Flexis-Chef Kunkat: E-Transporter für die Zukunft

Interview mit Flexis-Chef Kunkat
E-Transporter mit KI-Integration

Flexis bringt drei neue Elektrotransporter auf SDV-Basis für urbane Logistik auf den Markt. Deutschlandchef Andreas Kunkat über Marktpotenzial, Aftersales-Strategie und erste Kundenfahrzeuge ab 2026.

Andreas Kunkat
Foto: Flexis

Der urbane Lieferverkehr wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Flexis, das Joint Venture der Renault Group, Volvo Group und CMA CGM Group, stellt jetzt eine neue elektrische Fahrzeugflotte vor, die viele Probleme lösen könnte. Die Vernetzung mithilfe von künstlicher Intelligenz soll dabei helfen. Wir fragten Andreas Kunkat, Deutschland-Chef des Unternehmens, nach Details.

Flexis bringt eine neue Generation von elektrischen Transportern auf den Markt. Warum sollten sich Flottenbetreiber dafür entscheiden?

Wir gehen einen Schritt weiter als herkömmliche Hersteller und spezialisieren uns vollständig auf die urbane Logistik. Das Besondere an unserer Strategie ist, dass wir unsere Fahrzeuge von Grund auf als rein elektrische Plattform neu denken. Unsere Lieferfahrzeuge basieren auf einer ultraflachen Skateboard-Architektur, die ein Maximum an Ladevolumen und Nutzlast ermöglicht. Sie ist so robust konzipiert, dass kein Unterbaurahmen zur Stabilisierung möglicher Kofferaufbauten benötigt wird. Das spart nicht nur Gewicht und Kosten, sondert verbessert auch noch die Effizienz.

Darüber hinaus bieten unsere elektrischen Fahrzeuge eine umweltfreundliche Alternative, die den CO₂-Fußabdruck im Vergleich zu Dieselmodellen um 60 Prozent reduziert. Dabei vereinen sie eine hohe Reichweite mit energieeffizientem Betrieb und sehr kurzen Ladezeiten (800V = in 20 Minuten auf 80 Prozent). Und das, ohne Kompromisse bei Leistung und Fahrkomfort einzugehen. Unsere Fahrzeuge sind vollständig für den Stadteinsatz optimiert – sie sind etwa 0,80 bis 1 Meter kürzer als vergleichbare Lieferfahrzeuge mit Verbrennungsmotor, verfügen über den Wendekreis eines Kleinwagens von nur 10,30 Metern und sind zu 100 % vernetzt. Damit bieten sie entscheidende Vorteile gegenüber gängigen Alternativen in diesem Segment. Flottenmanager erhalten eine voll adaptierbare Lösung, die ab Werk einsatzbereit ist – ganz ohne kostspielige Umbauten. Wir machen also dort weiter, wo andere Hersteller aufhören.

Sie setzen auf eine Software-Defined-Vehicle-Architektur (SDV). Welche Vorteile bietet Ihre Plattform?

Wir setzen auf Software-Defined Vehicles (SDV), das bedeutet unsere Fahrzeuge lassen sich am besten als ‚Smartphones auf Rädern‘ beschreiben – voll vernetzt, hochflexibel und speziell für die Anforderungen urbaner Gewerbetreibender konzipiert. Die gesamte E/E-Architektur basiert auf einem offenen Android-System, das Entwicklern die Möglichkeit bietet, neue Anwendungen und digitale Services, von Flottenmanagement-Tools bis hin zu Telematiklösungen, direkt ins Fahrzeug zu integrieren. Und zwar ohne zusätzliche Hardware. Dadurch wird das Fahrzeug zum perfekten Arbeitsplatz für ihre Zusteller und zur zentralen Steuerungsplattform für das Flottenmanagement.

