Test Ganzjahresreifen für die Golf-Klasse Für jedes Wetter

Sommerreifentest 2017 Foto: Dino_Eisele

Die Winter milder, das Reifenmanagement teurer: Für Fuhrparkbetreiber spricht vieles dafür, statt Winterund Sommerreifen ganzjährig einsetzbare Allseasons zu nutzen. Sieben Allwetterreifen im direkten Vergleich.

Allwetterreifen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Rund 16 Prozent aller verkauften Neureifen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zählen bereits zu den Allseasons. Zulasten der Winterreifen? Nein, denn die Spezialisten halten immer noch rund 50 Prozent Marktanteil. Der Anteil der Sommerreifen ging jedoch auf 34 Prozent zurück. Das liegt gewiss am Klimawandel, aber auch am steigenden Neuwagenabsatz an Flottenbetreiber. Die achten weit mehr auf günstige Betriebskosten als Privatkunden, versuchen, Werkstattaufenthalte zu vermeiden. Da helfen lange Serviceintervalle – und der Einsatz von Allwetterreifen. Allerdings reichen diese bei Performance und Sicherheit nicht an Sommer- und Winterreifen in ihren Spezialdisziplinen heran.

Reifen alle Foto: ETM

Allwetterreifen sind echten Sommer- und Winterprofis in ihren Spezialdisziplinen eindeutig unterlegen. Könnte es aber sein, dass ein etwas größeres Format zumindest einige der prinzipiellen Allseason-Nachteile ausgleicht? Wir stellen gegen einen Winterreifen und einen Sommerreifen in der für die Golf-Klasse gern genutzten Größe 205/55 R 16 sieben Allwetterreifen im beliebten Breitformat 225/45 R 17. Das passt außer auf die Kompakten des VW-Konzerns auch auf viele weitere Kompaktautos wie BMW 1er oder Mercedes CLA. Bei den beiden Referenzreifen aus dem Sommer- und Winterregal, die natürlich außer Wertung mitgetestet werden, fällt die Wahl auf die Testsiegermarke des Vorjahres und damit auf den Conti Winter Contact TS 860 sowie den Sommerreifen Conti Premium Contact 5. Finnland, Ende Februar. Hier, weit nördlich des Polarkreises, sollen die Allwetterreifen zeigen, ob sie an die Leistung des schmaleren Winterreifens heranreichen. Sie können, denn nach Tagen intensiver Mess- und Testfahrten steht fest: In den Disziplinen Traktion, Schneebremsen, Seitenführung und Handling sind die besten Reifen in Einzeldisziplinen fast gleichauf, die schlechtesten allerdings ganze 20 Prozent schwächer als der Winterreifen. Als bester Allseason auf Schnee fährt der neue Conti nach vorn, mit etwas Abstand folgen die Pneus von Goodyear und Nexen, dann Nokian gleichauf mit Toyo. Michelin und Vredestein fallen mit deutlichen Defiziten zurück. Der beste Allseason im Winter? Mit Abstand der neue Conti Allseason Contact!

Winterreifentest 2018 Foto: Ingolf Pompe
Neun verschiedene Reifensätze werden für den Allwetterreitentest genutzt.

Weiche Mischungen haben im Winter Vorteile

Dann müssen die Allseasons auf bewässerten Strecken ran. Sicheres Bremsen auf nasskalten Straßen ist äußerst sicherheitsrelevant. Der Conti Winter Contact TS 860 kommt nach beeindruckenden 31,8 Metern aus Tempo 80 zum Stehen. Der beste Allwetterreifen, Goodyear Vector, braucht dafür vier Meter mehr. Nur wenig schwächere Verzögerungswerte liefern Michelin, Nexen und Contis Allseason, der auf gleichem Niveau bremst wie der schmalere Sommerreifen. Vredestein und Nokian folgen, der Toyo steht erst nach 39 Metern.Doch Bremsen ist auf Nässe noch lange nicht alles. Ähnliche Bedeutung kommt dem Aquaplaning-Verhalten zu, das wir auf permanent bewässerten Versuchsbahnen in zwei Temperaturbereichen überprüft haben – bei winterlich kalter Nässe wie auch bei sommerlicher Hitze. Besonders sicher sind hier Goodyear, Conti und Nokian, während der Michelin im Queraquaplaning einknickt und der Vredestein schnell in Längsrichtung aufschwimmt. Die beiden schmalen 205er-Vergleichsreifen sind – egal, ob Winter- oder Sommerprofil – im Aquaplaning deutlich besser als Breitreifen, mit denen speziell bei Starkregen, Pfützen und erst recht auf Schneematsch größte Vorsicht geboten ist.

