Interview: Nobis über Community Charging

Dr. Philipp Nobis über Community Charging
Ladeinfrastruktur effizient nutzen

Im Interview erläutert Dr. Philipp Nobis, Head of Product & Partner Management bei vaylens, wie Community Charging funktioniert, welche Vorteile automatisierte Abrechnung bietet und wie Flotten CO₂-Ziele besser erfüllen.

Dr. Philipp Nobis 2025
Foto: Vaylens

Flotten stehen beim Aufbau von Ladeinfrastruktur vor der Frage, wie sich Investitionen wirtschaftlich nutzen lassen. Gerade wenn Firmenstandorte mit mehreren Ladesäulen ausgestattet sind, werden diese außerhalb der Dienstwagenflotte oft nicht ausgelastet. Community Charging schafft hier neue Möglichkeiten: Unternehmen können Ladepunkte flexibel für Dienstwagen, Mitarbeitende oder externe Nutzer freigeben und Tarife individuell gestalten. Abrechnung und Zahlungsflüsse übernimmt die Software von vaylens. Im Interview erklärt Dr. Philipp Nobis, Head of Product & Partner Management, wie Fuhrparks von einheitlichen Lösungen für Heim-, Unterwegs- und Firmenladen profitieren, welche Zeit- und Kosteneinsparungen automatisierte Prozesse bringen und wie sich die Plattform in ESG-Reporting integriert.

Wie kann Community Charging an Unternehmensstandorten helfen, ungenutzte Ladeinfrastruktur wirtschaftlich zu betreiben?

Community Charging ermöglicht, dass die Ladesäulen am Unternehmensstandort für verschiedene Nutzergruppen zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden können. Wenn beispielsweise früher nur Dienstwagenfahrer und Firmenfahrzeuge an den Unternehmensstandorten kostenfrei laden konnten, ist es mit Community Charging möglich, dass nun auch Mitarbeiter und externe Firmen dort kostenpflichtig laden können. vaylens kümmert sich dabei um die eichrechtskonforme Abrechnung der Nutzer und sorgt für die Zahlungsabwicklung. Das Unternehmen bekommt anschließend eine Gutschrift von vaylens.

Durch die feingranulare Zugriffsteuerung können ausgewählte Ladesäulen gezielt für Mitarbeiter freigegeben werden, während andere weiterhin für Firmenfahrzeuge reserviert bleiben. Außerdem können alle oder ausgewählte Ladesäulen für externe Gäste via Roaming oder Payment Terminals freigegeben werden. Dies kann insbesondere am Wochenende von Vorteil sein, wenn das Unternehmen über gut gelegene Parkflächen verfügt, beispielsweise für Park & Ride. In Kombination mit Blockiergebühren, die etwa nach sechs Stunden anfallen, ist auch nicht mit Dauerparkern zu rechnen.

Welche Vorteile bringt die vaylens-Lösung für Flotten, die sowohl zu Hause, unterwegs als auch am Firmenstandort laden?

Die vaylens-Lösung bietet sowohl Fahrern als auch Unternehmen handfeste Vorteile. Fahrer profitieren von einer einzigen Ladekarte und App, mit der sie überall – zu Hause, unterwegs oder am Firmenstandort – laden können. Das reduziert nicht nur die Anzahl verschiedener Support-Hotlines und Abrechnungsdokumente, sondern senkt auch die Fehlerquote. Unternehmen erhalten durch eine einheitliche Datenbasis und weniger Medienbrüche eine effizientere Abwicklung. Zudem wird die Betrugserkennung, etwa durch Standort-Validierung, verbessert. Gleichzeitig erfolgt eine automatische Kostentrennung der Ladevorgänge nach Fahrer und nach Ort – sei es zu Hause, unterwegs oder am Firmenstandort.

Am Firmenstandort schafft die Lösung zusätzliche Vorteile: Roaming-Ladevorgänge können vermieden werden, was durch die volle Tarifhoheit zu einer besseren Kostenkontrolle führt. Sollten Unternehmen die Daten beispielsweise in ein ERP-, Travel-Expense- oder BI-System integrieren wollen, genügt es, nur die vaylens-Lösung anzubinden.

Wie flexibel lassen sich die Tarife beim halböffentlichen Laden für unterschiedliche Nutzergruppen gestalten?

