Ein Spoiler abgerissen, der Lack verkratzt oder ein Spiegel verbogen – Schäden nach dem Besuch einer Waschanlage sorgen regelmäßig für Ärger. Und oft auch für Diskussionen darüber, wer eigentlich haftet. Mit einem neuen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt klargestellt: Die Betreiber haften – wenn das Auto im serienmäßigen Zustand ist. Hinweise auf AGB oder Haftungsausschlüsse gelten dann nicht mehr pauschal. Für Autofahrer – und auch für Fuhrparks – ist das ein wichtiger Schritt.
Der Fall: Spoiler in der Waschanlage abgerissen
Ausgangspunkt des Urteils war ein Fall aus Ibbenbüren. Ein Autofahrer wollte seinen SUV reinigen lassen. Während der automatisierten Wäsche riss eine Bürste den Heckspoiler vom Fahrzeug ab – obwohl dieser Teil zur Serienausstattung gehörte und fest verbaut war. Der Kunde forderte Schadenersatz, rund 3.200 Euro. Der Betreiber lehnte ab, verwies auf seine AGB und ein Hinweisschild. Es kam zur Klage.
Wechselnde Urteile – bis zum BGH
In erster Instanz bekam der Autofahrer recht, vor dem Landgericht verlor er. Erst der Bundesgerichtshof entschied endgültig: Der Betreiber muss den Schaden ersetzen. Denn der Unfall sei im sogenannten „Obhuts- und Gefahrenbereich“ der Waschanlage entstanden. Die Verantwortung liege bei dem, der die Anlage betreibt – nicht beim Kunden, der ein serienmäßig gebautes Auto einwandfrei genutzt habe.
Was der BGH konkret entschieden hat
Der Vertrag über eine Autowäsche umfasst laut Urteil nicht nur die Reinigung des Fahrzeugs. Der Betreiber ist auch verpflichtet, das Fahrzeug während des Waschvorgangs vor Schäden zu bewahren. Das gehört zu seinen sogenannten Nebenpflichten. Vereinfacht gesagt: Wer eine Anlage betreibt, muss auch sicherstellen, dass marktübliche Autos mit serienmäßiger Ausstattung gefahrlos durch die Anlage kommen.
Betreiber tragen das technische Risiko
Besonders relevant: Auch wenn die Waschanlage technisch ordnungsgemäß funktioniert, haftet der Betreiber, wenn die Konstruktion für manche Fahrzeugtypen ungeeignet ist. Im verhandelten Fall war genau das passiert – die Anlage war für den SUV mit Spoiler schlicht nicht geeignet. Und das hätte der Betreiber im Zweifel vorher prüfen müssen.
AGB oder Schilder reichen nicht mehr aus
Hinweisschilder mit Formulierungen wie „Benutzung auf eigene Gefahr“ oder AGB mit Haftungsausschlüssen sind laut BGH nicht ausreichend, um sich pauschal aus der Verantwortung zu ziehen. Entscheidend ist, ob der Schaden im Einflussbereich der Anlage entstanden ist – und ob das Fahrzeug den üblichen Anforderungen entspricht.
Was bedeutet das für Fuhrparks?
Für Fuhrparkleiter bringt das Urteil mehr Klarheit – und ein Stück Rechtssicherheit. Entstehen Schäden in einer Waschanlage an Fahrzeugen ohne Umbauten oder Sonderteile, stehen die Chancen auf Ersatz gut. Wichtig: Dokumentation und Nachweise, etwa durch Fotos oder Zeugen, bleiben entscheidend.
ADAC: Nur Serienausstattung ist abgesichert
Trotz der Entscheidung empfiehlt der ADAC Vorsicht. Nur bei serienmäßiger Ausstattung greift die Haftung. Wer Anbauten montiert hat – etwa eine andere Antenne, Dachbox oder Radträger – sollte vorab beim Waschanlagenbetreiber nachfragen, ob die Anlage dafür geeignet ist. Sonst kann es doch teuer werden.
Fazit: Betreiber in der Pflicht, Kunden mit mehr Rechten
Das neue Urteil bringt mehr Verantwortung für Betreiber – aber auch mehr Schutz für Kunden. Vor allem Dienstwagenfahrer und Flottenkunden profitieren davon, dass serienmäßige Fahrzeuge nicht mehr automatisch auf eigene Gefahr durch die Waschstraße rollen. Wichtig bleibt: Schäden dokumentieren, Nachweise sichern – und sich nicht vorschnell mit Verweisen auf AGB abspeisen lassen.