Mercedes Elektro-G im Test: schwer, stark, durstig

Elektro-G im Testbericht
Mercedes G-Klasse - stark, schwer, speziell

Die elektrische G-Klasse bringt vier E-Motoren, 588 PS und den bekannten Look mit. Die elektrische G-Klasse beeindruckt, doch der Verbrauch in der Praxis ist hoch. Was der Geländewagen unter realen Bedingungen kann - mit Bildergalerie.

Mercedes G EQ 2025
Foto: Mercedes

Zwei Sachen haben wir im Testzeitraum mit der elektrischen G-Klasse nicht ausprobiert: Zum einen die sicherlich auch mit diesem Antrieb verbundenen ungeheuren Geländeeigenschaften des Fahrzeugs (mangels kurzfristig verfügbarer Möglichkeiten) und zum anderen den "Kreisel". Dabei handelt es sich um die Fähigkeit des Mercedes, nach einigen Handgriffen des Fahrers, die Räder so zu stellen, dass sich das Trumm auf der Stelle um 360 Grad im Kreis dreht. Es mag Situationen geben, wo dies unbedingt notwendig ist, uns fiel allerdings keine ein.

Von Diesel zum Stromer – ein radikaler Schritt

Seit 1979 gibt es die G-Klasse und sie darf sich neben einigen wenigen Wettbewerbern wie etwa dem Toyota Land Cruiser oder einem Land Rover Discovery zu jenen Modellen zählen, die wir in jüngeren Jahren zum Gefährten für eine Weltreise auserkoren hätten. Dann aber natürlich mit einem potenten Diesel unter der Haube. Dies nur vorweg, um zu zeigen, dass wir dem schwäbischen Kraxler grundsätzlich unvoreingenommen gegenüberstehen; auch dieser, 2018 vorgestellten Generation, die vor einem Jahr durch die elektrische Variante ergänzt wurde. Aber hier durchfuhr uns dann doch eine leichte Skepsis, denn warum sollte man ausgerechnet diese Ikone zum Elektriker umfunktionieren?

Vier Motoren, vier Gänge – technisch einzigartig

Dieser Frage haben sich die Ingenieure bei Mercedes mit gewohnter, andererseits aber auch erstaunlicher Akribie gewidmet. Herausgekommen ist ein mindestens ungewöhnliches Elektroauto, mit gleich vier Motoren, die jeder für sich 147 PS – zusammen 588 PS – leisten und jeweils für den Antrieb eines Rads zuständig sind. Und natürlich hat auch jeder Motor sein eigenes Zweiganggetriebe erhalten.

Mercedes G EQ 2025
Mercedes

Der Arbeitsplatz ist modern und digital eingerichtet.

Hohe Masse, hoher Verbrauch

Bedenkt der werte Leser nun noch, dass eine G-Klasse ja immer wie aus dem Vollen geschnitzt daherkommt, allein die 2,6 Millimeter dicke Bodenplatte wiegt 58 Kilo, darf man sich über das Gesamtgewicht von über drei Tonnen nicht wundern. Und hier kommt es dann doch zum Konflikt zwischen Aufwand und Ertrag, denn das Gewicht in Verbindung mit einem fast schon anachronistischen cW-Wert von 0,44, also etwa dem Wert einer 70er-Jahre Schrankwand mit Barfach, sorgt für horrende Verbräuche und eine angesichts der Batteriekapazität von 106 kWh netto geradezu lächerliche Reichweite. In Zahlen: Wir verbrauchten im Durchschnitt 35,5 kWh auf 100 Kilometer, bei wenig Autobahnanteil, und mussten so nach aller allerspätestens 250 Kilometer an den Schnelllader, wo der Akku mit maximal 200 kW nachlädt. Im Durchschnitt während eines Ladevorgangs auf 80 Prozent waren es rund 150 kW. Durchaus keine herausragenden Werte.

