Jetzt hat auch Jaguar endlich sein SUV. Der F-Pace ist aber kein Sport-SUV à la Macan, oder so seriös wie der Q5. Er zielt auf die SUV-Coupé-Fangemeinde rund um den BMW X4 ab.
Mensch Jaguar, wie konntet ihr uns den nur so lange vorenthalten. Wir hatten ja gedacht, es gäbe bei SUV keine Nischen mehr. In welche Schublade wir den F-Pace stecken sollen, wissen wir aber nicht. Von den konservativ dreinschauenden SUV-Modellen wie einem VW Touareg oder Audi Q5 hebt sich der Jaguar-SUV deutlich ab. Der kommt mit seinem riesigen Kühlermaul und den breiten Backen leicht protzig daher. Von der Agilität eines Porsche Macan ist er allerdings ebenfalls weit entfernt. Am ehesten passt er zum hochbeinigen Coupé von BMW, dem BMW X4. Mit dem Unterschied, dass der F-Pace einen ordentlichen Schuss Eleganz und Extravaganz mitbringt. Und wenn wir etwas weiterspinnen, könnte der F-Pace sogar als der nächste Bond-Dienstwagen durchgehen.
James Bond muss sich allerdings um keine Car Policy scheren. Der gemeine User Chooser schon. Damit der F-Pace vom Fuhrparkleiter nicht vorweg die Rote Karte sieht, schiebt Jaguar eine Einstiegsvariante mit Schaltung und Heckantrieb in die Verkaufshallen. 129 Gramm CO2 sowie ein Startpreis ab 35.621 Euro netto (F-Pace 20d Pure): Ein „No“ wird der Mitarbeiter wohl nur schwer akzeptieren. Zumal die Konkurrenz in beiden Werten deutlich drüber liegt. In den meisten Flotten wird gar der Zweiliter-Diesel mit Allrad und Achtgang-Automatik (139 Gramm CO2) durchgewunken. Doch bei 39.907 Euro wird’s auch hier nicht bleiben. Oder würden Sie Ihren F-Pace mit Stoffsitzen und Halogen-Scheinwerfern konfigurieren?
Sechs Ausstattungslinien
Sechs Ausstattungslinien bietet Jaguar an. Die zweite Stufe namens Prestige sollte es schon sein. Der F-Pace leuchtet dann Straßen mit Bi-Xenon-Scheinwerfern aus, kühlt seine Passagiere in zwei unterschiedlich geregelten Klima-Zonen, die wiederum auf Taurus-Ledersitzen logieren. Beim Einstiegsdiesel 20d AWD kommen somit 42.857 Euro zusammen. Wer nun aber noch mit einem Panoramaglasdach, dem riesigen Touchscreen inklusive digitalem Instrumentenfeld, LED-Scheinwerfern und allen Fahrerassistenten liebäugelt, oder seinen SUV lieber auf 20-Zöller stellt, der landet schnell bei über 50.000 Euro.
Seinem Premium-Anspruch wird Jaguar mit dem F-Pace gerecht. Auch wenn es kleine Abzüge für teilweise zittrige Nähte im Leder und harten Kunststoff im Beinbereich des Cockpits gibt. Schickes Klavierlack- und Holzdekor sowie das griffige Sportlenkrad und das weiche Leder machen dies wieder wett. Der Gesamteindruck passt. Ein Genuss und Schauspiel immer wieder aufs Neue ist der Automatikwählhebel, der beim Starten des Motors aus der Mittelkonsole herausfährt
Rechnerleistung wie im Airbus A380
Wie bei XE und XF pflanzt Jaguar auch beim F-Pace sein neues Infotainmentsystem In Control Touch mit imposantem, über 20 Zentimeter breitem Touchscreen in die Mitte des Armaturenbretts. Die Grafik ist gestochen scharf. Auf Anhieb kommen wir mit dem Menü zurecht. Und klar, der F-Pace ist auch schon vernetzt. Über Google Street View zeigt das System die Umgebung beispielsweise am Zielort der Navigation an oder die nächste Tanke im Umkreis. Die Rechnerleistung soll gar größer sein als die eines Airbus A380. Nettes Gimmick: Auf dem Homescreen kann der Fahrer seine für ihn wichtigsten Funktionen zusammengewürfelt platzieren, egal ob Naviziele, Telefonkontakte oder Radiosender. Ins Wlan-Netz des Jaguars können sich die Mitreisenden mit bis zu acht Laptops und Smartphones einloggen und ihre Geräte über die vier USB- und drei 12-Volt-Steckplätze laden.
Statt den herkömmlichen analogen Tacho- und Drehzahluhren wirft der F-Pace dem Fahrer ein zwölf Zoll großes, digitales Instrumentenfeld vor die Nase. Auf dem Bildschirm ploppen alle wichtigen Infos auf, ohne den Fahrer aber wie bei manch anderen Herstellern mit Farbspielen und ständigen Einblendungen zu überfordern. Zusätzlich projiziert ein Head-up Display Infos direkt auf die Windschutzscheibe. Mit Stauassistent, Totwinkelwarner, Verkehrszeichenerkennung und dem aktiven Notbremsassistenten, der den Zwei-Tonner in Gefahrensituation bis Tempo 50 automatisch bis zum Stillstand bremst, sind auch die wichtigsten Fahrerassistenten an Bord. Das 360-Grad-Kamerasystem wuchtet den recht unübersichtlichen F-Pace zudem ganz alleine in enge Parklücken
Unterstützung von Land Rover
Obwohl man mit Land Rover einen Allradspezialisten im Haus hat, entwickelte Jaguar einen komplett eigenständigen Allradantrieb. Auf normaler trockener Straße leitet das System 100 Prozent der Kräfte auf die Hinterachse. Erst wenn die Hinterräder an Grip verlieren, verteilt der Jaguar über eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung bis zu 50 Prozent des Drehmoments auf die Vorderräder.
Ganz ohne die Land Rover-Kollegen wollten die Jaguar-Ingenieure dann doch nicht. Ein intelligentes System des F-Pace identifiziert die Fahrbahnfläche – von Schnee und Eis bis Schotter – und hilft dem SUV mit passender Motorkraft und Getriebeeinstellung speziell beim Anfahren problemlos von der Stelle zu kommen. Das Know-how dieser Assistenzsysteme kam von Land Rover, gibt Jaguar neidlos zu, um im nächsten Atemzug den Zweiliter-Diesel zu erwähnen. Den bauen die Briten nämlich selbst im Werk in Wolverhampton.
Dessen 430 Nm Drehmoment genügen, um das Schwergewicht souverän anzuschieben. Etwas brummig ist der Vierzylinder-Diesel allerdings schon. Ruhiger und druckvoller geht der Dreiliter-V6 mit seinen 300 PS und 700 Nm zur Sache – unsere erste Wahl. Dafür sollte Ihr Budget allerdings zehntausend Euro Spielraum haben. Darüber rangiert nur noch der doppelt aufgeladene Dreiliter-Benziner mit 340 und 380 PS. In 5,5 Sekunden schießt der F-Pace in der leistungsstärksten Variante auf Tempo 100. Damit erübrigt sich auch die Frage, welchen James Bond wohl nehmen würde