Connected Cars: Was Flotten 2026 wirklich erwartet

Vernetzte Fahrzeuge verändern die Flottensteuerung
Connected Cars im Check: Chancen und Grenzen

Connected Cars gelten als Schlüssel für effiziente Fuhrparks. Auf der NaKoBeMo zeigen DAT-Experten, wie groß die Unterschiede zwischen OEM-Daten, Datenschutz, Aktivierung und realem Nutzen noch sind.

Digitale Vernetzungs- und Datensymbole über einer Fahrzeugcockpitansicht, die die Übertragung und Nutzung von Fahrzeugdaten darstellen.
Foto: metamorworks-GettyImagesPro@viaCanva

Viel Versprechen, wenig Klarheit? Connected Cars im Realitätscheck

Connected Cars gelten als das nächste große Versprechen der Fuhrparksteuerung: mehr Transparenz, weniger Aufwand, sinkende Kosten. Doch wie viel davon ist tatsächlich erreichbar – und wo entstehen neue Hürden? Die digitale Vernetzung der Fahrzeuge wächst rasant, gleichzeitig bleiben Datenlücken, Aktivierungsprobleme und Datenschutzfragen zentrale Stolpersteine. Auf der Nationalen Konferenz für betriebliche Mobilität (NaKoBeMo) in Heidelberg gaben Yannick-Niklas Lober und Javier Seeling von der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) einen Einblick in den tatsächlichen Reifegrad der Technologie. Ihre Präsentation „Connected Cars – Fakten, Mythen, Aha-Momente“ zeigte, wie stark Anspruch und Realität noch auseinanderliegen.

Kilometerstände & Wartung: Wie Live-Daten die Flottenpraxis verändern

Eines der vielversprechendsten Einsatzfelder vernetzter Fahrzeuge ist die automatische Übermittlung von Kilometerständen und Wartungsinformationen. Für Flotten könnte das erhebliche Effizienzgewinne bedeuten: weniger manuelle Ablesung, präzisere Vertragssteuerung und frühzeitige Reaktion auf Laufleistungsabweichungen. Die DAT verweist darauf, dass diese Abweichungen häufiger auftreten, als viele Fuhrparkmanager vermuten – und teure Mehrkilometerkosten nach sich ziehen können. Auch die Werkstattplanung profitiert. Warnmeldungen zu Batterie, Bremsen oder Motorproblemen werden automatisiert übermittelt, wodurch Standzeiten reduziert werden. Gerade in einer Situation, in der viele Kunden über zwei Wochen auf einen Werkstatttermin warten müssen, ist das ein praktischer Vorteil.

Mythos Datenfülle: Warum OEMs nicht dieselben Informationen liefern

Die verbreitete Annahme, alle Hersteller stellten identische Datensätze in hoher Qualität bereit, entkräfteten Lober und Seeling mit einem Blick auf die Praxis. Die Datenlandschaft ist fragmentiert: Während einige Hersteller umfangreiche Detaildaten liefern, beschränken sich andere auf Basisinformationen wie Kilometerstand oder Tankfüllung. Verbrauchswerte, Ladeverläufe oder diagnostische Parameter fehlen teilweise komplett. Dass diese Unterschiede so deutlich ausfallen, überraschte viele Teilnehmende. Die DAT betont jedoch, dass sich diese Lücken perspektivisch schließen werden, da OEMs zunehmend standardisierte Schnittstellen einführen.

Yannick-Niklas Lober und Javier Seeling von der DAT präsentieren auf der Nakobemo einen Vortrag zu Connected Cars vor Teilnehmenden.
BBM

Yannick-Niklas Lober (r.) und Javier Seeling von der Deutschen Automobil Treuhand GmbH stellten auf der Nakobemo ihre Analyse zu Connected Cars vor. Die Präsentation zeigte Chancen, Grenzen und aktuelle Datenlücken.

