Trump und Fuhrparks: Auswirkungen auf Mobilität

Geopolitik im Fuhrpark
"Trump verändert die Spielregeln"

Wie Trumps erneute Präsidentschaft Kosten, Fahrzeugverfügbarkeit und technologische Abhängigkeiten deutscher Fuhrparks beeinflusst. Antworten geben die Experten Maximilian Funk und Stefan Hecht.

Flotte 2024
Foto: DelpixarGettyImages_nonnie192GettyImagesPro@via Canva

Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus sorgt nicht nur für Schlagzeilen in der Weltpolitik, sondern auch für Unruhe in der Wirtschaft. Besonders die Automobilbranche blickt gespannt auf die geopolitischen Weichenstellungen, die Trumps Politik mit sich bringen könnte. Wie wirken sich mögliche Handelszölle, technologische Abhängigkeiten und gestiegene Energiekosten auf die Mobilität deutscher Unternehmen aus?

Im Gespräch mit Stefan Hecht, Partner bei der Strategieberatung Advyce & Company, und Maximilian Funk, Senior Partner bei Advyce & Company, beleuchten wir, welche Herausforderungen und Chancen sich für deutsche Fuhrparks ergeben könnten. Welche Risiken drohen bei Lieferketten und Kosten? Und wie können Unternehmen strategisch auf diese neuen Rahmenbedingungen reagieren? Unsere Experten geben Antworten.

Donald Trump ist zurück im Weißen Haus – was bedeutet das für den ohnehin angeschlagenen Automobilstandort Deutschland?

Maximilian Funk: Der Wind wird fraglos kälter, doch sind deutsche Autobauer und -zulieferer heute stark mit Wertschöpfung in den USA vertreten. Die Auswirkungen auf die deutsche Autoindustrie streuen daher stark:

Die deutschen OEMs verfügen über einen starken Footprint in Nordamerika und sind somit imstande, den "Deal" diskutieren und sich entsprechend aufzustellen. Klar ist jedoch – hier wären im Ernstfall noch deutliche Anpassungen erforderlich, da mehr als 500.000 Fahrzeuge deutscher Hersteller aus Europa gen USA exportiert werden. Teil der Wahrheit ist auch, dass ein substanzieller Anteil der Zulieferungen aus Mexiko, Europa und Asien stammen. Mexiko ist für viele deutsche Automotive Player über Jahrzehnte der attraktive Best-Cost Zulieferstandort für den US-amerikanischen Markt geworden, Zulieferungen aus Europa gibt es selbstverständlich weiterhin, wenn auch in geringem Umfang, ebenso wie Zulieferungen aus Asien. All dies ist von den US-amerikanischen Kunden bisher vor dem Hintergrund des Kosten- und Qualitätsprimats erwünscht. Die Drohungen Trumps gegenüber dem südlichen Nachbarn Zölle zu verhängen waren teilweise sehr heftig, inwieweit Taten folgen, ist jedoch fraglich.

Maximilian Funk 2024
Adcyce & Company

Maximilian Funk ist in seiner Rolle als Senior Patner und Geschäftsführer bei Adcyce & Company für die Themen Restrukturierung, Performance Improvement und M&A zuständig. Maximilian Funk wird regelmäßig als Chief Restructuring Officer (CRO) eingesetzt und begleitet seine Kunden dabei langfristig und umsetzungsorientiert durch komplexe Transformationsprozesse.

Betroffen sein werden hier die großen Zulieferer mit Standorten in Mexiko wie z.B. Bosch, Continental, ZF u.v.m., die mit voraussichtlich höheren Einfuhrzöllen zu rechnen haben. Noch stärker werden kleinere deutsche Automobilzulieferer betroffen sein: ohne US-Footprint werden US-Geschäfte in diesem preissensitiven Markt kaum mehr möglich sein. Dies trifft ein Marktsegment, das die politische Vertretung ohnehin regelmäßig übersieht, obwohl sie das Rückgrat der deutschen Industrie bilden. Deutlich zeigte sich dies in den letzten Wirtschaftsgipfeln der zerbrochenen Regierung, die nur Vertreter von Großunternehmen umfasste.

Drohgebärden gegenüber Europa und den NAFTA Partnern stehen aber gegenüber dem geopolitischen Zwist mit China hintenan. Der Endgegner von Trump ist China, ein Konflikt, der Trump wichtiger ist als der „Schmarotzer Deutschland“. Chinesische Autobauer werden es im US-amerikanischen Markt schwer haben. Für chinesische Autohersteller rückt Europa daher stärker in den Fokus und vermutlich werden wir eine intensivierte Aktivität chinesischer Player in Europa erleben, sei es in der Vermarktung, in der Entwicklung oder durch die Übernahme von Standorten in Europa. Damit steht man vor Absatzproblemen im zahlungskräftigen nordamerikanischen Markt und wird sich in der Heimat gegen neue Konkurrenz erwehren müssen.

