Großer Akku, effizienter Antrieb und kurze Ladezeiten – beim elektrischen Audi A6 Sportback E-Tron gibt es überhaupt keinen Grund für Reichweitenangst. Die edle Businesslimousine selbst weiß davon allerdings wenig - was das eigentlich rundum gelungene Fahrerlebnis am Ende unnötig stressig macht.
Reiselimousine mit Premium-Attitüde
Das Auto begrüßt den Insassen freundlich über das Infotainmentsystem, die Sitzgeometrie ist detailliert elektrisch auf die eigene Körperform hin optimiert und ohne weitere Umstände geht es kraftvoll und zügig voran. Zwar gibt es noch einen klassischen Startknopf, drücken braucht man diesen aber nicht mehr. Das Auto ahnt im Voraus, was es tun soll. Anders als bei manchen – chinesischen – Herstellern wirkt das alles nicht bevormundend, sondern service-orientiert und zuvorkommend. Hier soll der Kunde spüren und akzeptieren, dass er den nicht ganz unerheblichen Premium-Aufschlag für die vier Ringe gezahlt hat.

Der Innenraum ist edel, wirkt aber etwas überladen.
Wohnliches Cockpit, souveränes Fahrverhalten
Wohnlich und schick geht es ebenfalls zu im Cockpit. Das Klavierlack-Plastik in der Mittelkonsole mag immer noch nicht jedermanns Geschmack sein, insgesamt kann sich das Ambiente aber sehen und fühlen lassen. Selbst wenn Audi nicht mehr einsamer Interieur-Champion sein sollte - in der Spitzengruppe sind die Bayern auf jeden Fall immer noch zu Hause. Auch beim Fahren wird der A6 den eigenen Ansprüchen gerecht: Die Insassen sitzen tief und sportlich, das Luftfahrwerk hält die fast fünf Meter lange und mehr als zwei Meter breite Limousine immer sauber in der Waage und schluckt gleichzeitig jede Unebenheit im Straßenbelag weg. Die Lenkung ist leichtgängig, vermittelt aber jederzeit Präzision und Kontrolle. Der A6 E-Tron ist eine Reiselimousine, wie man sie sich wünscht – für die Autobahn genauso wie für den Bergpass. Bequem, agil und richtig leise.
Reichweitenangst made in Ingolstadt
Die klassischen Tugenden der automobilen Business-Class erfüllt Audi also, wie zu erwarten war, mit links. Auch die elektrischen Fähigkeiten sind stark – so viel sei schon verraten. Trotzdem fremdeln die Ingolstädter mit der automobilen Neuzeit offenbar noch ein wenig, wie sich nach einigen hundert Kilometern Fahrt schließlich zeigt. Fällt der Akku-Füllstand nämlich unter die 20-Prozent-Marke, schaltet das Auto in eine Art Panik-Modus: Der Fahrer erhält eine alarmierende Warnung, der Stromvorrat gehe zur Neige. Gleichzeitig schaltet das Zentralinstrument auf eine Art Notbeleuchtung und zeigt nur noch die elementarsten Informationen an, während der Bordcomputer einem nahelegt, nun doch nur noch im Öko-Modus zu fahren. Wer E-Mobilität nicht gewohnt ist, könnte sich davon leicht anstecken lassen. Und völlig ohne Not in die überwunden geglaubte Reichweitenangst zurückfallen, die offenbar zumindest bei den Audi-Ingenieuren noch tief im Magen sitzt.

