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Mercedes EQE 350 im Test Stark, leise, bequem - und teuer

Foto: Mercedes 4 Bilder

Mit Geld kauft man Sorglosigkeit – auch im Firmen-Fuhrpark. Das gilt ebenso für Elektroautos, wie der Mercedes EQE im Test zeigt. Alles, was Sie zum EQE wissen müssen.

Stark, leise und äußerst bequem: Der Mercedes EQE ist ein typischer Mercedes. Dass er auch eine Elektrolimousine ist, spielt nur eine Nebenrolle, weil die Technik perfekt ins Auto und die Anforderungen des Alltags integriert ist. Der Schwaben-Stromer zeigt aber auch: Wer beim Verlassen der Verbrenner-Welt keine Kompromisse eingehen will, braucht ein dickes Portemonnaie.

Im Windkanal rundgepustete Karosserie

War der elektrische Bruder der E-Klasse nach seinem Start Mitte vergangenen Jahres zunächst vor allem im Großraum Stuttgart zu sehen, zeigt er sich nach dem Abflauen der Chipkrise und dem Anlaufen der Produktion nun auch in anderen Teilen der Republik im Straßenbild. Das dürfte ein Vorteil sein, sieht er doch in Realität deutlich weniger konturlos und klumpig aus als auf Fotos. Tatsächlich wirkt die im Windkanal rundgepustete Karosserie auf der Straße eher kraftvoll und elegant, wie es einer repräsentativen Limousine zukommt.

Innen überzeugt das Niveau

Das Raumgefühl ist noch luftiger als in einer E-Klasse, die Materialien sind im Sicht- und Tastbereich hochwertig und kontrastieren mit ihrem klassischen Luxus-Look die moderne Bildschirmlandschaft. Im Testwagen war die Standardvariante mit Digital-Instrumenten und großem Hochkant-Bildschirm in der Mittelkonsole montiert. Optional gibt es den sogenannten Hyperscreen, der sich über das komplette Armaturenbrett bis zum Ende der Beifahrerseite zieht. Die Zusatzfläche vermisst man allerdings nicht, auch die kleine Variante überzeugt mit hübscher Optik, der seltenen Kombination aus überbordender Funktionsvielfalt und einfacher Bedienung sowie sehr zackiger Performance.

Laden: maximal 170 kW Leistung

Geradezu Maßstäbe setzt das Navigationssystem mit der für E-Autofahrten wichtigen Routenplanung. Halbwegs passende Ladestopps schlagen auch andere Geräte vor – die hier gelieferte Informationsvielfalt zu Lage, Art, Tempo und Zahl der Säulen macht die Reiseplanung im Mercedes aber vorbildlich einfach. Alternative Lade-Apps auf dem Smartphone braucht hier niemand mehr zu Rate zu ziehen – was leider auch in anderen teuren E-Mobilen keine Selbstverständlichkeit ist. Das Laden selbst absolviert der EQE souverän, wenn auch nicht allzu schnell. Die maximal 170 kW Leistung sind den Limitierungen der 400-Volt-Technik geschuldet und liegen zudem nur in einem schmalen Wohlfühlbereich bei rund einem Drittel Akkufüllstand an. Danach lässt die Leistung zunächst langsam und dann im Bereich von 70 Prozent spürbar nach.

Die Eignung als Reiseauto beeinträchtigt die leichte Trödelei an der Säule aber nicht wirklich, auch weil der große Akku mit bis zu 621 Norm-Kilometern ein ordentliches Polster für die Fernstrecke bietet (auch bei winterlichen Temperaturen sind noch knapp 500 Kilometer möglich). Der Autobahn-Verbrauch fällt mit rund 20 bis 24 kWh pro 100 Kilometer zwar höchstens durchschnittlich aus, steigt dank der windschlüpfigen Karosserie aber auch jenseits der Richtgeschwindigkeit nicht auf Extremwerte. Selbst wer es mal etwas eiliger hat, dürfte ohne Reichweitenangst ans Ziel kommen.

Keine Sorgen um die Reichweite für Dienstreisen

Um die klassischen Beschränkungen der E-Mobilität muss sich ein EQE-Fahrer also keine Sorgen machen. Der große Akku und die gute Ladeplanung machen es möglich, sich komplett auf das Auto und das Fahren zu konzentrieren. Und das funktioniert Mercedes-typisch extrem komfortabel und souverän. Der E-Motor arbeitet ruhiger als jeder Zwölfzylinder, die Karosserie erzeugt kaum Windgeräusche und der einzige Grund, die optionale Burmester-Audioanlage auf der Autobahn lauter zu stellen sind die gedämpft brummenden Abrollgeräusche der Pneus. Die sind auf wuchtige, mindestens 19 Zoll große Felgen aufgezogen, die möglicherweise den Fahrkomfort beeinträchtigen – wovon aber dank optionaler Luftfederung und gekonnter Fahrwerksabstimmung nicht wirklich was zu spüren ist. Gefallen kann auch die serienmäßige Hinterachslenkung, die dem immerhin 4,95 Meter langen EQE eine unerwartete Wendigkeit im Stadtverkehr verschafft. Ein kleines Manko ist der allenfalls durchschnittliche Kofferraum von 430 Litern – eine E-Klasse bietet hier rund 100 Liter mehr. Anders als es die Karosserieform nahelegt, gibt es zudem keine große Heckklappe, sondern nur einen klassischen Deckel, der eine vergleichsweise kleine Öffnung freigibt, was das Beladen mit sperrigem Gut schwierig macht.

High-end für 93.277 Euro

Wer die elektrische Reiselimousine haben will, muss mindestens 56.470 Euro für den 180 kW/245 PS starken EQE 300 investieren. Ein paar PS mehr im EQE 350 kosten bereits 59.663 Euro, das Top-Modelle EQE 53 4Matic+ schlägt mit 93.277 Euro zu Buche. Wer noch ein paar Extras aus der langen Optionsliste ordert, kommt schnell auf zusätzliche 8.000 bis 18.000 Euro. Das ist sehr viel Geld, aber eben auch für ziemlich viel Auto. Denn eine bessere Verbindung aus Reichweite, Reisekomfort und elektrischer Sorglosigkeit ist aktuell nur schwer zu finden.

Technische Daten: Mercedes EQE 350:

Viertürige, fünfsitzige Limousine der Oberklasse; Länge: 4,95 Meter, Breite: 1,96 Meter, Höhe: 1,51 Meter, Radstand: 3,12 Meter, Kofferraumvolumen: 430 Liter

PSM-Elektromotor; 215 kW/292 PS, maximales Drehmoment: 565 Nm, 0-100 km/h: 6,4 s, Vmax: 210 km/h, Hinterradantrieb, Eingang-Automatik, Batteriegröße: 90 kWh, Reichweite: 532 – 621 Kilometer, max. Ladeleistung: 11 kW/22 kW (AC), 170 kW (DC), Normverbrauch: 19,5 – 16,5 kWh/100 km, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Testverbrauch: 22 kWh/100 km, Preis: ab 59.659 Euro.

Kurzcharakteristik


Warum: hoher Komfort, hervorragende Navi- und Ladesoftware
Warum nicht: hoher Preis, nur durchschnittlich großer Kofferraum
Was sonst: BMW i5, Nio ET5, Tesla Model S