Welche Risiken drohen Firmenfuhrparks bei verschärften Bedingungen zwischen USA, China und Europa – etwa in Bezug auf Kosten, Verfügbarkeit oder technologische Abhängigkeiten?

Stefan Hecht: Im Vergleich zur Betroffenheit der Fahrzeughersteller und deren Zulieferer erwarten wir nur geringe Auswirkungen auf die deutschen Firmenfuhrparks.

Angesichts der zu erwartenden geowirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind Kostensteigerungen absehbar, insbesondere für chinesische und amerikanische Modelle, wohingegen Modelle europäischer Produktion weitgehend den gewohnten Preissteigerungen folgen sollten.

Mit der Ausnahme eskalierender Handelskriege erwarten wir keine Veränderung der Fahrzeugverfügbarkeiten. Bei allem Eigeninteresse kann es nicht im Sinne einer Trump-Regierung sein, den Welthandel so stark zu beschädigen, dass keine Chips und Displays mehr um die Welt reisen. Sollte dies geschehen, wären die Konsequenzen katastrophal für die Lieferfähigkeit – was also, wenn die Chiplieferkrise (Covid-19-induziert) nur ein Vorgeschmack war?

Stefan Hecht 2024
Adcyce & Company

Stefan Hecht ist Partner bei Advyce & Company und verfügt über mehr als 30 Jahre Leitungserfahrung und ist spezialisiert auf die Beratung von Unternehmen in den Segmenten Automobil- und Industrieunternehmen. Er unterstützte eine Vielzahl von Automotive- und Industrieunternehmen, sich zukunftsfähig aufzustellen und zu optimieren.

Die globale technologische Verwobenheit in der Automobilindustrie ist groß: Nichts geht ohne Brems- oder Einspritzsysteme aus Deutschland, Kamerasysteme aus Israel, Chips und Displays aus Taiwan, China und Korea oder Rechen- und Betriebssysteme aus den USA. Diese Verwobenheit wird keinesfalls kurzfristig aufgehoben werden können und daher dürfen wir auf einen Teil technologiegetriebener Restvernunft im Welthandel setzen. Klar ist aber auch: ersetzbare Technologien werden in einer protektionistischen Weltordnung wohl lokalisiert werden.

Wie beeinflusst Trumps fossile Energiepolitik die E-Mobilitätsstrategien der deutschen Autoindustrie und Europas Energiekosten?

Maximilian Funk: Der Appell von Trump klingt unschön, ist für die deutsche Automobilindustrie aber eher hilfreich: Das Primat verlängert die Lebensdauer von Verbrennern und dämpft die Einführungskurve von vollelektrischen Fahrzeugen. Ganz sicher in den USA, doch es wäre nicht vollständig überraschend, wenn der Ausstieg aus der Verbrennertechnologie in Europa aufgeweicht würde. Im ersten Segment sind deutsche Hersteller stark aufgestellt und im zweiten hinken sie hinterher, somit wäre diese Verlängerung für die deutsche Automobilindustrie wohl eher nützlich.

Angetrieben durch die fossilen Energielieferungen, die wir aus den USA erhalten und den Preisdruck, den diese günstigeren Lieferungen im Energiemarkt bewirken, erhöht sich der Spielraum für Unternehmen.

Es wirkt, als erlebe die Branche derzeit einen perfekten Sturm. Wie ernst ist die Lage und wo sehen Sie Chancen?

Stefan Hecht: Trotz aller Unkenrufe nehmen die Herausforderungen für die heimische Autoindustrie nicht ab. Dabei ist der äußere Druck in gewisser Weise ein wirksamer und notwendiger Auslöser für einen Realitätscheck. Es gilt in den nächsten Jahren zusammenzurücken, einen Plan zu machen und geschlossen zu handeln. Es ist wieder Zeit für einen Ruck, eine Agenda für die Unternehmen, Verbände, die Gesellschaft und Politik. Die deutsche Automobilindustrie ist weiterhin stark, sie bedarf der Transformation, muss sich diesen neuen Herausforderungen stellen. Europa in Gänze ist wettbewerbsfähig, Europa hat mehr Einwohner – ist im Vergleich zu den USA der größere Markt. So wichtig wie das Reagieren auf die neue US-Regierung ist, gilt es doch, eine deutsche und europäische Agenda zu entwerfen und diese gemeinsam und selbstbewusst auszuführen – im Verbund von Politik, Unternehmen und Verbänden, der Gesellschaft.