In der Regel zählt im Verkehr nur eine Sache: die Einhaltung der Vorschriften. Aber was ist, wenn das Leben plötzlich völlig andere Absichten trifft? Im Straßenverkehr treten gelegentlich Situationen auf, die alle Regeln infrage stellen, sei es durch unvorhersehbaren Durchfall, einen dringenden Weg ins Krankenhaus oder die panische Sorge um das geliebte Haustier. Aber ist dies genug, um mit einem "Notfall" vor Gericht zurechtzukommen? Deutsche Gerichtssäle zeigen, dass die Richter manchmal ein Auge zudrücken, manchmal aber nicht. Hier sind ein paar ungewöhnliche und schwerwiegende Fälle, in denen deutlich wird, wann Geschwindigkeit gelegentlich erlaubt ist und wann sie knallhart bestraft werden muss.
Durchfall als Entschuldigung? Wenn der Gesundheitszustand schon vor der Fahrt bekannt ist
Nicht jede Gesundheitskrise im Auto rechtfertigt eine erhöhte Geschwindigkeit. Ein Urteil des Amtsgerichts Lüdingshausen (Az.: 19 OWi-89 Js 155/14-21/14) verdeutlichte dies in einem Fall, bei dem der Fahrer seine Geschwindigkeitsüberschreitung mit akutem Durchfall erklärte. Das Gericht lehnte die Entschuldigung ab, da der Fahrer sein Magen-Darm-Leiden schon vor Fahrtbeginn kannte. Das Gericht befand, dass er seine Fahrt hätte verschieben oder Umwege einplanen müssen. Diese Entscheidung macht deutlich: Wer gesundheitliche Beschwerden vor der Fahrt kennt, sollte die Verkehrssicherheit entsprechend berücksichtigen und Alternativen erwägen.
Schwangerschaft als Ausnahmefall: Wenn das Wohl der Mutter gefährdet ist
Eine hohe Geschwindigkeit im Notfall kann gerechtfertigt sein, besonders bei medizinischen Notlagen während einer Schwangerschaft. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az.: 2 Ss 33/01) entschied im Mai 2002 zugunsten eines Vaters, der das Tempolimit überschritt, um zu seiner schwangeren Frau zu gelangen, die bereits eine komplizierte Frühgeburt hinter sich hatte. Das Gericht wertete das Wohl der Mutter und des ungeborenen Kindes höher als die Verkehrsregeln. Anders sah es jedoch das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 5 Ss OWi 493/08), das den Notstand verneinte, da die Schwangere bereits im Krankenhaus und medizinisch versorgt war. Das Urteil zeigt: Ohne akute Bedrohung reicht allein die Sorge um eine Schwangere nicht als Entschuldigung für eine Geschwindigkeitsüberschreitung aus.
Tiere im Notfall kein Grund für Tempoüberschreitungen
Auch wenn Haustiere oft Familienmitgliedern gleichgesetzt werden, sehen Gerichte das anders, wenn es um die Sicherheit im Straßenverkehr geht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: 2 Ss OWi 97/90) entschied im Fall eines Fahrers, der wegen eines kranken Wellensittichs die Geschwindigkeit überschritt. Der Fahrer berief sich auf den Notstandsparagraphen, doch das Gericht lehnte die Argumentation ab und stellte die Sicherheit des Verkehrs vor das Leben des Tieres. Eine Ausnahme machte das Amtsgericht Koblenz (Az.: 2010 Js 43957/12.34 OWi), das die Buße für eine Hundehalterin reduzierte, die mit ihrem lebensbedrohlich erkrankten Rettungshund zu ihrem Tierarzt fuhr und das Tempolimit um 28 km/h überschritt. Hier erkannte das Gericht die besondere Stresssituation an, reduzierte aber lediglich die Strafe.