Chatbots & Co. im Fuhrpark Was künstliche Intelligenz im Cockpit bringt

Foto: Capgemini_Mercedes

Intelligente Chatfunktionen und Assistenten eröffnen neue Möglichkeiten für Firmen-Fuhrparks. Welchen Mehrwert diese bringen und warum KI immer wichtiger wird, erklärt Peter Fintl, Technologie-Experte bei Capgemini Engineering.

Peter Fintl ist Director of Technology and Innovation bei Capgemini Engineering. Kürzlich gehörte er zu den Besuchern der CES in Las Vegas. Im Fokus der Messe – der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Fahrzeug. firmenauto sprach mit Peter Fintl über die Implikationen für die Branche.

Was bedeutet der Einsatz von Chatbots für Firmen-Fuhrparks und Dienstwagenfahrer?

Mit der Einführung intelligenter Assistenten in Fahrzeugen bieten sich perspektivisch interessante Möglichkeiten für Flottenbetreiber. So könnten viele redundante Anliegen via Chatfunktion der Hersteller abgewickelt werden, statt wie derzeit via Telefon oder E-Mail. Der Bereich CRM und Kundeninteraktion ist gerade für große Fuhrparks naheliegend – Stichwort „Self Service“ für Nutzer. Es wird zudem viel einfacher, das Fahrzeug auf die individuellen Wünsche des Kunden einzustellen. Fahrzeuge sind inzwischen extrem stark konfigurierbar. Doch Studien zeigen, dass Kunden oft nicht in der Lage sind, diese Möglichkeiten zur Gänze auszuschöpfen. Mithilfe von Sprachassistenten lässt sich wohl alsbald das Fahrerlebnis aus dem heimischen Auto schneller an neue Fahrzeuge übertragen, da die Bots die persönlichen Vorlieben direkt anpassen können.

„Das hyperpersonalisierte Kundenerlebnis“: Mercedes-Benz zeigt bahnbrechende digitale Technologien auf der CES 2024

“The hyper-personalised user experience” – Mercedes-Benz showcases class-defining digital tech at CES 2024 Foto: Mercedes-Benz AG – Communicati

Welche Abhängigkeiten entstehen beim Einsatz von Chatbots und anderen KI-Anwendungen, und wie können diese minimiert werden?

Das Automobil der Zukunft wird durch die Software bestimmt, daran besteht kein Zweifel mehr. Die Industrie hat sich darauf eingestellt. Man befindet sich mitten in der Transformation – vom Blech-Bieger zum Softwareunternehmen. Wie in der Softwarebranche üblich, muss dabei in Ökosystemen und Partnerschaften gedacht werden. Daher sind viele Lieferanten, mit denen die Industrie in den Bereichen KI und Sprachassistenz zusammenarbeitet, durchaus schon alte Bekannte. Ich denke hier vor allem an die Software- und natürlich die Chipriesen. Auch wenn hier an einem Strang gezogen wird und innovative Erlösmodelle ausprobiert werden, so sind die Fahrzeughersteller trotzdem auf der Hut, diese neuen Dienste modular aufzubauen und klar definierte Schnittstellen in Systeme zu integrieren. Gerade auch um nicht in zu große Abhängigkeiten zu geraten und Flexibilität in einer schnelllebigen Branche zu wahren.

Mercedes-Benz Media Programm in der Area 15  in Las Vegas, 2024

Mercedes-Benz media program at Area 15 , Las Vegas, 2024 Foto: Mercedes-Benz AG Communications

Wie stärken Hersteller die Bindung zwischen Fahrer und Marke durch Chatbots und anderen KI-Anwendungen?

Die Zeiten von Chrom und PS sind unwiederbringlich vorbei. Die Customer Experience steht nun im Mittelpunkt, die Kaufkriterien wandeln sich. Dazu gehören nicht nur ein modernes Interieur und eine nahtlose Einbindung ins digitale Ökosystem des Kunden. Chatassistenten bzw. die dahinterliegenden Technologien – GenAI und Large Language Models – erlauben eine gänzlich neue individuelle Interaktion mit dem Produkt Fahrzeug. Insofern ist es erfreulich zu sehen, wie die deutsche Autoindustrie das Thema annimmt und Chatfunktionen nicht nur in Neufahrzeuge bringt, sondern auch erhebliche Teile der Bestandsflotte aufrüsten will.

Welche Strategien verfolgen Hersteller und wie verdienen Sie am Ende daran?

Aus meiner Sicht können intelligente Chatfunktionen und Assistenten einen erheblichen Mehrwert bieten. Dazu zählt auch die Integration von Drittdiensten in diese Systeme – etwa die Nutzung von Flottendiensten durch den für den Fahrer gewohnten Fahrzeug-Chatassistenten. Dieser wahrgenommene Nutzen wird dazu beitragen, Kunden davon zu überzeugen, mittels bezahlter Abo-Modelle diese digitalen Dienstepakete der Fahrzeughersteller nutzen zu wollen. Herausfordernd wird dabei sein, die Fahrzeugdienste so perfekt zu gestalten und die Einbindung an das Fahrzeug so tief zu gestalten, dass man mit den oft kostenfreien Diensten der Handyriesen mithalten kann. Die entsprechenden Angebote, etwa von Apple oder Google, legen die Latte hier durchaus hoch.

Welche Partnerschaften sind gefragt, um die Entwicklung von KI-Anwendungen voranzutreiben?

Die Autoindustrie widmet sich dem Thema KI auf mehreren Ebenen – einerseits gilt es, eigene Anwendungsfälle zu entwickeln und das langjährige Branchen-Know-how auch in diesem Feld gezielt einzusetzen. Gleichzeitig steht es außer Frage, dass Technologiepartnerschaften sinnvoll sind. Einerseits um Entwicklungsaufwände im Rahmen zu halten und gerade zu Hype-Themen wie KI rasch Erfolge gegenüber den Kunden aufweisen zu können. Zu den Partnern zählen die Anbieter der Sprachmodelle selber, man denke an Alexa, ChatGPT und Co., zu nennen sind hier natürlich auch Hardwarelieferanten, die leistungsfähige und energiesparende Chips liefern. Wichtig dabei ist, dass Künstliche Intelligenz hier nicht nur die Innovation bei Fahrzeugfunktionen selbst treibt, sondern auch alle Bereiche der Wertschöpfungskette wie Entwicklung oder Service verändert.