Audi schickt die fünfte Generation des A6 ins Rennen. Die Oberklasse wird zum digitalen Assistenten. Sie spricht, fährt zunehmend selbst und steht stets unter Strom – ein bisschen zumindest.
Voller Verkehr, fremde Umgebung, manchmal kann Außendienst richtig stressen. Gut, wer einen verständnisvollen Kollegen zur Seite hat, der einem den Weg durchs Gewusel weist. Oder im neuen A6 sitzt. Dessen weiterentwickelter Sprachassistent bleibt selbst bei quengeligen Dienstwagenfahrern cool. Bei mürrischen Aussagen wie „Ich habe Hunger“ googelt der Audi nach Restaurants in der Nähe. „Mir ist kalt“ kontert er einfühlsam mit der Frage nach der gewünschten Temperatur für den Innenraum. Es entsteht eine richtige Konversation. Der Audi hört aufmerksam zu und stellt sogar Rückfragen. Wer Amazons Alexa kennt, der kann sich das in etwa vorstellen. Im Grunde können wir über die Sprachbedienung vom Telefon über Musik und Navi bis hin zur Klimaanlage alles Wichtige im Auto komplett steuern. Das alles klappt schon verblüffend gut. Und Audi verspricht, die Kommunikation zwischen Fahrer und lernfähigem Auto würde sich stetig verbessern.
Digitales Cockpit mit neuer MMI-Touchscreen Navigation
Sie können mit Sprachbedienungen so gar nichts anfangen? Auch nicht schlimm. Beim neuen MMI-Navigationssystem können Sie auch direkt auf die beiden riesigen Touchscreens tippen. Sie türmen sich mittig im Cockpit auf, eingerahmt von feinem schwarzem Klavierlack. Die Menüstruktur ist wie bei Smartphones flach aufgebaut, die Bedienpunkte treffsicher groß umrandet. Damit sich Verfechter des bisherigen Drehdrückreglers leichter umstellen, gibt der A6 beim Tastendruck ein hör- und auch ein spürbares Feedback. Ganz so blind wie früher bedienen wir das System dadurch nicht, es gibt Touchscreen-Muffeln dennoch mehr Sicherheit. Außer dem Startknopf für den Motor und dem Lautstärkeregler sind kaum noch Schalter ins Aludekor eingebettet. Selbst die Warnblinker-Taste liegt jetzt digitalisiert hinter der berührungssensitiven Glasplatte.
1.848 Euro werden für das große MMI Navigationssystem fällig. Mit im Preis inbegriffen sind die digitalen Instrumente. Die Inhalte auf dem 12,3 Zoll großen HD-Display direkt vor unserer Nase können wir individuell zusammenstellen. Sogar die Navikarte lässt sich über die gesamte Breite ziehen, Tacho und Drehzahlen schrumpfen dann auf Golfballgröße und verschwinden in den Ecken. Auf das im Vergleich dazu überteuerte Head-up-Display (1.176 Euro) könnten wir daher verzichten.
Das Geld ist besser in die Assistenten investiert. Im Assistenzpaket Tour (1.680 Euro) ist beispielsweise der weiterentwickelte adaptive Fahrassistent dabei. Der hält den Abstand zum Vordermann sowie den Audi aktiv in der Spur. Aber er scannt auch selbstständig die Tempolimits und passt sich diesen automatisch an. Mit festem Ziel in der Navi errechnet der Audi sogar die optimale Kurvengeschwindigkeit und bremst das Auto vor dem Abbiegen eigenständig herunter. Das macht er so vorausschauend und in solch einer gelassenen Fahrweise, dass wir gar nicht mehr selbst auf die Pedale treten wollen.
Alle Motoren standardmäßig elektrifiziert
Wie schnell er die Kurven nimmt, lässt sich neuerdings über die Einstellungen auf den eigenen Fahrstil anpassen. Während Audi-Modelle mit adaptivem Fahrassistent der vorherigen Generation auf Panoramasträßchen schon mal zum schleichenden Hindernis werden, kann es nun passieren, dass Ihnen der A6 sogar zu schnell ums Eck flitzt. Wir mussten schon etwas tüfteln und ausprobieren, bis wir den für uns passenden „autonomen“ Fahrstil gefunden hatten. Die letzte Stunde unserer Testrunde gibt der Audi aber dann nahezu alleine das Tempo vor. Selbst im Stadtverkehr lassen wir den Wagen bremsen und selbst Gas geben. Fünf Radar-, zwölf Ultraschallsensoren und fünf Kameras beobachten dabei die Umgebung, damit der Audi keine Autos, Radfahrer oder Fußgänger übersieht.
Auch die Motoren verknüpft Audi mit den Sensoren sowie dem Navi. Wenn es vom Verkehr her passt und es das Streckenprofil hergibt, schaltet der A6 den Motor ab und segelt bis zu 40 Sekunden am Stück. Rollt der Wagen wiederum ins Tal, verzögert er über einen an der Kurbelwelle angebrachten Riemen-Starter-Generator. So fließen bis zu 12 kW Leistung in die kleine Lithium-Ionen-Batterie unter der Rückbank, die wiederum als Energieversorger bei ausgeschaltetem Motor dient. Die kleine E-Maschine und ein 48-Volt-Bordnetz helfen beim Anfahren und verlängern die Start-Stopp-Phasen. 0,7 Liter Sprit auf 100 Kilometer soll die Limousine so einsparen.
Neuer Vierzylinder-Diesel mit 204 PS im A6 40 TDI
Sparsamkeit ist nur eine Seite des neuen A6. Die elektronische Charakterregelung für adaptive Dämpfer, Lenkung und Gasannahme wollen die Ingenieure weiter gespreizt haben. Aus dem Gleiter wird deshalb kein wilder Hengst. Im Dynamikmodus fährt sich die Limousine durchaus sportlicher, wobei auch hier dem Abrollkomfort eine große Gewichtung zukommt. Den pfiffigen Eindruck, den der A6 auf Landstraßen hinterlässt, verdankt er vielmehr seiner Allradlenkung (1.596 Euro). Bei Geschwindigkeiten bis 60 km/h drehen die Hinterräder bis zu fünf Grad entgegen den Vorderrädern ein. Was den fast fünf Meter langen A6 so wendig wie einen A3 macht.
Zum Markstart im Juli bietet Audi zwei Sechszylinder-Motoren an, einen Benziner (55 TFSI mit 340 PS) für 50.294 Euro und einen Diesel (50 TDI/286 PS) für 48.781 Euro. Beide serienmäßig mit Quattro-Antrieb. Im Laufe des Jahres legt Audi eine 231-PS-Version des V6-Diesels nach. Außerdem steht der komplett neu entwickelten Vierzylinder-Diesel im 40 TDI an. Auf den lohnt es sich zu warten. Nicht nur, weil er mit rund 40.000 Euro Startpreis deutlich günstiger als die Sechszylinder ist. Audi hat den Zweiliter-Diesel mit 204 PS Leistung perfekt abgestimmt. In Kombination mit der Siebengang-Doppelkupplung S-Tronic schaltet er auf den Punkt, dreht mit seinen 400 Nm von unten vehement heraus. Ganz im Gegensatz zum größeren V6, dessen Achtgang-Wandlerautomatik schon bei leichten Gasstößen eine Stufe zurückschaltet und sich eine Gedenksekunde gönnt. Klar, das sexy sechszylindrige Knurren fehlt dem kleinen 40 TDI. Dafür ist er erstaunlich leise und vibrationsarm. Der perfekte Partner für gestresste Vielfahrer. Was der A6 wohl selbst dazu sagen würde?