Test Sommerreifen 225/45 R17 Die besten Reifen für Kompaktwagen

Sommerreifentest, Audi A3, 2018, Pylonen, Rennstrecke Foto: Dino Eisele

16 Zoll sind out bei kompakten Firmenwagen. 17-Zöller versprechen mehr Fahrdynamik. Aber sind sie auch komfortabel und vor allem sicher bei Nässe?

Kleine, aufgeladene Motoren ersetzen großvolumige Aggregate, was Sprit sparen soll. Downsizing gibt’s auch bei Reifen: Schmale Reifen mit höherem Luftdruck rollen leichter und sorgen für niedrigen Kraftstoffverbrauch.

Der Markt aber will von all dem nichts wissen. Schwere SUV liegen im Trend, und die lassen sich mit Mini-Motoren nicht wirklich wirtschaftlich bewegen. Und wenn sie dann mit schmalen Basisreifen vorfahren, ist zwar der budgetbewusste Fuhrparkleiter zufrieden, der User-Chooser aber eher weniger.

Mit dem Größenwachstum der Autos sind auch die Reifen gewachsen. Rollte ein Auto der Golfklasse in den 1980er-Jahren noch auf Reifen der Größe 175/70 R 13, so wird das aktuelle Best­sel­lerformat 205/55 R 16 gerade von 225/45er-Schlappen und 17-Zoll-Felgen abgelöst.

Sommerreifentest 2018 Foto: Dino_Eisele
Nach jedem Testlauf werden die Reifen vermessen und die Ergebnisse protokolliert.

Im Test unserer Kollegen von »auto motor und sport« wollen  zehn Modelle den überragenden Vorjahrestestsieger Michelin Pilot Sport 4 schlagen. Auf trockener Straße wird das nicht einfach: Schon beim Bremstest mit zehn ABS-Vollbremsungen aus Tempo 100 setzt sich der Franzose mit gemittelt nur 34,6 Meter Bremsweg klar an die Spitze. Rund einen Meter später stehen Pirelli, Nokian, Falken, Conti, Goodyear und Vredestein. Cooper, Giti, Toyo und Nankang brauchen über zwei Meter mehr bis zum Stillstand.
In der für Firmenwagen ebenfalls wichtigen Disziplin des Rollwiderstands wird es mit nur durchschnittlichen Leistungen eng für den Michelin. Goodyear, Giti und Nokian rollen leichter, Conti gleichauf, dicht gefolgt von den fast genauso energieeffizienten Falken, Cooper und Pirelli. Vergleichsweise schwer rollt der Nankang ab.

Auch bei der Geräuschmessung des an zwei Messmikrofone mit abgeschaltetem Motor vorbeirollenden Fahrzeugs konnte sich der Michelin nicht ganz an die Spitze setzen. Giti, Nankang, Toyo und Falken sind leiser, als recht laut wurden Pirelli und Conti gemessen. Ist das auch im Innenraum hörbar? Nein, erst recht nicht, wenn das Triebwerk läuft.
Wichtiger, weil sicherheitsrelevant, ist das Fahrverhalten. Hier brennt ebenfalls nicht der Michelin die schnellsten Runden­zeiten in den Asphalt. Das schafft der Conti.
Aber in Sachen Fahrstabilität und Be­herrsch­barkeit zeigt der Michelin eindrücklich, wozu ein Topreifen heute in der Lage ist. Mit starkem Kurvengrip und guter Lenkpräzision fährt außerdem der Continental weit nach vorn, Giti und Vredestein halten im Trockenen Anschluss.

Im Mittelfeld folgen Goodyear, Falken und Pirelli. Cooper und der etwas profilweiche Nokian lassen mit deutlicher Unter­steuerneigung bei nur geringen Sicherheitsdefiziten keine rechte Fahrfreude aufkommen.

Die Bremsleistung wird sehr stark gewichtet

In Summe liegt der Michelin auf trockenem Asphalt klar in Führung. Und das, obwohl er nicht in allen Disziplinen Top­leistungen erreicht. Warum? Weil er mit Abstand am besten bremst. Das ist die Disziplin, auf die Flottenmanager bei ihren Autos besonders viel Wert legen sollten. Deshalb geht sie zu 40 Prozent in die Trockenwertung ein.