Wie der Handlingtest zeigt, ist man dagegen bei nur regennasser Straße ohne allzu große Aquaplaning-Gefahr mit den guten Allseasons – darunter der dort überragende Michelin, aber auch Goodyear, Nexen und Conti – schneller, sicherer und agiler unterwegs als mit der schmalen Sommer- oder Winterdimension. Nur Nokian, Vredestein und Toyo scheinen vergleichsweise wasserscheu. Als bester Regenreifen über alle Nassdisziplinen hinweg qualifiziert sich letztlich der Goodyear Vector.

Fahreigenschaften Reifen Foto: ETM

Wer auf trockenem Asphalt vorn liegt

Lassen wir einmal die Umweltkriterien außen vor und schauen zunächst auf Sicherheit und Dynamik. Auch im Trockenen bringt sicheres Bremsen mit kurzen Anhaltewegen die meisten Punkte. Und die hat sich der sommerorientierte Michelin Cross-Climate + redlich ver dient. Mit nur 39,4 Meter Bremsweg aus Tempo 100 kommt er trotz vergleichsweise filigraner Profilierung bis auf 3,7 Meter an die 35,7 Meter des 205er-Sommerreifens heran und liegt so 3,2 Meter vor dem 205er-Winterreifen. Contis Allseason folgt dem vorbildlich bremsenden Michelin mit gut 2,5 Meter Abstand. Knapp dahinter steht Nexen; Vredestein, Nokian und Goodyear müssen sich sogar hinter dem Winterreifen einsortieren. Schlusslicht ist Toyo. Dass der schmale Winterreifen auf dem scharf gefahrenen, trockenen, aber kurvenreichen Handlingkurs bei Durchschnittsgeschwindigkeiten um 120 km/h ins Hintertreffen geraten muss, scheint klar, ist aber nicht so. Mit seinem ausgewogenen Fahrverhalten lässt er die eher nässeoder schneeorientierten Allseasons von Nexen und Nokian hinter sich. Mit den schnellsten Rundenzeiten und sicherem Fahrverhalten dominiert der Vredestein – sogar noch vor dem schmalen Sommerreifen – das Feld. Top sind auch die Allseasons von Michelin, Conti und Toyo. Der Goodyear hingegen scheint etwas von seinen Winterreifengenen gehemmt.

Vredestein und Michelin vorne

Wenn wir noch weitere Kriterien wie Spurwechselsicherheit und Abrollgeräusche hinzunehmen, ergibt sich ein klares Bild: Trockensieger nach Punkten ist der Vredestein Quatrac 5 – sehr knapp vor Michelin. Damit belegt der Test: Allwetterreifen können bei entsprechender Breitenzugabe besonders in einzelnen dynamischen Disziplinen – und selbst auf Schnee – an das Niveau der in diesem Fall schmaler gewählten Spezialisten heranreichen. In besonders sicherheitsrelevanten Disziplinen wie beim Bremsen und beim Aquaplaning sind die schmaleren Winter- oder Sommerspezialisten auch weiterhin klar im Vorteil. Sind Allwetterreifen im Breitformat somit eine Empfehlung? Aber sicher – wenn der Reifen zum vorgesehenen Einsatzgebiet und zum individuellen Anwendungsprofil passt. Welchen also nehmen? Ganz einfach: Liegt das Einsatzgebiet unterhalb von Mittelgebirgen, der Fokus auf besten Nässe-Eigenschaften und nur gelegentlichem Schneekontakt, sind Conti und Goodyear erste Wahl. Pfeift man auf Schnee, weil man etwa im Flachland wohnt und die Allwetterreifen nur möglicher Eventualitäten oder des gesetzlich vorgeschriebenen Winterreifenlogos wegen montieren will, empfehlen sich Vredestein und Michelin als treue und haltbare Begleiter. Für höchstmögliche Sicherheit im Sommer wie im Winter.

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