um gleich auf den großen Wurf zu warten. Aber wäre das sinnvoll gewesen? Ich sage klar: nein.

Grundsätzlich kann ich Unternehmen jeder Größenordnung nur raten, sich bereits jetzt mit der E-Mobilität auseinanderzusetzen, die Fakten sorgfältig zu prüfen und das "Stammtischgeschwätz" beiseite zu lassen. Wer frühzeitig Ladeinfrastruktur plant und die eigenen Flottenstrukturen analysiert, schafft die Basis, um strategisch zu handeln und auf die kommenden Herausforderungen deutlich schneller reagieren zu können.

Über Alexander Schuh:

Alexander Schuh ist Geschäftsführer der Alexander Schuh GmbH und seit über einem Jahrzehnt als unabhängiger Mobilitätsexperte tätig. Sein Unternehmen berät Firmen bei der Entwicklung nachhaltiger, rechtssicherer und zukunftsfähiger Mobilitätsstrategien. Mit einem ganzheitlichen Ansatz unterstützt er Firmen dabei, Fuhrparks zu optimieren, Kosten zu senken und rechtliche Risiken zu minimieren. Weitere Informationen unter: https://alexander-schuh.com/