NSU Prinz 4 bis NSU TTS Die Könige unter den Prinzen

NSU Prinz TT Foto: Audi 11 Bilder

Die NSU Prinz und TTS sind heute legendär. In ihrer Zeit waren die Heckmotor-Autos brave Alltagsbegleiter ebenso wie scharfe Rennsemmeln.

Bescheidenheit kennzeichnete den Auftritt dieser Kleinwagenfamilie, die vielleicht genau deshalb zu Großem berufen war. Tatsächlich gelang dem vor 60 Jahren lancierten kastenförmigen NSU Prinz 4 eine Karriere, die in ihrer Art beispiellos war. Zuerst transformierte der 3,44 Meter kurze Zweizylinder-Typ den bis Mitte der 1950er weltgrößten Motorradproduzenten NSU endgültig zum global anerkannten Automobilhersteller, der mit dem Wankel Spider 1963 das erste Serienauto mit Kreiskolbenmotor vorstellte. Nur vier Jahre später lancierte NSU die Wankel-Limousine Ro 80, eine futuristische Stilikone, deren Designsprache bis heute als richtungsweisend gilt. Das Geld für die Entwicklung dieser automobilen Meilensteine verdiente NSU mit dem Prinz 4, einem Bestseller, der zum Begründer einer ganzen Prinzengarde avancierte.

Zum stolzen Preis von 4.490 Mark, mehr als VW für den in einer größeren Klasse spielenden Käfer forderte, bot der 555 Kilogramm leichte Prinz Platz für fünf Passagiere und 445 Liter Gepäck. Sensationelle Werte, die besonders in bella Italia gut ankamen, wo das 120 km/h flotte und mit 8,80 Meter Wendekreis verblüffend handliche Heckmotor-Modell als schärfster Rivale des populären Fiat 850 Kultstatus erlangte. Dagegen waren die vom Prinz 4 abgeleiteten kleinen Hochleistungssportler Prinz 1000 TT und TTS auf Rennsiege abonniert. Aber auch im Kurvengeschlängel schneller Landstraßen zeigten sie Abarth-Fiat, Mini Cooper und BMW 02 gerne die keck aufgestellte Motorklappe. Geschichte schrieb auch der moderne Nachfolger der insgesamt über eine Million Mal gebauten Prinzen-Familie, denn das war der Audi 50, Urvater des baugleichen ersten VW Polo.

Audi 50 Foto: Audi
Der Audi 50 steht in NSU-Tradition.

Seinen Anfang nahm der Audi 50 noch bei NSU, aber dann musste dieser erste frontangetriebene Neckarsulmer Heckklappen-Typ nach Ingolstadt umziehen als die finanziell klammen NSU-Werke 1969 mit Audi zur VW-Tochter Audi-NSU fusionierten. Finalisiert wurde die Formen des bahnbrechenden Duos Audi 50/VW Polo 1972/73 durch den legendären Designer Claus Luthe, der dazu ein bei Bertone entwickeltes Konzept überarbeitete. Damit schloss sich für Luthe ein Kreis, war doch sein wichtiges Erstlingswerk bei NSU der Kleinwagen Prinz 4, dessen Entstehung von vielen Geburtswehen begleitet wurde.

Auf der IAA 1961 sollte der Prinz 4 zeigen, wie ein erwachsen wirkender Nachfolger der seit 1957 gebauten ersten NSU-Kleinwagengeneration (Prinz 1 bis 3) aussieht. Dazu präsentierte Bertone bereits 1959 einen Designentwurf, der aber ebenso abgelehnt wurde wie ein Vorschlag aus den NSU-Studios, denn dessen Formen ähnelten zu sehr dem damals neu vorgestellten BMW 700. Die Zeit drängte und so ließen sich NSU-Nachwuchsdesigner Claus Luthe und NSU-Chefkonstrukteur Albert Roderer durch das auf dem Genfer Salon 1960 gezeigte amerikanische Heckmotor-Modell Chevrolet Corvair inspirieren: Eine hoch angesetzte, durch Chrom betonte und ins Blech gefaltete Gürtellinie, dazu großzügige Verglasung mit steil stehenden Fenstern und glatte Karosserieflächen ohne überflüssigen Schmuck, mit dieser Linie machte NSU bis in die 1970er Mode.

NSU TTS Foto: Audi
Auch im Motorsport fuhr der TTS Erfolge ein.

