Range Extender in China auf Erfolgskurs

Jato-Studie: EREV boomen in China
Comeback für Range Extender?

Range Extender galten in Europa längst als überholt, doch in China boomen sie erneut. Was steckt hinter dem überraschenden Comeback, und könnte der Trend bald nach Europa überschwappen? Das Marktforschungsinstitut Jato Dynamics klärt die Hintergründe.

Mazda MX 30 REV
Foto: Mazda

Range Extender: Vom Randphänomen zum Hoffnungsträger

Erinnert sich noch jemand an die Energiesparlampe? Nach dem Aus für die Glühbirne galt sie einst als Symbol der Energiewende – bevor sie von effizienteren LEDs abgelöst wurde. Eine klassische Brückentechnologie, wie sie auch bei den Antriebsarten im Automobilsektor existiert. Ein Beispiel dafür: Elektroautos mit Range Extender. Die Idee war in den frühen 2010er-Jahren vielversprechend. Fahrzeuge wie der Opel Ampera oder der BMW i3 mit Zusatzgenerator sollten die typischen Reichweitenängste zerstreuen. Im Alltag fuhren sie elektrisch, ein kleiner Verbrennungsmotor erzeugte bei Bedarf zusätzlichen Strom. Theoretisch ideal für Langstrecken – praktisch aber ein Nischenthema. In Deutschland blieben EREVs ein kurzlebiges Kapitel und verschwanden rasch wieder vom Markt.

Einfach und kostengünstig: Die Technik hinter EREVs

Jetzt feiern die Fahrzeuge mit Reichweitenverlängerer ein überraschendes Comeback – allerdings nicht in Europa, sondern in China. Dort erlebt die Technologie derzeit ein starkes Wachstum. Und das, obwohl der Ladeinfrastrukturausbau voranschreitet und Akkukapazitäten kontinuierlich steigen. Der Grund: Für viele Regionen und Fahrprofile bleiben EREVs eine praktikable Zwischenlösung – besonders im Fernverkehr oder bei unzureichender Ladeinfrastruktur. Manche Modelle schaffen Reichweiten von bis zu 1.000 Kilometern, also etwa doppelt so viel wie viele aktuelle batterieelektrische Fahrzeuge. Für viele Käufer ein handfester Vorteil.

Opel

Der Opel Ampera mit Range Extender wurde in den 2010er-Jahren angeboten, ist jedoch nicht mehr im Verkauf.

Technisch einfach, wirtschaftlich interessant

Der Aufbau eines Range Extenders ist vergleichsweise simpel: Ein kleiner Verbrennungsmotor treibt einen Generator an, der Strom für den Elektromotor erzeugt. Anders als beim Plug-in-Hybriden hat der Verbrenner dabei keine direkte Verbindung zu den Rädern. Der Antrieb erfolgt also rein elektrisch – das Fahrgefühl gleicht einem BEV. Gleichzeitig kann der Akku kleiner dimensioniert werden, da der Strombedarf im Bedarfsfall extern gedeckt wird. Das spart Gewicht und Kosten. Auch der Verbrennungsmotor selbst läuft effizienter, da er im optimalen Drehzahlbereich betrieben wird. Wie Plug-in-Hybride lassen sich EREVs zudem extern per Steckdose laden. Die Technik gilt als robuster und kostengünstiger als komplexere Hybridlösungen – ein weiterer Pluspunkt im Wettbewerb um den günstigeren Einstieg in die Elektromobilität.

Preis und Reichweite überzeugen chinesische Käufer

Die Kombination aus reinem E-Antrieb mit Notstromgenerator überzeugt zunehmend auch Hersteller in China. Denn trotz hoher Wachstumsraten bei batterieelektrischen Fahrzeugen bleibt die Infrastruktur vielerorts hinterher. Und nicht zuletzt ist auch der Preis ein Argument: EREVs ermöglichen niedrigere Einstiegspreise als BEVs mit großer Batterie. Die Reichweitenangst, die in Umfragen nach wie vor zu den größten Hemmnissen bei der E-Mobilität zählt, lässt sich damit effektiv adressieren.

