Als Mercedes EQT soll die praktische T-Klasse budgetbewusste Dienstwagenfahrer elektrisieren. Eine erste Testfahrt zeigt, was der Hochdach-Kombi drauf hat.
Mercedes hat mit dem EQV und e-Vito Kombi schon zwei geräumige Maxivans im Programm. Jetzt kommt der kompakte Hochdachkombi EQT dazu. Gut für Firmen und Dienstwagenfahrer, die nicht gleich 50.000 Euro (alle Preise netto) und mehr für einen geräumigen Stromer hinblättern wollen.
Nutzfahrzeug-Kooperation mit Renault
Der EQT ist die Elektroversion der Mitte 2022 eingeführten T-Klasse. Die wiederum entstammt der Nutzfahrzeug-Kooperation mit Renault, ist quasi der aufgehübschte, komfortablere und auf Mercedes-Standard getrimmte Ableger des Renault Kangoo. Mit den gleichen praktischen Details wie Schiebetüren, die das Ein- und Aussteigen in engen Parklücken erleichtern, einer geteilt verschiebbaren Rückbank mit Platz für drei Kindersitze sowie einem gut nutzbaren Gepäckabteil samt niedriger Ladekante. Für die Entwicklung hatten die Ingenieure klare Vorgaben. In Sachen Platzangebot und Ausstattung soll sich der EQT nicht von der T-Klasse unterscheiden. Auch optisch setzt er sich kaum ab. Lediglich der für alle E-Autos der Marke typische schwarze Grill mit den dicken Lamellen weist ihn als Stromer aus.
Einstiegspreis von 41.176 Euro
Zum Start gibt es den praktischen Kompaktvan als 4,50 Meter langen Fünfsitzer mit kurzem Radstand zum Einstiegspreis von 41.176 Euro. Der verlängerte EQT, auf Wunsch mit sieben Sitzen, folgt zum Jahresende. Beide werden mit einem 122 PS starken E-Antrieb samt 45-kWh-Batterie ausgeliefert.
Das sind satte 8.403 Euro mehr, als Renault für den elektrischen Kangoo verlangt. Zu Recht kontert das Mercedes-Marketing. Andere Sitze, mehr Ausstattung, bessere Dämmung - die Passagiere sollen nicht nur am Geldbeutel spüren, dass sie in einem Mercedes sitzen. Auch das Infotainmentsystem MBUX ist immer an Bord. Samt digitalen Dienste wie einem Wartungsmanagement, das die Werkstatt automatisch über anstehenden Service oder Fehler im System informiert.
Zusätzlicher Airbag
Es wird also so ziemlich alles angeboten, was Autofahren angenehm macht. Und sicher: Bei einem Crash werden die Passagiere von bis zu sieben Airbags aufgefangen, einem mehr als im Renault. Dann entfaltet sich im EQT ein zusätzlicher Luftsack zwischen den Vordersitzen. Wegen der hohen Karosserie bekam der EQT auch einen Seitenwindassistenten, der bei Böen den Wagen auf Kurs hält. Dagegen gehört ein radargestützter Abstandstempomat nicht zur Standard-Ausrüstung, sondern muss extra bezahlt werden.
Anhängelast bis zu 1,5 Tonnen
Also auf zur Probefahrt. Prima, dass sich die beiden vorderen Türen fast im 90-Grad-Winkel öffnen lassen. Das erleichtert es auch älteren oder beleibten Menschen, sich hinters Lenkrad zu klemmen. Abzüge gibt es für die mächtige Heckklappe. Zwar werden selbst groß Gewachsene nicht nass, wenn sie bei Regen den fast zwei Kubikmeter großen Gepäckraum beladen. Doch die Klappe braucht viel Platz hinterm Auto, und um sie zu schließen, muss man sich arg recken. Auch eine elektrische Schließhilfe ist nicht erhältlich. Aber alternativ gibt es auf Wunsch klassische Hecktüren. Was nicht ins Heck passt, lässt sich im Anhänger unterbringen, denn der Stromer darf bis zu 1,5 Tonnen ziehen.
Navigation auf TomTom-Basis
Im Cockpit herrscht die übliche Mercedes-Ordnung. Wer die Autos der Marke kennt, findet sich sofort zurecht. Auch die Bedienung folgt der üblichen Logik: Über kleine Touchpads links und rechts am Multifunktionslenkrad wischt man sich durchs Bordmenü, sofern man nicht auf dem 7 Zoll großen Zentraldisplay herumtippen oder dem Auto einfach sagen will, was es tun soll. Trotzdem blitzt immer wieder die französische Herkunft durch: So werden Tempo und Batterieanzeigen auf klassischen Rundinstrumenten anstatt einem digitalen Cockpit angezeigt. Auch die wenig übersichtliche Navigation auf TomTom-Basis entspricht nicht unbedingt dem bekannten Mercedes-Niveau. Ebenso wenig die vielen Hartkunststoff-Oberflächen. Dafür lassen sich die glasklaren Displays sehr gut ablesen. Und dass das markenübliche Blingbling fehlt, hat durchaus Vorzüge. Ohne den bei vielen neuen Autos üblichen digitalen Overkill wird der Fahrer deutlich weniger abgelenkt.