Mit gleichem Prozentsatz wird auch das Bremsen auf nasser Fahrbahn gewichtet. Nicht nur, weil die Fahrer gefährliche Verkehrssituationen am effizientesten über eine blitzschnelle Vollbremsung entschärfen, sondern weil auch wichtige ­Sicherheitssysteme wie ABS und ESP über das Abbremsen von Rädern sichere Fahrdynamik garantieren. Das Nassbremsen ist daher die Königsdisziplin bei Rei­fentests. Wer patzt, hat auf vordere Plätze keine Chance.

Sommerreifentest, Audi A3, 2018, Rennstrecke Foto: Dino Eisele
Die Reifen werden auf trockener und auf nasser Fahrbahn getestet.

Wer liegt vorn? Wieder Michelin! Mit den französischen Reifen steht der A3 bei einer Vollbremsung aus Tempo 80 schon nach 30,2 Metern. Michelin markiert so den aktuellen Stand der Technik. Mit Falken, Nokian und Pirelli steht der Audi einen Meter später. Conti, Toyo und Cooper brauchen zwei Meter mehr; drei Meter fordern Goodyear, Giti und Vredestein. Nur der Nankang bremst zu lang. Der Chinese würde am bereits stehenden Michelin-bestückten Audi noch um fast fünf Meter vorbeirutschen.
Überraschend stark auf Nässe: Falkens Azenis FK 510. Ihm gelingt es, auf Platz zwei in der Nässewertung vorzufahren.

Das könnte angesichts nur kleiner Macken bei der Trocken­performance für eine Platzierung unter den ersten drei reichen. Auch der Pirelli P Zero zeigt mit Ausnahme des etwas längeren Nassbremswegs und einer recht schwachen Vorsorge gegen Aquaplaning sonst recht überzeugende Nässeleistungen.

Der Billigreifen aus China überrascht auf nasser Straße

Ist damit alles klar? Keinesfalls, es gibt noch eine Überraschung: Trotz schwacher Bremswerte auf Nässe und dürftiger Seiten­führung fährt der günstige Nankang in den Nasshandling­rundenzeiten weit nach vorn. Wie geht das? Trotz seines wenig ausgewogenen Fahrverhaltens lässt er sich sehr zügig über die kräftig beregnete Teststrecke bewegen. Im Vergleich zu den Wettbewerbern lassen ihn Pfützen und Spurrinnen nahezu kalt. Dort, wo der mit den Pneus der Konkurrenz ausgerüstete Audi längst aufschwimmt und wegrutscht, behält er mit dem China-Reifen die Contenance.
Auch die nachgelagerten Tests zum Aquaplaning – sie werden getrennt in Längs- und  Querrichtung ermittelt – bestätigen diesen Effekt, der sich weniger mit einer besonderen
Gummimischung, sondern vielmehr mit einer gelungenen Profil­gestaltung, einer großen Profiltiefe sowie der überdurch­schnittlichen Wasserhöhe auf den zur Verfügung stehenden Teststrecken erklären lässt.

Wenn also nur nach Aquaplaning gewertet würde, hätte tatsächlich der günstige Nankang die Nase vorn. Aber er hat andere Schwächen: Er bremst nicht wirklich gut, lässt etwas Präzi­sion und Direktheit vermissen und hat einen unzeitgemäß hohen Rollwiderstand. Damit besetzt er zusammen mit Cooper, Toyo und Vredestein das hintere Ende der Tabelle.
Giti kann sich zwar in der Gesamtpunktzahl nicht wirklich absetzen, bietet aber bei überragend niedri­gem Rollwiderstand ein akzeptables Gesamtpaket. Angesichts des bestehenden Zielkonflikts zwischen Nassgrip und Rollwiderstand eine beachtliche Leistung. 7. Platz. Chapeau!

Unspektakulär und nässestark, aber trockenträge, fährt Nokian auf Rang sechs; sehr ausgewogen, allerdings mit kleinem Makel beim Nassbremsen kommt Good­year auf Platz vier; Pirelli, in dynamischen Aspekten sehr überzeugend, verliert in Aquaplaning
und Rollwiderstand und erreicht Platz fünf. Und jetzt? Durch ein starkes Statement auf Nässe hat sich der Falken trotz leichter Dynamikdefizite im Trockenen an den sehr ausgewogenen Conti (Platz drei) herangearbeitet und ist sogar an ihm vorbeigezogen: Platz zwei. Unangefochten an der Spitze: der Michelin.

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