UWE FISCHER

Den BMW i3 gab es auch mit Range Extender. Damit war der BMW i3 REX eines der ersten EREV-Modelle in Europa. Die Produktion wurde jedoch 2022 eingestellt.

Zögerlicher Markt in Europa – Wachstum in China

In Europa, insbesondere in Deutschland, sieht die Lage ganz anders aus. Laut Daten von JATO Dynamics wurden 2024 hierzulande gut 1.100 neue Fahrzeuge mit Range Extender zugelassen – bei insgesamt über 1,3 Millionen neuen E-Autos. Damit liegt der Marktanteil bei unter 0,1 Prozent. Auch in den Jahren zuvor blieb das Segment verschwindend klein. Zum Vergleich: 2019 wurden in Deutschland noch über drei Millionen Verbrenner und fast 300.000 Elektrofahrzeuge zugelassen – darunter lediglich 265 EREVs. Während die Zahl batterieelektrischer Fahrzeuge und Plug-in-Hybride seither stark gestiegen ist, blieb die Entwicklung der Reichweitenverlängerer stagnierend.

Europa zögert – China treibt den Markt

Anders in China: Dort hat sich der Anteil von EREVs innerhalb kurzer Zeit deutlich erhöht. Spielten sie 2021 noch kaum eine Rolle, erreichten sie im darauffolgenden Jahr bereits einen Marktanteil von 1,2 Prozent. 2023 legte das Segment nochmals deutlich zu – und 2024 wurden bereits eine Million EREVs neu zugelassen. Das entspricht einem Wachstum von 72 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ihr Marktanteil stieg auf fünf Prozent – während gleichzeitig der Anteil klassischer Verbrennerfahrzeuge auf rund 42 Prozent zurückging. Das zeigt: Während Europa zögert, investieren chinesische Hersteller gezielt in die Brückentechnologie.

Mazda MX 30 REV
Mazda

Der Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV ist derzeit so ziemlich das einzige aktuell in Europa verfügbare EREV-Modell. Er kombiniert einen Elektromotor mit einem Wankelmotor als Generator. Die elektrische Reichweite beträgt etwa 85 km, die Gesamtreichweite liegt bei über 600 km.

Neue Dynamik für die Elektromobilität?

Für Eric Haase, Deutschlandchef von JATO Dynamics, ist der Trend eindeutig. „Um die Elektromobilität voranzubringen, ist den Chinesen jedes Mittel recht. Auch eine klassische Brückentechnologie“, erklärt er. EREVs seien kein Rückschritt, sondern eine pragmatische Antwort auf infrastrukturelle und wirtschaftliche Hürden beim Hochlauf der Elektromobilität. Haase ist überzeugt, dass die chinesischen Hersteller ihre EREV-Modelle bald auch in anderen Märkten anbieten werden.

EREVs als Impulsgeber für Europas Elektromobilität?

Für Europa könnte das durchaus eine neue Dynamik auslösen. Denn neben der technischen Machbarkeit steht auch die Einhaltung der CO₂-Flottengrenzwerte unter Druck. Neue, sparsame Modelle mit flexiblem Einsatzprofil könnten dabei helfen, Strafzahlungen zu vermeiden. Gleichzeitig könnte der EREV den Übergang zur reinen Elektromobilität erleichtern – vor allem für Nutzer, die regelmäßig lange Strecken fahren oder keinen sicheren Zugang zu Lademöglichkeiten haben.

Reichweitenverlängerer: Neuer Schwung für Europas E-Markt?

China macht vor, was auch in Europa möglich wäre: Fahrzeuge mit Range Extender bieten eine Lösung für typische Schwächen der Elektromobilität – und stoßen dabei auf wachsende Nachfrage. Die Technik ist erprobt, der Nutzen in vielen Szenarien klar – und der Markt beginnt sich neu zu orientieren. Vielleicht ist die Zeit nach über zehn Jahren tatsächlich reif für ein Comeback der Reichweitenverlängerer. Und vielleicht beginnt damit auch ein neues Kapitel für die E-Mobilität in Europa.