Torque Vectoring statt Differenzialsperre

Wie gesagt zweifeln wir überhaupt nicht an den brillanten Geländefähigkeiten der G-Klasse, obwohl die mechanischen Sperren der normalen G-Klasse hier durch Torque Vectoring ersetzt sind. Was durch die vier aufeinander abgestimmten Motoren und der sich daraus ergebenden Drehmomente sicher kein Nachteil ist. Die G-Klasse steht auch nicht auf einer eigenen Elektroplattform, sondern wurde auf den bekannten Leiterrahmen der Normalmodelle gesetzt, in dem die die insgesamt 12 Module in zwei Etagen fixiert sind und für einen niedrigen Schwerpunkt sorgen.

G-Klasse bleibt G-Klasse – auch elektrisch

Von all diesen Elektro-Spezifikationen abgesehen ist die G-KIasse auch als EQ nun ja: eine G-Klasse. Optisch unverwechselbar mit ihrem hohen Aufbau und den steil stehenden Fenstern. Und selbst den wunderbaren altmodischen Drückknopf zum Öffnen der Türen hat Mercedes beibehalten. Innen gibt es das moderne MBUX-System, ein Head-up-Display findet allerdings keinen Platz in der G-Klasse.

Mercedes G EQ 2025
Mercedes

Fondgäste genießen im G 580 EQ gehobenen Komfort.

Sprintstark trotz Masse

Gut, beim Fahren tun sich natürlich Unterschiede auf. Es geht – wenig überraschend – im Innenraum flüsterleise zu, wenn man auf das künstliche und unpassende synthetische Motorgrollen verzichtet. Ebenfalls eigentlich normal für ein Elektroauto, aber angesichts der schieren Masse des Fahrzeugs doch auch überraschend, ist die Spurtfähigkeit, denn der Bolide erreicht aus dem Stand nach 4,7 Sekunden Tempo 100. Allerdings geht das mit dem Vortrieb nicht unbegrenzt so weiter. Anders als etwa ein AMG G 63 mit Achtzylinder-Motor reicht die Spitzengeschwindigkeit hier nicht bis 240 km/h, sondern nur bis 180. Dann ist Schluss mit Beschleunigung, schließlich sollen die Akkus lange halten und zumindest im Garantiezeitraum von zehn Jahren nicht negativ auffallen.

G-Klasse elektrisch? Warum nicht.

Braucht man eine elektrische G-Klasse? Falsche Frage. Braucht man überhaupt Autos wie die G-Klasse, von denen wahrscheinlich 99 Prozent vor allem im Dschungel der Großstadt und auf mehr oder weniger gut asphaltierten Land- und Bundesstraßen unterwegs ist? Offensichtlich gibt es Bedarf. Und warum dann nicht zur elektrifizierten Variante greifen, die immerhin in Sachen Geräuschentwicklung und lokalem Abgasverhalten gegenüber einer Normalo-G-Klasse die Nase vorn hat? Übrigens leider auch beim Preis, denn mit 119.849 Euro (alle Preise netto) ist nur die AMG-Variante teurer. Unser Testwagen sogar kam gar auf G-lektrische, Entschuldigung galaktische 159.664 Euro.

Mercedes G 580 EQ - Technische Daten

Fünfsitziges, fünftüriges SUV der Oberklasse; Länge: 4,62 Meter, Breite: 1,93 Meter (mit Außenspiegeln: 2,19 Meter), Höhe: 1,98 Meter, Radstand: 2,89 Meter, Laderaumvolumen: 620 – 1.990 Liter

Vier Elektromotoren je 147 PS, Gesamtleistung: 588 PS, 0-100 km/h: 4,7 s, Vmax: 180 km/h, maximales Drehmoment: 1.164 Nm, 2-Gang-Automatikgetriebe pro Motor, Allradantrieb, Batteriekapazität (netto): 116 kWh, max. DC-Ladeleistung: 200 kW, Normverbrauch: 27,7 – 30,3 kW/h, Testverbrauch: 35,5 kW/h, Normreichweite: 468 km, CO2-Ausstoß (lokal): 0 g/km, Effizienzklasse: A

Preis: ab 119.850 Euro

Preis des Testwagens: ca. 159.664 Euro

Mercedes G 580 EQ - Kurzcharakteristik

Warum: eine Ikone – jetzt auch elektrisch; für den progressiven Förster oder den urbanen Angeber

Warum nicht: sehr teuer; extremer Verbrauch; stark eingeschränkte Reichweite

Was sonst: wir würden den Sechszylinder-Diesel vorziehen