Werkstattketten, Versicherer und Fuhrparkmanager blicken derzeit gespannt auf den neuesten Coup der HUK-Coburg: Die geplante mehrheitliche Übernahme der Pitstop-Werkstätten könnte den Markt erheblich durcheinanderwirbeln. Die Versicherungsgesellschaft wäre in der Lage, einen beachtlichen Teil der Wertschöpfung zu kontrollieren und die Stellung als Branchenprimus rund ums Auto weiter zu festigen. Doch welche Auswirkungen sind durch den Deal für Versicherungskunden zu erwarten? Schließlich sorgt das Thema steigender Kfz-Versicherungskosten seit Monaten für Unsicherheit.
Gamechanger für Reparatur- und Versicherungskonditionen
Wird die strategische Übernahme zum Gamechanger für Reparatur- und Versicherungskonditionen? Und wie beeinflussen Synergien zwischen Werkstatt- und Versicherungswelt das Tagesgeschäft von Fuhrparkverantwortlichen? Im Interview mit firmenauto wagt Branchenexperte Thomas Zwack vom Beratungshaus Advyce & Company erste Prognosen und liefert Antworten für alle, die bei steigenden Kfz-Kosten den Überblick behalten wollen.
1. Welche Auswirkungen könnte die geplante Übernahme von Pitstop durch die HUK-Coburg auf die Kostenstrukturen von Unternehmensfuhrparks haben?
Kurz- und mittelfristig sehe ich aufgrund der Übernahme keine bemerkenswerten Auswirkungen auf Unternehmensfuhrparks speziell durch diese Maßnahme. Die HUK Coburg, wie auch andere Versicherungsunternehmen, setzt seit vielen Jahren bereits auf Partnerschaften mit Kfz-Werkstätten, um Reparaturkosten dauerhaft und signifikant zu senken und die Abwicklung im Schadenfall zu straffen. Durch Werkstattbindungstarife lassen sich schon heute die Beiträge für Versicherungen senken. Durch die Übernahme von Pitstop sind nun Werkstattleistungen für die HUK nicht mehr nur durch eine Partnerschaft geregelt, sondern sind nun elementarer Baustein der Wertschöpfungskette des Versicherers. Langfristig sollte hier aber mit einer deutlichen Verbesserung des Dienstleistungsangebots und attraktiveren Prämien gerechnet werden.
2. Wie schätzen Sie die Synergieeffekte dieser Übernahme ein?
Ich gehe davon aus, dass sich in Zukunft immer mehr Versicherer ihren Platz im Ökosystem "Mobilität" sichern und weiter ausbauen. Neben Partnerschaften mit Werkstätten sind aber auch der Zukauf durch weitere Player denkbar, wie wir an der Übernahme von Pitstop durch die HUK-Coburg gerade sehen. Fuhrparkmanager profitieren in einem sogenannten Werkstattbindungstarif im idealen Fall schon heute von einem "Rundum-sorglos-Paket", bei dem die Versicherung die gesamte Abwicklung mit der Werkstatt übernimmt. Dies kann die Kundenzufriedenheit und -loyalität steigern. Auch Zusatzleistungen, wie eine Innenreinigung, Hol- und Bringservice oder ein Ersatzfahrzeug für die Dauer der Reparatur werden oftmals angeboten. Perspektivisch wird dieses Dienstleistungsangebot wahrscheinlich noch deutlich erweitert – Wartung, Inspektion, Wintercheck, etc. – und kann den Fuhrparkmanager auch durch eine vereinfachte Abwicklung deutlich entlasten.
3. Sehen Sie die Gefahr, dass durch eine stärkere Marktkontrolle der Versicherer langfristig auch Fuhrparkversicherungen teurer werden könnten?
Es gibt in Deutschland über 40.000 Kfz-Werkstätten, die sich in markengebundene Vertragswerkstätten und freie Werkstätten aufteilen lassen. Von einer Marktkontrolle der Versicherungen sind wir insofern noch sehr weit entfernt.
4. Welche Strategien können Unternehmen mit großen Fuhrparks verfolgen, um sich gegen steigende Kfz-Versicherungsprämien abzusichern?
Grundsätzlich lohnt immer ein jährlicher Preisvergleich oder eine Nachverhandlung mit dem bestehenden Versicherer bei einer zufriedenstellenden Schadenquote des Fuhrparks. Man sollte, je nach individuellen Anforderungen an den Fuhrpark, über Telematiktarife und höhere Selbstbehalte nachdenken. Auch die jährliche Kilometerleistung ist ein typisches tarifrelevantes Merkmal einer Versicherung. Ein Tausch der Fahrzeuge von Viel- mit Wenigfahrern kann hier Ersparnisse bringen. Bei der Neuanschaffung von Fahrzeugen lohnt sich vorab ein Blick auf die Typklasse des Fahrzeugs.
5. Glauben Sie, dass die Übernahme von Pitstop als Modell für andere Versicherer dient?
Die HUK Coburg war ein Pionier bei der Kooperation mit Werkstätten und ist ebenso bereits im Autohandel aktiv. Durch den Kauf von Pitstop erhöht die HUK die Schlagzahl bei der Suche nach innovativen Wachstumstreibern für die Versicherungswirtschaft. Ich gehe nicht davon aus, dass die Übernahme von Pitstop ein einmaliges und isoliertes Vorhaben war. Andere große Versicherer werden möglicherweise nachziehen, für mittelgroße und kleinere Versicherer besteht die Möglichkeit sich anderen Versicherern anzuschließen und bzw. deren Werkstattnetze zu nutzen. Fuhrparkmanager werden perspektivisch hoffentlich durch das erweiterte Dienstleistungsangebot im Sinne von attraktiveren Prämien und einer schnellen Abwicklung im Schadenfall aus einer Hand profitieren. Auch Zusatzdienstleistungen, wie etwa Wartung und Inspektion, könnten zukünftig über den Versicherer beauftragt werden.