Die Tarife für das halböffentliche Laden lassen sich äußerst flexibel an die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen anpassen. Für externe Gäste stehen beispielsweise verschiedene Optionen wie Roaming, Direct Payment oder Payment Terminals zur Verfügung. Dabei kann jeder Ladepunkt individuell bepreist werden – sei es pro Kilowattstunde, Minute oder Ladesession. Unternehmen haben dadurch die Möglichkeit, für ihre Mitarbeiter Selbstkostenpreise mit einem Aufschlag anzubieten, für Gäste marktübliche Preise über Direct Payment zu verlangen oder bei Roaming individuelle MSP-Tarife festzulegen – und das alles an derselben Ladeinfrastruktur.

Beim Community Charging gibt es derzeit einen einheitlichen Tarif, der für alle Ladepunkte eines Unternehmens gilt. Allerdings ist geplant, zum Jahreswechsel zusätzliche Funktionen einzuführen, die die Festlegung mehrerer Tarife sowie die Definition unterschiedlicher Gruppen von Ladepunkten pro Unternehmen ermöglichen.

Welche konkreten Einsparungen im Verwaltungsaufwand konnten Flottenbetreiber durch automatisierte Abrechnungsprozesse erzielen?

Bei der Rückvergütung für das Heimladen konnten durch automatisierte Abrechnungsprozesse deutliche Einsparungen im Verwaltungsaufwand erzielt werden. Früher lag der Aufwand für die Belegprüfung, einschließlich Excel-Abgleich, bei rund zehn Minuten pro Fahrer und Monat. Dank der automatisierten Prüfung und Auszahlung reduziert sich dieser Aufwand heute auf nur noch ein bis drei Minuten, da nur noch besondere Fälle oder Probleme manuell bearbeitet werden müssen. Das bedeutet eine Zeitersparnis von etwa 70 bis 90 Prozent. Gleichzeitig sinkt die Fehlerquote, etwa durch falsche Zählerstände, Doppelerfassungen oder Fehlbuchungen, um über 60 Prozent. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Zahlen Durchschnittswerte darstellen. Die tatsächliche Ersparnis hängt stark von der Größe des Fuhrparks, den bestehenden Arbeitsprozessen und den individuellen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens ab.

Wie unterstützt die vaylens-Software OEMs und große Fuhrparks dabei, ESG-Vorgaben und CO₂-Ziele effizienter zu erfüllen?

Die vaylens-Software bietet zwar kein direktes ESG-Reporting an, ermöglicht aber die Extraktion relevanter Daten zur Aufbereitung in entsprechenden Reporting-Systemen. Damit unterstützt sie OEMs und große Fuhrparks dabei, ESG-Vorgaben und CO₂-Ziele effizienter zu erreichen. Ein zentraler Vorteil ist die GHG-konforme Bilanzierung: Jede Ladesitzung wird präzise erfasst, einschließlich Start- und Endzeit, Standort und Energiemenge. Auf dieser Basis können passende Emissionsfaktoren hinterlegt werden – entweder location-based (entsprechend dem lokalen Strommix zur Ladezeit) oder market-based, zum Beispiel aus Grünstromverträgen oder Herkunftsnachweisen. Zwar erfolgt das Matching von Grünstromzertifikaten (GoOs) mit dem Verbrauch nicht direkt in der vaylens-Plattform, doch über standardisierte APIs und Exporte lassen sich die Ladedaten einfach in ESG- oder Reporting-Systeme integrieren. Dort können anschließend Zertifikatszuordnungen und das Tracking von Ziel-KPIs erfolgen. Darüber hinaus ermöglicht die Software auch ESG-konformes Lade-Management. So könnten Unternehmen theoretisch einzelne Ladepunkte oder Betreiber für Elektrofahrzeuge sperren, wenn diese nachweislich keinen Grünstrom einsetzen oder aus anderen ESG-Gründen ausgeschlossen werden sollen.

Vita Dr. Philipp Nobis

Dr. Philipp Nobis ist derzeit Head of Product & Partner Management bei vaylens. Er verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge sowie von SaaS-Produkten. Zuvor trug er bei innogy maßgeblich dazu bei, kundenorientierte Softwareprodukte für führende Unternehmen der Branche erfolgreich am Markt zu etablieren und zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu führen. Mit einer Promotion in Elektrotechnik an der Technischen Universität München und seiner unternehmerischen Tätigkeit in den Bereichen Photovoltaik und Batteriesysteme in Berlin verbindet Philipp wissenschaftliche Exzellenz mit praxisnaher Industrieerfahrung und gestaltet so die Zukunft der Elektromobilität aktiv mit.