Dieselmotor Da ist noch Luft drin

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Kraftstoff-Forscher und Entwickler von Einspritzsystemen sehen im Dieselmotor immer noch die effizienteste Art des Antriebs. Am Ende seiner Entwicklung ist er noch lange nicht.

Ein erstaunlicher Wandel: Früher galt der Selbstzünder als rußiger Stinker. Heute schlägt er sich im ökologischen Vergleich prächtig. "Der Diesel ist aufgrund seines hohen Wirkungsgrades für das Erreichen der Klimaziele absolut unverzichtbar", sagt Thomas Steg, Leiter der Außen- und Regierungsbeziehungen des Volkswagenkonzerns.

Der CO2-Ausstoß der Neuwagenflotte hatte im vergangenen Jahr einen Wert von 132,8 Gramm pro Kilometer erreicht. "Ohne Dieselfahrzeuge hätte er bei 138,4 Gramm pro Kilometer gelegen", so Steg. Klingt paradox, ist aber richtig. Das Verbrennen von Diesel hat zwar ein höheres CO2-Bildungspotenzial als das von Otto-Kraftstoff. Eine bessere Energiedichte und ein höherer Heizwert im Vergleich zu Benzin heben diesen Nachteil jedoch auf. Das war schon immer so, doch hat sich der Dieselmotor enorm weiterentwickelt und bringt es in einigen Fahrzeugen bereits auf CO2-Emissionen von unter 100 Gramm.

Diese Wandlung zum Öko-Brenner ist das Ergebnis intensiver Forschung. In einem modernen Einspritzsystem haben die Düsen heute Durchmesser von nicht mal mehr 0,1 Millimetern. Der Kraftstoff aber wird mit einem Einspritzdruck von 2.500 bar und mehr hindurchgepresst. Das ermöglicht eine extrem feine Zerstäubung für eine optimierte Verbrennung.

Kraftstoffproduzenten arbeiten mit Autoherstellern zusammen

Allerdings muss da auch der Kraftstoff mitspielen. "Wir als Kraftstoffproduzent arbeiten mit den Autoherstellern schon in sehr frühen Entwicklungsphasen zusammen", berichtet Wolfgang Warnecke, Chef-Wissenschaftler für Mobilität beim Shell-Konzern: "Genauso natürlich mit den Einspritztechnikherstellern und den Produzenten von Abgasbehandlungssystemen." Für Warnecke ist der Diesel noch lange nicht auf dem Höhepunkt seiner vor mehr als 100 Jahren gestarteten Karriere angelangt. "In Sachen Effizienz sind in den kommenden Jahren noch 30 Prozent mehr drin", prophezeit Warnecke.

Chemische Zusätze werden wichtiger

Was aber kann ein Kraftstoffhersteller dazu noch beitragen? Das Gewinnen von Gasöl – nichts anderes ist Diesel – ist ja keine Erfindung des 21. Jahrhunderts, sondern uralte Raffinerietechnik. Gasöl fällt beim Destillieren von Erdöl nach der sogenannten leichten Fraktion (für Benzin) und noch vor dem Abschneiden schwerer Öle an. Die Anforderungen an diesen Kraftstoff aber steigen durch komplexere Motorentechnik und strengere Emissionsvorschriften immer weiter an. Schon jetzt ist klar: Die Chemie- und Bioforschung muss die Zukunft des Diesels vorantreiben. Es geht um Additive, Beimischungen also, die dafür sorgen, dass Diesel eben nicht gleich Diesel ist. "Der Additivierung wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen, als sie heute ohnehin schon hat", so Warnecke.

Biochemiker und Mikroorganismen-Forscher wollen noch effizienter machen

In den Anfangsjahren der Additivforschung standen Schaumverhinderer und Aromastoffe ganz oben auf der Zutatenliste. Die Rezeptur ist heutzutage weitaus delikater. Im Fokus stehen vor allem Zündbeschleuniger. Je besser die Zündwilligkeit, desto effizienter, leiser und sauberer arbeitet der Motor. Neue Beimischungen auf Basis von organischen Nitro- oder Nitrat-Verbindungen sollen diese Zündwilligkeit weiter erhöhen.

Das ist noch lange nicht alles. Fließverbesserer halten selbst winzigste Pa­raffinkristalle im Diesel in der Schwebe. Das sichert einen störungsfreien Betrieb im Winter. Detergenzien und Dispertanten verhindern immer effektiver Ablagerungen im Einspritzsystem. Durch Abbrennhilfen lässt sich die Ruß-Abbrenntemperatur in Partikelfiltern reduzieren, Korrosionsinhibitoren sollen in Zukunft Rostbildung gänzlich ausschließen. Ein wahres Freudenfest für Chemiker also.

"Deshalb von synthetischem Kraftstoff zu sprechen ist aber falsch", sagt War­necke: "Diesel wird immer ein Produkt auf Basis von mineralischem Erdöl bleiben und somit wie alle Stoffe fossiler Herkunft ein Nährboden für Mikro­organismen. Ein irgendwo abgestellter Liter Diesel hat in drei Stunden andere Eigenschaften als jetzt." Der moderne Forschungsansatz trage dem mehr Rechnung als in früheren Zeiten, in denen die Raffinerietechnik im Vordergrund stand, so der Experte. Luft nach oben ist also noch da für den Diesel: "Auch im Zeitalter der Elektromobilität wird er auf der Langstrecke noch lange alternativlos bleiben."