Interview mit Dennis Affeld von MAN "Wo MAN drauf steht, ist MAN drin"

Interview Dennis Affeld MAN Foto: Thomas Küppers

Dennis Affeld, Leiter Vans bei MAN, über die Vorzüge des neuen TGE und die Gründe für den Einstieg in den leichten Nutzfahrzeugmarkt.

Der MAN TGE kommt ein halbes Jahr nach dem VW Crafter auf den Markt. Warum sollten Kunden auf den TGE warten?

Herr Affeld: Bei Nutzfahrzeugen entscheidet man sich nicht alleine für ein Produkt, sondern für eine Marke und deren Organisation drumherum. Jeder MAN Service- und Verkaufsstandort in ganz Europa übernimmt das Leistungsportfolio des TGE. Dort wo MAN drauf steht, ist also auch MAN drin. Unsere Standorte sind reine Nutzfahrzeugstandorte. Das ist ein großer Vorteil im Service, den kein Wettbewerber bietet. Wir wissen, dass der Kunde mit dem Fahrzeug Geld verdienen und schnellstmöglich wieder auf die Straße muss. Deshalb bieten wir einen 24-Stunden-Service. Bei uns bekommt der Kunden sofortige Hilfe auch ohne langwierige Terminvereinbarung. Am Wochenende und nachts helfen Bereitschaftsmonteure. Wir reparieren selbst Teile der Aufbaulösung am TGE. Der Service ist bestimmt unsere größte Stärke.

Gibt es vom MAN TGE Aufbaulösungen im Einrechnungsgeschäft?

Wir werden diverse Branchenlösungen im Einrechnungsmodell quasi ab Werk anbieten. Wir übernehmen dabei alle Wartungs- und Reparaturarbeiten. Es gibt viele Branchen- und Aufbaulösungen, die wir direkt mit unseren Kunden und Umbauherstellern gemeinsam vereinbaren können. Der Kunde bekommt eine ganz individuelle Lösung für seinen jeweiligen Einsatzzweck. Ein Pluspunkt ist dabei sicherlich unsere Beziehung zu den Umbauherstellern aus unserer Zusammenarbeit mit Lkw.

Was war der ausschlaggebende Punkt, in die 3,5-Tonnen-Klasse einzusteigen?

Es gibt drei Punkte. Erstens ist das Segment attraktiv, weil es sehr schnell wächst und noch weiteres Wachstumspotenzial hat. Zum anderen passen das Produkt und unsere Kundenstruktur sowie unser ganzes Netz zusammen. Unsere Standorte sind auf Nutzfahrzeuge ausgelegt, wir müssen keine neuen Nutzfahrzeugzentren aufbauen. Und es gibt Kunden, die auf uns zugegangen sind und uns gesagt haben, dass sie gerne das Produkt von uns hätten.

Wie teilen Sie sich den Markt mit Volkswagen Nutzfahrzeuge auf?

Wir haben uns das Segment weder in Märkten noch in Kundengruppen aufgeteilt. Wie es im Volkswagen-Konzern üblich ist, leben wir auch hier das Mehrmarken-Prinzip. Das stellt aber kein Problem dar. VWN und MAN haben ihren Ursprung in unterschiedlichen Bereichen. Wir kommen eher von den schweren Nutzfahrzeugen, VWN von den leichten. Unser Fokus liegt daher auf den bestehenden MAN-Kunden. Hier sehen wir das größte Potenzial. Dementsprechend konzentrieren wir uns auf Branchen und Bereiche, in denen wir schon mit unseren Lkw zuhause sind. Das sind vor allem Logistik- und Bauunternehmen, die Personenbeförderung und Servicefahrzeuge.

War MAN bei der Entwicklung von Crafter und TGE mit eingebunden?

Ja, wir haben bei diesem Projekt eng zusammengearbeitet. Von unserer Seite war vor allem die Erfahrung aus den schweren Nutzfahrzeugen gefragt. Die Entwickler sind zwar von Volkswagen, unsere Ansprüche und Vorstellungen wurden aber berücksichtigt.

