Smartphone Handy am Steuer? Das wird teuer!

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Mobiltelefone während der Fahrt zu nutzen ist verboten. Wer erwischt wird, zahlt 60 Euro und erhält einen Punkt. Doch ganz so eindeutig ist die Gesetzeslage nicht.

wohl können es viele Autofahrer einfach nicht lassen: Laut einer Studie der TU Braunschweig hantiert auf der Autobahn jeder zehnte Autofahrer mit seinem Smartphone herum, statt den Blick auf die Straße zu wenden. Damit liegt das Handy-Tippen an der Spitze der Nebenbeschäftigungen beim Fahren. Im Januar hat sich nun auch der Verkehrsgerichtstag in Goslar mit dem Thema Unfallursache Smartphone befasst. Ob dies zu Verbesserungen führt, ist abzuwarten.

Doch was genau ist heute eigentlich erlaubt und was verboten? Bei Inkrafttreten des Handyverbots waren die erhältlichen Geräte überwiegend auf die Funktionen Telefonieren und SMS-Schrei­ben beschränkt. Mit der Einführung internetfähiger Smartphones hat sich dies gravierend geändert. Die Geräte werden vornehmlich zur Kommunikation in sozialen Netzwerken, zum Navigieren oder Musikhören genutzt. Das Telefonieren wird immer mehr zu einem Nice-to-have. Aber auch für die neuen Features gilt: Nicht alles, was möglich ist, ist erlaubt.

Weder das Telefon noch der Hörer des Telefons dürfen in der Hand gehalten werden. Dies gilt umfassend und es ist gleichgültig, ob dies zum Telefonieren oder zu anderen Zwecken geschieht. Im Gesetz steht schließlich nicht »telefonieren« sondern »benutzen« und die Gerichte legen diesen Begriff weit aus.

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Daten eingeben? Nur im Stand.

Der gängigen Rechtsprechung zufolge darf ein Smartphone daher weder als Navigationshilfe (OLG Hamm, Az.: III-5 RBs 11/13) noch als Digitalkamera (OLG Hamburg, Az.: 2-86/15 RB) noch zur Internetabfrage (OLG Hamm, Az.: 1 RBs 232/14) verwendet werden. Selbst der Anschluss an das Ladekabel ist untersagt (vgl. OLG Oldenburg, Az.: 2 Ss OWi 290/15), denn – und nur darauf kommt es an – vom Grundsatz her bedeutet "Benutzung" jede Tätigkeit, bei der das Gerät in der Hand gehalten werden muss (vgl. OLG Hamm, Az.: 2 Ss OWi 1005/02; OLG Jena, Az.: 1 Ss 82/06; OLG Bamberg, Az.: 3 Ss OWi 452/07). Es sei denn, man steht mit ausgeschaltetem Motor an einer Ampel (OLG Hamm, Az. 1 RBs 1/14).

Technik schlägt Gesetz

Aber genau hier wird es kompliziert, denn die technische Entwicklung hat das Gesetz inzwischen längst überholt und abgehängt. Das Verbot trat zu einem Zeitpunkt in Kraft, als Bluetooth noch in den Kinderschuhen steckte. Inzwischen ist Bluetooth bei Smartphones Standard und es existiert vielfältiges Zubehör, das das Telefonieren auch dann ermöglicht, wenn man zwar nicht mehr das Gerät, aber dafür einen anderen Gegenstand in der Hand hält.

Absurderweise führt dies dazu, dass derjenige, der über sein tragbares ­Navi oder über einen MP3-Player mittels Blue­tooth mit seinem Smartphone telefoniert, auf der sicheren Seite ist, selbst wenn sich dies von der Ablenkung her in keiner Weise von einem Telefonat ­alleine mit dem Smartphone unterscheidet (3  Ss OWi 744/07). Dem OLG Stuttgart zufolge (Beschluss, Az.: 1 Ss 187/08) darf man zwar kein Telefon in der Hand halten, ein Bluetooth-Gerät allerdings schon. Wörtlich heißt es dazu: "Die Benut­zung eines Earsets ist nicht mit der Aufnahme oder dem Halten des Hörers eines Auto­tele­fons gleichzusetzen, weil das Earset nicht mit der Hand gehalten werden muss, sondern eine eigenständige Befestigung am Kopf des Fahrers besitzt."

Der Umstand, dass in dem vorliegenden Fall das Earset zur Verbesserung der Hörqualität von dem Betroffenen mit der rechten Hand an das Ohr gedrückt wurde, ändert an der grundsätzlich andersartigen Funktionsweise nichts. Die Bestimmung des § 23 Abs. 1a StVO will offensichtlich verhindern, dass der Fahrer in einer Hand einen Gegenstand hält, den er nicht ohne Weiteres schnell loslassen kann. Das AG Heilbronn hatte in dieser »technischen Variante ein dem in § 23 Abs. 1a StVO geregelten Sachverhalt gleichzustellendes Er­schei­nungs­bild« gesehen (Az.: 42 OWi 25 Js 30138/07). Das leuchtet ein, denn von dem Wortlaut des Gesetzes her ist eine Freisprecheinrichtung nun einmal kein (unselbstständiges) Funktionsteil des Mobil- oder Autotelefons (siehe OLG Bamberg).

Im Ergebnis ist es daher erlaubt, mit jeglichem Gerät im Auto zu telefonieren, solange nur das Telefon nicht in der Hand gehalten wird. Bis zur Anpassung des Gesetzes an die technische Wirklichkeit bleibt es daher vermutlich auch weiterhin ohne Konsequenzen, wenn man sich zum Telefonieren ein iPad an die Wange hält (AG Waldbröl, Az.: 44 OWi 225 Js 1055/14). Und wenn die im Auto verbaute Bluetooth-Freisprecheinrichtung genutzt wird, ist es sogar erlaubt, mit dem Smartphone in der Hand zu telefonieren (vgl. OLG Stuttgart Az.: 4  Ss 212/16)

Anrufe wegdrücken ist verboten

Das Wegdrücken eines Anrufs hingegen bleibt bußgeldbewehrt (OLG Köln, Az.: III-1 RBs 39/12). Die Weitergabe eines klingelnden Handys an den Beifahrer ist es hingegen nicht (OLG Köln, Az.: III-1-RBs 284/14). Das alles klingt nicht nur verwirrend, es ist es auch.

Ob die Empfehlungen des Arbeitskreises II des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages, wonach die Formulierung "aufgenommen oder gehalten werden muss" in "aufgenommen oder gehalten wird" geändert werden soll, dem technischen Fortschritt hinreichend Rechnung tragen kann, oder ob das Handyverbot in Anbetracht des technischen Fortschritts sich zu einem Ausnahmetatbestand entwickelt, bleibt abzuwarten. Bis es soweit ist, wird allerdings noch Zeit vergehen.

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So passt es am besten: Fahrzeug-Apps nutzen oder Smartphone per Apple Car Play oder Android Auto ins Autosysteme integrieren.