Vergleichstest Winterreifen (225/45 R 18 V) Die besten Reifen für die Mittelklasse

Winterreifentest 2017 Foto: Dino_Eisele

Audi A4, BMW 3er, Mercedes C-Klasse und viele andere Modelle der Mittelklasse  stehen für Power und Dynamik . Damit Ihre Firmenwagen auch im Winter sicher unterwegs sind, müssen gute Winterreifen ran. Die besten finden Sie hier.

Ein Wintermärchen. Wie alle Märchen beginnt es mit "Es war einmal". Damals, als es noch Schnee gab in Deutschland, sogar im Flachland und obendrein auf Autobahnen. Damals, als es gegen weiße Straßen und fiesen Schneematsch nur ein wirksames Gegenmittel gab: griffige, grobstollige Winterreifen.Ausgeträumt! Schnee gibt es nur noch selten, und Motoren sind in elektronischen Fußfesseln gefangen, die jegliches Rutschen – zur Seite, nach hinten oder nach vorn – bereits im Keim ersticken. Und die Winterreifen? Aus den ehemals lauten Schneespezialisten sind universell haftende Leisetreter geworden. Und doch: Die Charakterunterschiede zwischen den einzelnen Reifenmodellen sind heute größer denn je. Wie sich die einzelnen Reifen und ihre Eigenschaften individuellen Fahreransprüchen zuordnen lassen, soll dieser Test zeigen.

BMW 430i Gran Coupé als Testwagen

Getestet wird auf dem 252 PS starken BMW 430i Gran Coupé, zunächst im Frühjahr 2017 nahe dem finnischen Ivalo. Bei Temperaturen zwischen –2 und –10 Grad haben die zehn Probanden reichlich Gelegenheit, ihre Qualitäten unter Beweis zu stellen. Nach zahllosen Mess- und Handlingfahrten auf Schnee und Eis werden die Reifen nur wenige Wochen später auch auf nassem und trockenem Asphalt bis an ihre Grenzen belastet.

Von den zehn Reifen bekommen drei die Note Gut und sechs Befriedigend.  Der Cooper SA2+ als billigster Reifen im Test muss sich aber mit dem Prädikat Ausreichend begnügen. Weder auf Schnee noch auf nassem oder trockenem Asphalt kann er dem gut dotierten Feld folgen. Kumho, ebenfalls ein Hersteller von günstigen Reifen, zeigt dagegen mit dem Wintercraft WP71, dass auch Newcomer in der oberen Liga mitspielen können. In der wichtigsten Disziplin, dem Bremsen, fährt er auf Schnee und trockenem Asphalt ganz vorne mit. Wer über kleinere fahrdynamische Defizite hinwegsieht, und wo die Fahrer bei Nässe Vorsicht walten lassen, kann seine Firmenwagen bedenkenlos mit dem günstigen Koreaner ausrüsten.

Eis, Schnee, Regen, trockene Straße: Winterreifen müssen alles können

Ein ähnliches Bild gibt Hankooks Winter I’cept Evo² ab: starke Schnee- und beeindruckende Trocken-Performance, in der Nässe hapert’s. Doch genau dort sollten mitteleuropäische Winterreifen ihre Stärken haben, Kälte ohne Nässe ist dem deutschen Winter fremd. Als Winterreifen klassischen Zuschnitts präsentiert sich der Fulda Kristall Control HP2. Mit überragenden Traktions-, Brems- und Seitenführungswerten sowie überlegenem Handling fährt er in den Winterdisziplinen weit nach vorne. Seine vorbildliche Aquaplaning-Sicherheit zeigt, dass er auch vor fettem Schneematsch nicht zurückschreckt. Auf regennasser wie auch auf trockener Fahrbahn sollte man es angesichts des etwas niedrigeren Grip­niveaus des Fulda ein wenig bedachter angehen lassen. Dennoch: eine klare Empfehlung für alpine Regionen.

Foto: Thiemo Fleck
Auch bei Nässe muss der heckgetriebene BMW in jeder Fahrsituation gut beherrschbar bleiben.

Das gilt sicher auch für den finnischen Nokian? Erstaunlicherweise zeigt der seine Stärken eher auf trockenen Pisten und durch überragend niedrigen Rollwiderstand. Nässe und Schnee sind nicht seine Welt. Wer bei winterlichen Straßenverhältnissen keine Höchstleistungen erwartet und sich bei Nässe etwas zurückhält, wird den sportiven Finnen mögen.

Auch mit Pirelli Sottozero 3 ist der BMW immer sicher unterwegs. Es sind nur kleine Schwächen wie der hohe Rollwiderstand, die den Pirelli aus der Komfortzone der uneingeschränkt empfehlenswerten Winterreifen rutschen lassen.
Am Rollwiderstand wie auch an kleinen Defiziten im Nassbremsen hakt eine bessere Platzierung des Michelin Pilot Alpin PA4. Eine sonst sehr ausgewogene Performance bestätigt seine Sicherheitsreserven. Angesichts der mutmaßlich hohen Lebenserwartung ein guter Tipp für winterliche Straßenverhältnisse.

Im Gesamtklassement zwei Zehntel davor und damit auf dem dritten Platz: der Semperit Speed-Grip 3 mit einem klaren Statement in Richtung Winter. Mit absoluten Bestwerten bei Bremsen, Seitenführung, Traktion und Handling ist er auf schneebedeckten Straßen nicht zu schlagen. Regennasse Fahrbahnen sind nicht sein Lieblingsrevier, und in trockenen Kurven sollte man keine allzu sportliche Dynamik erwarten. Beim Bremsen kann man sich hier dennoch auf ihn verlassen. Fakt ist: In schneereichen Regionen macht der Semperit am meisten Freude.

Den zweiten Platz sichert sich mit den kürzesten Bremswegen auf Schnee und nur zwei kleinen Schönheitsfehlern bei Schneeseitenführung und Rollwiderstand der ausgewogene Dunlop SP Winter Sport 5. Die lediglich messbaren Defizite in der Seitenführung auf Schnee konnte er durch seine sehr sicher beherrschbaren Handling-Eigenschaften und schnelle Rundenzeiten ausgleichen. Damit ist der Dunlop der Schneekönig unter den Top-Allroundern – wer kann ihn schlagen?

Schnee und Nässe entscheiden

Im Mittel 50 Zentimeter längere Bremswege auf Schnee, dafür 60 Zentimeter kürzere Bremswege auf Nässe, dazu eine Prise bessere Nasshaftung kombiniert mit niedrigerem Rollwiderstand. Das ist das Rezept des Conti TS 850 P, mit dem er letztlich den Gesamtsieg holt. Doch auch sein Gesamtbild ist nicht ohne Schatten: Wie der Michelin schwimmt er im Quer-Aquaplaning vergleichsweise früh auf. Ein Winterreifen, wie gemacht für die mitteleuropäischen Winter mit häufig nassen und auch trockenen Straßen, der nur wegen seinem verhältnismäßig hohen Preis ganz knapp am "Sehr gut" vorbeischrammt. Im Gegensatz zu den charaktervollen Spezialisten schafft er das ohne nennenswerte Kompromisse. Besser geht’s nicht.

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