122 PS und 245 Nm genügen völlig
Also Startknopf gedrückt und den Automatikhebel auf D gestellt. Wie für Stromer üblich schiebt der EQT kräftig an. Die Stadt ist das typische Revier von Hochdachkombis. Dort genügen die 122 PS und 245 Nm völlig. Aber auch sonst hält der EQT wacker mit, wobei auf der Autobahn bei 132 km/h sowieso Schluss ist.
Statt wie beim Stern üblich über Paddel hinterm Lenkrad, wird die dreistufige Rekuperation über den Schalthebel eingestellt. Einmal nach hinten ziehen aktiviert das Ein-Pedal-Fahren. Dann steuert der Fahrer Bremse und Beschleunigung fast ausschließlich übers Strompedal. Den Hebel zweimal nach vorne gedrückt, und der Wagen segelt frei. Wer sich zurückhält, verbraucht weniger als die Werksangabe von 19 kWh und schafft mit einer Ladung 300 Kilometer, selbst, ohne im Eco-Modus Heizung und Motorleistung zu drosseln.
Gut gedämmt, wenig Fahrtgeräusche
Nach ein paar Stunden hinterm Steuer fällt auf, wie entspannt die Passagiere im EQT unterwegs sind. Hochdachkombis sind ja sonst nicht dafür bekannt, dass sie besonders gut gedämmt wären. Anders der EQT, bei dem nur der Fahrtwind und das Abrollgeräusch der Räder zu hören ist.
Auch der Sitzkomfort stimmt. Die von Mercedes entwickelten straffen Polster unterstützen den Rücken sehr gut. Lediglich auf der Rückbank fällt der Unterschied zur T-Klasse auf. Wegen der im Boden verbauten Lithium-Ionen-Batterie bleibt kein Platz, um die Füße unter den Vordersitz zu schieben.
Akku in 38 Minuten von zehn auf 80 Prozent
Mercedes rüstet E-Autos schon länger mit stärkeren Bordladern aus. 22 statt der üblichen 11 kW, das verkürzt die Standzeit an öffentlichen üblichen Ladesäulen auf 2,5 Stunden und vermeidet teure Blockiergebühren. Unterwegs am Schnelllader zapft der Wagen mit 80 kW, füllt den 45-kWh-Akku in 38 Minuten von zehn auf 80 Prozent. Die Ladebuchse sitzt vorne mittig unterm Stern sitzt. Das erleichtert das Stromtanken in Parkhäusern und am Straßenrand bei eng geparkten Autos.
Parallel zum EQT hat Mercedes den e-Citan Tourer aufgelegt. Gleiche Technik, gleiche Abmessungen, aber ein Look & Feel wie im Lieferwagen. Der Tourer hat den gleichen Antrieb wie der EQT, verzichtet aber auf MBUX, optische Gimmicks und viele Extras. Dafür kostet der elektrische Lieferwagenableger rund 4.200 Euro weniger. Für Familien mit schmalem Budget könnte das ein entscheidendes Kaufargument sein.
Mercedes EQT 200 – Technische Daten
Fünftüriger, fünfsitziger Hochdachkombi der Kompaktklasse
Länge: 4,50 Meter
Breite: 1,86 Meter (mit Außenspiegeln: k. A.)
Höhe: 1,82 Meter
Radstand: 2,72 Meter
Kofferraumvolumen: 551 - 1.979 Liter
Ein Elektromotor vorne
122 PS
maximales Drehmoment: 245 Newtonmeter
Vorderradantrieb
Batteriekapazität: 45 kWh (netto)
max. Ladeleistung (AC/DC): 22/80 kW
Ladezeit 10-80 % (AC/DC): 150/38 min
0-100 km/h: k. A.
Vmax: 132 km/h
WLTP-Normverbrauch: 19,0 kWh/100 Kilometer
Reichweite: 282 km,
Preis: 41.176 Euro
Mercedes EQT – Kurzcharakteristik
Warum: viel Platz, praktisch mit Schiebetüren, umfangreiche Ausstattung, sparsam
Warum nicht: relativ teuer, teils etwas billig wirkende Einrichtung
Was sonst: Citroen e-Berlingo, Fiat E-Doblò, Opel Combo-e Life, Peugeot e-Rifter, Toyota Proace Verso Electric, Renault Kangoo E-Tech
Wann kommt er: Ende Mai 2023 bestellbar