Der Honda Civic wurde mit dem letzten Modellwechsel deutlich länger und flacher. Damit sprengt er fast den Rahmen der Kompaktklasse. Sein sparsamer Dieselmotor überzeugt.
Fuhrparkleiter finden immer was zu kritteln: Einmal stören sie sich daran, dass alle Welt auf SUV fliegt, obwohl die Dickschiffe unnötig viel Sprit verbrauchen. Und jetzt steht da endlich mal wieder ein gewöhnlicher Kompaktwagen auf dem Firmenparkplatz. Sogar flacher und kaum breiter als der direkte Vorgänger, quasi ein lobenswürdiges Muster der Modellentwicklung. Doch warum, liebe Honda-Ingenieure, wurde der Honda Civic mit dem letzten Modellwechsel um stolze 14 Zentimeter länger?
Denn mit 4,52 Metern entflieht der Civic der Kompaktklasse. Zum Vergleich: Ein Golf bringt es auf 4,26 Meter. Das ist in Städten mit chronischer Parkplatznot ein richtiges Pfund. Gehen wir einfach mal davon aus, die zusätzliche Länge brauchten die Designer um ihre wirklich unübliche Heckgestaltung umzusetzen. Für ein echtes Steilheck steht die Heckscheibe zu flach, zudem ist sie zweigeteilt. Zwei große Rückleuchten machen die ungewöhnliche Optik perfekt.
Unter die geteilte Heckscheibe passen immerhin 478 Liter Gepäck, auch das ist mehr als in dieser Klasse üblich. Leider blieb die praktische Lösung mit dem Tank unter den Vordersitzen im Vorgänger stecken. Die Rücksitze klappen im Civic inzwischen wie in jedem anderen Kompaktwagen so nach vorn, dass die Ladefläche nach vorn leicht ansteigt. Mitfahrer auf der Rücksitzbank freuen sich über die üppige Kniefreiheit, an den Köpfen wird es dafür spätestens ab 1,85 Metern Körpergröße eng.
Auf den Vordersitzen gibt es derlei Beschränkungen nicht. Kopf- und Beinfreiheit reichen aus, die tiefe Sitzposition integriert den Fahrer sehr gut in das Auto. In den Instrumenten informiert ein großes Display über Bordcomputer und gefahrene Geschwindigkeit. Die Bedienung gestaltet sich zu Anfang über die Tasten des Multifunktionslenkrads gewöhnungsbedürftig. Gleiches gilt für den Touchscreen in der Mitte. Die Menüführung ist teils verworren, die Schaltflächen sind klein und wirken altbacken. Immerhin lassen sich aktuelle Smartphones zeitgemäß per Android Auto und Apple Carplay verbinden, und das Navi nutzt dann auch Online-Verkehrsdaten.
Viel spannender als die Konnektivität ist bei diesem Auto aber die Technik unter dem Blech. Dort werkelt ein 1,6-Liter Dieselmotor, der mit vier Zylindern 120 PS und 300 Newtonmeter in den Antriebsstrang schickt. Eine Neunstufenautomatik verarbeitet die Kraft, und die Abgase verlassen ganz ohne Adblue-Reinigung den Auspuff. Ähnlich wie bei Mazda haben die japanischen Ingenieure hier eine Lösung gefunden, dennoch die strenge Euro 6d-Temp Norm zu erfüllen. Allerdings moniert der ADAC in seinem Ecotest leicht erhöhte Stickoxidwerte.
Von den technischen Feinheiten bekommt der Fahrer nicht viel mit, der Selbstzünder läuft kultiviert und erstaunlich kraftvoll. Während die Automatik bei kaltem Fahrzeug und langsamer Geschwindigkeit manchmal noch etwas ruckt, wird sie mit zunehmendem Tempo geschmeidig. Sie hat stets einen passenden Gang parat, schaltet trotz der vielen Stufen nicht hektisch hin und her. Bei Tempo 140 liegen gerade einmal 2.000 Touren an. Das ist gut für den Verbrauch, der bei vorsichtigem Gasfuß unter fünf Litern bleibt, und nur durch unsere schnell zurückgelegten Autobahnkilometer über die Sechs-Liter-Marke anstieg. Bei den zügigen Fahrten fielen zudem deutliche Windgeräusche auf.
Den positiven Fahreindruck unterstützen das gelungen abgestimmte Fahrwerk und die steife Karosserie. Stelzt die Federung in der Stadt noch etwas unbeholfen über kurze Unebenheiten wie Schachtdeckel oder Querfugen, gleicht sie bei höherem Tempo Fahrbahnwellen gut aus. Dabei ermöglicht die straffe Abstimmung hohe Kurventempi. Wenn die Haftgrenze dann doch mal erreicht ist neigt das Heck zum Eindrehen, ohne die Fahrsicherheit zu beeinträchtigen. Einzig die variabel übersetzte Lenkung agiert um die Mittelstellung etwas gefühllos.
Auf der Autobahn fällt das beim gemütlichen Dahinfahren nicht weiter auf, zumal ein Spur- und Abstandsassistent serienmäßig sind. Auch ein Notbremsassistent ist immer dabei. Leider zeigt er ein schon aus anderen Hondas bekanntes Verhalten: In engen Straßen verwechselt er am Fahrbahnrand geparkte Autos mit Hindernissen und blinkt wild. Im Testverlauf probierte er gar zweimal eine Notbremsung, die nur mit einem beherzten Tritt auf das Gaspedal verhindert werden konnte.
Das ist schade, zumal Honda die grundsätzlich empfehlenswerten Systeme schon in die Serienversion steckt. So kostet der feine Diesel ab 18.000 Euro (alle Preise netto). Leider gibt es kaum Einzeloptionen, weswegen die Elegance-Version mit Infotainmentsystem, Einparkhilfe und einigen Komfortextras das Minimum für einen Geschäftswagen darstellt. Das Paket kostet 5.000 Euro, das Automatikgetriebe weitere 1.760 Euro. Empfehlenswertes LED-Licht bietet Honda erst im nochmal 2.500 Euro teureren Executive. Doch selbst dann bleibt der Honda noch unter vergleichbar ausgerüsteten deutschen Modellen. Immerhin preislich ist der Honda Civic also nicht der Kompaktklasse entwachsen. Und außerdem spart die flache Karosserie in Vergleich zu einem SUV gehörig Sprit.