Neben dem Sportback gibt es einen Kombi sowie die Sportvariante S6 E-Tron.
Viel Akku, wenig Verbrauch, hoher Komfort
Dabei ist der A6 E-Tron wohl eines der Autos, bei denen man jegliche Angst liegenzubleiben, getrost über Bord werfen kann. Der Akku zählt zu den größten aktuell montierten, fasst 100 kWh, von denen knapp 95 nutzbar sind. Nach Norm reicht das für 756 Kilometer Fahrt und selbst nach dauerhafter Autobahntour prognostiziert der intelligente Reichweitenassistent nach der Vollladung nie weniger als 500 Kilometer Reisefreiheit. Das entspricht einem Verbrauch von rund 20 kWh pro 100 Kilometern, den man mit angepasster Fahrweise aber deutlich drücken kann. Wer allein im Auto sitzt, nicht weit oberhalb der Richtgeschwindigkeit fährt und nicht allzu viel Gepäck dabeihat, kommt bei gemäßigten Temperaturen auch mit 16 bis 17 kWh pro 100 Kilometer aus und kommt dann auch 600 Kilometer weit, bei höherem Stadt- oder Landstraßenanteil noch weiter.
Schnellladen mit 270 kW: Audi kann DC
Der Verbrauch ist aber für die Langstreckentauglichkeit gar nicht das Entscheidende: Was den A6 zum sehr guten Reise-Stromer macht, ist die hohe Ladegeschwindigkeit. Dank des 800-Volt-Batterisystems sind nominell 270 kW Leistung an der Steckdose möglich, was in der Praxis zwar nur kurzzeitig oder annähernd erreicht wird, aber immer noch für eine Vollladung (80 Prozent) in rund 20 Minuten ausreicht.
Ladeplanung funktioniert, aber das Auto bleibt nervös
Panik ist auch deswegen gänzlich unnötig, weil das Navigationssystem trotz teils etwas zu komplizierter Bedienung eine durchaus taugliche Ladeplanung leistet, zahlreiche hilfreiche Informationen zum nächsten Ladepark gibt und bei der Anfahrt an die Säule automatisch die Vorkonditionierung startet. Das ganze System aus Akku, Batteriemanagement und Ladeplanung greift mittlerweile sauber und relativ nahtlos ineinander, dass man sich als Fahrer eigentlich komplett auf das Fahren konzentrieren könnte, anstatt sorgenvoll auf Reichweitenanzeige und Steckdosen-Verzeichnis zu blicken.

Hinten leuchtet der Audi in voller Bandbreite.
Alltagstauglich, aber nicht perfekt
Dass das Auto nicht genauso entspannt ist, verwundert, stört aber nur die ersten Male ernsthaft. Später bleibt man einfach ruhig und fährt die auch bei Alarm noch locker möglichen 100+x Kilometer, bevor man entspannt an der Stromquelle einstöpselt. Denn mit 20 Prozent Restreichweite fährt man auf der Langstrecke als erfahrener E-Mobilist eben noch lange nicht an die Steckdose. 10 Prozentpunkte weniger sollten es schon sein, damit sich der Stopp auch wirklich lohnt.
Das mangelnde Selbstbewusstsein des Reichweitenrechners ist eine von nur drei echten Schwächen des A6. Die zweite ist ebenfalls eine ungewöhnliche: Denn die Tür der Limousine schwingt beim Öffnen so weit auf, dass man ihren unterdimensionierten Zuziehgriff vom Fahrersitz aus kaum mehr erreicht. Lästig, aber am Ende eine lässliche Sünde.
Preis und Details: Oberklasse hat ihren Preis
Etwas schwerer wiegt das sehr gehobene Preisniveau. 52.773 Euro (alle Preise netto) kostet das günstigste Modell mit Hinterradantrieb und kleiner Batterie. Die gefahrene "Performance"-Ausführung mit großem Akku und einem Motor steht bereits mit 63.529 Euro in der Liste. Wer Allradantrieb will, muss 67.059 Euro investieren. Dazu kommen locker noch einmal 8.403 bis 16.807 Euro an Ausstattung, denn die Basis ist in dieser Hinsicht eher mager bestückt.
Audi A6 Sportback E-Tron Performance – Technische Daten
Fünftürige, fünfsitzige Schräghecklimousine der oberen Mittelklasse; Länge: 4,93 Meter (mit Seitenspiegeln 2,14 Meter), Breite: 1,92 Meter, Höhe: 1,49 Meter, Radstand: 2,95 Meter, Kofferraumvolumen: 502-1.330 Liter, Frunk: 27 Liter
E-Motor mit 367 PS, Drehmoment: 565 Nm, 0-100 km/h: 5,4 s, Vmax: 210 km/h, Verbrauch: 17,0-14,0 kWh/100 km, Akkugröße: 94,9 kWh, Reichweite: 756 km (WLTP), Ladeleistung: 270 kW (DC), 11 kW (AC), Testverbrauch: 18 kWh/100 km, Preis: ab 63.529 Euro.
Kurzcharakteristik
Warum: komfortabel, dynamisch, effizient und schnell beim DC-Laden
Warum nicht: teils komplexe Bedienung, hoher Preis