Hinzu kamen quer liegende Ovalscheinwerfer, die der um 35 Zentimeter verlängerte Vierzylindertyp Prinz 1000 im Jahr 1963 adaptierte. Gleichwohl verzichteten die Amerikaner auf Rechtsmittel gegen die dreiste deutsche Kopie, ganz so wie es übrigens die NSU-Hausjuristen prognostiziert hatten. "Fahre Prinz und du bist König", tönte das Werbecredo zum Marktstart der agilen Kleinen – zu Recht. Zeigte sich doch bereits der 0,6-Liter-Zweizylinder im Prinz 4 fit für Lorbeeren bei der Rallye Monte Carlo, wo er regelmäßig Klassensiege einfuhr. Noch schnellere Ritte im Grenzbereich gelangen den Neckarsulmern ab 1965 mit der drahtigen Kraftmaschine Prinz 1000 TT und ab 1967 mit dem 70 PS leistenden NSU TTS.

Böse aussehende Boliden im Mini-Format, die nach der Tourist Trophy (TT) auf der Insel Man benannt waren, dem härtesten Motorradrennen der Welt, das NSU 1954 mit einem damals beispiellosen Vierfachsieg dominierte. Ähnlich siegreich gerierte sich das vierrädrige Doppel aus TT und TTS, erkennbar an sportlichen Doppelscheinwerfern und als TTS am Ölkühler unter der vorderen Stoßstange, vor allem aber an leicht aufgestellter hinterer Haube, die wie ein Heckspoiler wirkte. Im Showdown bei Beschleunigungsduellen bescherte der TTS bis Tempo 80 sogar Porsche 912 oder BMW 1800 Niederlagen, vor allem wenn der werksseitige Tuningsatz die TTS-Leistung auf 85 PS steigerte. Da ging aber noch mehr: Das damals stärkste Serien-Motorrad, die Münch Mammut TTS wurde von sogar 100 PS entfesselnden 1,0-Liter-TTS-Vierzylindern befeuert, und die von NSU offiziell lizensierten Flügeltürensportwagen des Karossiers Rudolf Thurner bauten nicht nur auf Prinz-1000-Fahrgestell mit 1,2-Liter-TT-Triebwerk auf, sie brachten in den frühen 1970ern Jahren als Thurner RS 135 PS auf die Hinterräder – mehr als der Porsche 911 T und mehr als die NSU mit Wankelmotor.

NSU Wankel Spider Foto: Audi
Der NSU Wankel Spider basierte auf dem Sport Prinz.

Der Wankel Spider von 1963 zitierte Stilmerkmale des fünf Jahre zuvor eingeführten und von Bertone gezeichneten Zweizylinder-Coupés Sport-Prinz, entsprach aber vom Temperament eher den als Bergfexe sowie Rallye- und Rundstreckenkönigen gefeierten Typen TT und TTS. Renn-Trophäen sammelten der Einscheiben-Rotarier bis 1968 in entsprechend großer Zahl, und trotzdem fehlte es ihm am Verkaufserfolg. Ein Schicksal, das er mit der von Claus Luthe designten und von der Fachwelt 1967 als "Wunderauto" gefeierten Zweischeiben-Wankel-Limousine NSU Ro 80 teilte. Hatte NSU noch 1965 kommuniziert, dass der Prinz 1000 TT und der noch größer geratene Typ 110 die letzten Novitäten mit traditionellen Hubkolbenmotoren waren, kam es plötzlich ganz anders. Die kompakten Modelle im Corvair-Stil mussten das Geld verdienen, das mit den Rotariern ausgegeben wurde und das auch für die Entwicklung des K70 benötigt wurde, der dann 1970 aber schon mit VW-Logo debütierte.

Tatsächlich hielten sich die Produktionszahlen der Typen Prinz 4, TT, TTS, 110 und 1200 bis dahin auf hohem Niveau mit sogar zuletzt noch jährlich rund 75.000 Einheiten. Hinzu kamen Lizenzfertigungen in Südamerika und Afrika. Allerdings waren es ab Ende der 1960er vor allem die Italiener, die den außen kleinen und innen überraschend großen Prinz 4 ins Herz geschlossen hatten und fast 90 Prozent seiner Produktion abnahmen. Erst das Debüt des Fiat 127 mit modernem Frontantrieb führte 1971 allmählich zum Ende der altgedienten Prinzen-Garde, die den Verkauf von NSU nicht hatte verhindern können und im Portfolio der 1969 gegründeten Audi NSU Auto Union AG wie ein aus der Zeit gefallener Fremdkörper wirkte.

Keine Überraschung, dass die Heckmotor-Typen nacheinander gehen mussten. Der NSU TTS machte 1971 den Anfang, ein Jahr später folgte das 1,2-Liter-Duo TT und 1200 und als letzter Akt im Juli 1973 der Prinz 4. Aber wie heißt es so treffend: Niemals geht man so ganz. Die TT- und TTS-Signets an aktuellen Audi-Sportwagen halten die Erinnerung an die Prinzen lebendig.

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