Standardisierung: eine Datenquelle statt 20 OEM-Portale

Für Flotten mit gemischten Marken ist Datenintegration häufig ein Kraftakt. Unterschiedliche Datenformate, Portale und Übertragungslogiken erschweren die Nutzung vernetzter Fahrzeugdaten. Die DAT-Plattform High Mobility adressiert dieses Problem, indem sie herstellerspezifische Schnittstellen in ein einheitliches Datenmodell übersetzt. Dadurch können Flotten erstmals markenübergreifend mit konsistenten Live-Daten arbeiten. Für die Praxis bedeutet das eine schnellere Integrationen, weniger Fehlerquellen und eine bessere Grundlage für Reporting, Wartungsplanung und prognostische Analysen.

Aktivierung dauert länger als gedacht

Ein weiterer Irrtum der Branche besteht in der Erwartung, dass Fahrzeuge unmittelbar nach Vertragsabschluss Daten senden. Die Praxis zeigt ein anderes Bild: Aktivierungszeiten unterscheiden sich je nach Hersteller teils erheblich. Manche Fahrzeuge liefern bereits nach Minuten Live-Daten, andere benötigen mehrere Fahrten, Portalfreigaben oder zusätzliche Authentifizierungsschritte. Diese Verzögerungen haben sehr konkrete Auswirkungen auf Flottensteuerung und Vertragsmonitoring. Für Fuhrparkmanager bedeutet das: Rollouts müssen sorgfältig geplant werden, damit Datenlücken nicht operative Prozesse beeinflussen.

Connected Cars funktionieren nicht ohne Einwilligung

Bei allen Vorteilen darf ein Aspekt nicht unterschätzt werden: Fahrzeugdaten sind in der Regel personenbezogene Informationen und unterliegen damit der DSGVO. Lober und Seeling machten deutlich, dass Einwilligungsprozesse zwingend erforderlich sind. Sie empfehlen eine klare Zweckdefinition, transparente Kommunikation gegenüber Dienstwagennutzenden und eine vertragliche Absicherung – etwa in Überlassungs- oder Mietverträgen. Beispiele aus der Praxis, etwa von FINN oder Carvolution, zeigen, dass dies gut funktioniert, wenn frühzeitig in die Gestaltung der Prozesse investiert wird.

Kostenvergleich: OEM-Daten sind nicht automatisch teurer

In vielen Fuhrparks hält sich die Annahme, OEM-Live-Daten seien grundsätzlich kostspieliger als OBD-Stecker. Die DAT räumt auch hier auf: Beide Ansätze bewegen sich häufig im gleichen Preisbereich – nur auf unterschiedlichen Kostenseiten. Während Hardwarelösungen Installations- und Materialkosten verursachen, fallen bei OEM-Daten Gebühren für den Abruf an. Entscheidend ist daher weniger die Kostenfrage, sondern die gewünschte Datenqualität und Integrationstiefe.

Wie Dashboards die Fuhrparksteuerung verändern

Die abschließenden Dashboard-Beispiele der Präsentation zeigten, wie stark vernetzte Fahrzeugdaten den Arbeitsalltag von Fuhrparkmanagern verändern können. Echtzeitwarnungen, präzise Serviceprognosen, Verbrauchs- und Ladeanalysen sowie Standortinformationen bilden ein Gesamtbild, das erstmals proaktive statt reaktiver Steuerung ermöglicht. Die Vorteile reichen von besserer Restwertplanung über weniger Ausfälle bis hin zu transparenteren Kostenstrukturen.

Connected Cars sind Zukunft – aber kein Selbstläufer

Die Nakobemo-Präsentation machte deutlich, dass Connected Cars weit mehr sind als ein technisches Feature. Sie entwickeln sich zu einem strategischen Instrument der Unternehmensmobilität. Bis Ende 2025 wird nahezu die Hälfte aller Pkw und Transporter in Europa vernetzt sein – doch Transparenz entsteht nur dort, wo Organisationen Daten verstehen, integrieren und rechtlich sauber einbetten. Für Fuhrparkmanager bedeutet das: Die digitale Zukunft ist greifbar, aber sie erfordert klare Prozesse, verlässliche Datenquellen und ein realistisches Verständnis der technischen Möglichkeiten.