Für Unternehmen bedeutet das: Fahrer benötigen keine separaten Geräte mehr, weil alle relevanten Funktionen – von der Tourenplanung über das Fahrermanagement bis hin zur Überwachung und Steuerung von Kühleinheiten (z.B. bei Pharmatransporten) – direkt über das Fahrzeugsystem laufen. Alle Lösungen, wie z.B. ein Kühlsystem, sind direkt ins Fahrzeug integriert und mit dessen Steuerung verbunden.

Diese Offenheit ist entscheidend für die Zukunft des Flottenmanagements. Neue Anwendungen lassen sich flexibel einbinden, sodass Unternehmen ihre Flotten kontinuierlich optimieren können. Gerade in einem komplexen, idealerweise vernetzten Ökosystem, in dem viele relevante Daten intelligent verknüpft werden, ermöglicht unsere Architektur eine signifikante Effizienzsteigerung.

Die ersten Kundenfahrzeuge sollen ungefähr Mitte 2026 ausgeliefert werden. Wie schätzen Sie künftige Marktanteile in Deutschland ein?

Flexis befindet sich aktuell in der Industrialisierungs- und Pre-Kommerzialisierungsphase. Die Produktion wird im Renault-Werk Sandouville erfolgen, wo wir für die Umbauten eine eigene Produktionsstraße haben. Die ersten Fahrzeuge werden Mitte 2026 ausgeliefert – beginnend mit dem Panel Van, gefolgt von unserer Cargo-Version und unserem Step-In Van.

Bereits jetzt verzeichnen wir großes Interesse aus der Branche: Wir haben rund zehn Absichtserklärungen von großen Unternehmen erhalten, die ein potenzielles Volumen von bis zu 15.000 Fahrzeugen über drei Jahre umfassen. Gleichzeitig sprechen wir aktiv potenzielle Kunden an und freuen uns über jede Kontaktaufnahme von Interessenten, um unsere Fahrzeuge – sowohl im Umbau als auch in der technischen Entwicklung – optimal auf die spezifischen Anforderungen verschiedener Branchen wie Paket-, Waren- und Kühltransporte in der urbanen Logistik anzupassen. Unsere Strategie setzt auf eine hohe Skalierbarkeit, um in den kommenden Jahren einen relevanten Marktanteil bei den Neuzulassungen in Deutschland zu erreichen.

Welche Rolle spielt das Aftersales-Geschäft?

Ein entscheidender Faktor für unseren Erfolg ist unser starkes Aftersales-Netzwerk. Hier profitieren wir von unserer Partnerschaft mit Renault und Volvo Trucks, sodass unsere Kunden von einem etablierten und weitreichenden Servicenetz profitieren. Das sichert nicht nur eine hohe Fahrzeugverfügbarkeit, sondern reduziert auch Betriebskosten und Ausfallzeiten – ein entscheidender Vorteil für Flottenbetreiber.

Hintergrund zum "Delivery Button"

Der Step-in-Van soll die Paketzustellung mit dem Delivery Button revolutionieren. Nach Unternehmensangaben aktiviert ein einziger Knopfdruck eine Reihe von Sicherheits- und Effizienzmaßnahmen: Die Handbremse wird angezogen, die Warnblinkanlage eingeschaltet und die Schiebetür zwischen Cockpit und Laderaum öffnet sich, sodass der Fahrer direkt in den Laderaum gelangen kann, ohne das Fahrzeug verlassen zu müssen.

Nach Entnahme des Pakets öffnet sich automatisch die rechte Schiebetür, und der Fahrer kann sicher über die seitlichen Trittstufen aussteigen. Anschließend verriegeln sich alle Außentüren automatisch, während die Außenbeleuchtung für bessere Sichtbarkeit sorgt. Ein integrierter Radarsensor erkennt bewegliche Objekte auf dem Gehweg, um ein gefahrloses Verlassen des Fahrzeugs zu gewährleisten. Gleichzeitig erhält der Empfänger eine Benachrichtigung über die bevorstehende Lieferung.