Das heißt, der MAN TGE ist ein 100prozentiges Derivat des Crafter?

Es gibt keine Einschränkungen beim Produktportfolio. VW Crafter und MAN TGE unterscheiden sich im Prinzip durch den Kühler mit unterschiedlichen Markenlogos und die markenspezifische Beschriftung. Minimal setzten wir die Schwerpunkte anders. Der Emergency Brake Assist ist bei uns beispielsweise serienmäßig. Das Thema Sicherheit hat bei uns einen hohen Stellenwert. Exklusiv für den TGE bieten wir unsere robusten Sitzbezüge aus der Lkw-Sparte an.

Dann wird es auch vom TGE eine Elektrovariante geben?

Richtig! Aller Voraussicht werden wir relativ zeitgleich zu Volkswagen Nutzfahrzeuge einen Elektro-TGE anbieten.

Der Elektro-Transporter ist speziell für die Kurier-Branche eine interessante Lösung. Ist der Bereich nicht schon von VW abgedeckt?

Wir verkaufen bereits sehr erfolgreich Lkw an Paketdienstleister. Die Kontakte unsererseits zu dieser Branche sind also schon da.  Gerade Kunden der Elektromobilität brauchen professionelle Unterstützung im Service, bei der Digitalisierung und bei Aufbauten. Darin sehen wir unsere Stärke.

Auf der IAA hat Volkswagen Truck & Bus die neue Marke RIO vorgestellt. Bieten Sie diese Lösungen auch für den TGE an?

Unsere TGE-Kunden können RIO nutzen. RIO ist unabhängig von den Fahrzeug-Modellen. Sogar unabhängig von den jeweiligen Marken im Fuhrpark. Es ist eine cloudbasierte Software, auf die man von überall zugreifen kann. Das Programm arbeitet webbasiert, es ist also keine fest installierte Software nötig. Wir haben die Software offen gelassen für Drittanbieter. Das heißt, unsere Kunden können andere Apps und Software, beispielsweise von ihren Aufbauherstellern oder Tankkartendienstleistern etwa, sehr leicht integrieren. Unsere Telematik ist also kompatibel mit den Logistiklösungen der Kunden. Das war bislang ein großer Kritikpunkt in der Branche.

Welche Ambitionen hat MAN im leichten Nutzfahrzeugsegment? Gibt es bald auch einen Caddy und einen Transporter mit MAN-Logo?

Wir haben keine Pläne unsere Modellpalette unterhalb des TGE zu erweitern. Das würde von den Produkten und unseren Kundengruppen nicht mehr zueinander passen. Wir konzentrieren uns in erster Linie auf Geschäftskunden.

Wie sieht Ihre Vertriebsstruktur für den TGE aus?

Für den TGE bauen wir ein neues Team auf, das auf Transporter spezialisiert ist. An jedem MAN-Standort haben wir Service- und Verkaufspersonal, das sich ausschließlich um unsere Transporter kümmert. Unsere Van-Verkäufer gehen wie ihre Lkw-Kollegen aktiv auf Kunden zu. Das ist der große Unterschied zum klassischen Pkw-Geschäft, das vorrangig in Showrooms stattfindet. . Alleine das spricht bereits unterschiedliches Klientel an.

VWNutzfahzeuge will jährlich bis zu 80.000 Crafter verkaufen. Wie viele Fahrzeuge wollen Sie pro Jahr absetzen?

Der offizielle Bestellstart ist erst ab März und es sind noch keine Preislisten veröffentlicht. Die Resonanz ist allerdings schon jetzt sehr gut. Es gibt sogar Vorbestellungen, gerade von bestehenden MAN-Kunden, die den TGE unbedingt wollen. Wenn die Produktion in vollem Gange ist, planen wir jährlich mit zirka 20.000 Fahrzeugen.