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Plug-in-Hybride Haben PHEV noch eine Chance?

Foto: BMW

Die Nachfrage nach Plug-in-Hybriden (PHEV) in Firmen-Flotten ist massiv eingebrochen. Nun steigt die elektrische Reichweite. Wendet sich das Blatt doch noch?

Am Anfang galt der Plug-in-Hybridantrieb als Brückentechnologie und als Einstieg in die E-Mobilität ohne Reichweitenangst – aber mit wenig Nutzen fürs Klima. Dann waren PHEV dank großzügiger Bafa-Förderung und günstiger Dienstwagenbesteuerung vor allem als Firmenwagen gefragt. Hier wurden die Plug-in-Hybride kaum im E-Modus gefahren. In den Kofferräumen von Leasingrückläufern fanden sich Ladekabel oft noch originalverpackt. Neue Förderrichtlinien verlangten deshalb größere E-Reichweiten, welche die Autoindustrie lieferte.

Kein Beitrag zum Klimaschutz

Kein Wunder, dass die PHEV in die Kritik gerieten, schließlich schien ihr Beitrag zum Klimaschutz vernachlässigbar. Entsprechend sanken die Zulassungszahlen im vergangenen Jahr um mehr als die Hälfte. Nicht wenige munkelten schon vom Ende des PHEV. Doch vielleicht gilt hierzulande bald wie einst für Mark Twain: "Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben."

Es spricht einiges für Plug-in-Hybride

Gegen ein baldiges Ende sprechen sogar gleich mehrere Faktoren. In 2023 erreichten Plug-in-Hybride trotz der eingestellten Kaufprämie in Deutschland einen Marktanteil von immerhin fast 4 Prozent. Viele Neuwagenkunden und Flottenbetreiber haben sich 2023 aufgrund des veränderten Förderregimes zwar verstärkt für BEV und gegen PHEV entschieden, doch nun herrscht wieder Chancengleichheit.

Dienstwagensteuer bleibt bei 0,5 Prozent

Finanziell attraktiv bleiben PHEV zumindest in Hinblick auf die Dienstwagenbesteuerung, denn für sie wird noch bis 2030 die günstige 0,5-Prozent-Regelung gelten. Um allerdings von dieser Förderung zu profitieren, werden ab 2025 E-Reichweiten von 80 Kilometer verlangt, was die Attraktivität der Gattung durchaus beflügeln dürfte.

Flexibel und zukunftssicher

Ebenfalls für eine Zukunft spricht die Tatsache, dass vielen Autonutzern der Abschied vom Verbrennungsmotor weiterhin schwer zu fallen scheint, wie etwa jüngste Umfragen andeuten. Laut einer Ende 2023 veröffentlichten Studie der Allianz Direct können sich immerhin 53 Prozent der Deutschen nicht vorstellen, auf reine E-Autos umzusteigen. Der PHEV bietet Autokäufern künftig die Chance, sich weiterhin auf die Flexibilität des Verbrenners verlassen zu können und zugleich zukunftsfest zu sein, sollten doch Fahrverbote für Verbrenner in Innenstädten verhängt werden.

Angebot und E-Reichweiten wachsen

Auch bei den Energiekosten versprechen Plug-in-Hybride Vorteile. Sollten die Spritpreise etwa aufgrund neuer Krisen und der sich weiter erhöhenden CO2-Besteuerung drastisch steigen, könnte eine stärkere Nutzung des E-Antriebs helfen, den Geldbeutel zu schonen. Derzeit stöhnen allerdings nicht wenige BEV-Nutzer über die hohen Strompreise, während man an den Zapfsäulen so günstig wie schon lange nicht mehr tanken kann. Ein PHEV lässt dem Autofahrer hier Wahlfreiheit.

Schließlich wächst das Angebot an PHEV-Modellen mit großen E-Reichweiten. Zu den eingangs erwähnten PHEV-Pionieren gehört übrigens der Toyota Prius, der 2010 zum ersten Mal dank einer 4,4 kWh großen Traktionsbatterie bis zu 85 Kilometer schnell und 25 Kilometer weit stromern konnte. Damals verteidigte Toyota diese Relationen als Effizienz-Rightsizing. Dennoch hat Toyota vergangenes Jahr die Hybrid-Ikone in fünfter Generation auf den deutschen Markt gebracht, wo sie ausschließlich als PHEV mit 13,6 kWh großer Traktionsbatterie angeboten wird, die eine auf 86 Kilometer gestiegene E-Reichweite erlaubt. Smart: An sonnenreichen Tagen lassen sich mit dem optionalen Solardach noch bis zu 9 Kilometer zusätzliche E-Reichweite generieren.

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Tanken an der Schnelllade-Station

Auch andere Hersteller haben in der jüngeren Vergangenheit neue PHEV-Generationen mit Akkugrößen auf den Markt gebracht, die manches E-Auto vor Neid erblassen lassen. Das Tor in dreistellige Reichweiten-Regionen eröffnete Mercedes Ende 2021 mit der neuen C-Klasse und der Einführung des C 300 e. Dieser bietet eine Traktionsbatterie mit 28,6 Kilowattstunden, was immerhin rund 5 kWh mehr als beim batterieelektrischen Fiat 500 Elektro mit kleinem Akku sind. 116 Kilometer kann die C-Klasse damit stromern und sich zudem an Schnellladesäulen mit bis zu 55 kW mit Nachschub versorgen. PHEV-Antriebspakete mit mehr Reichweite hat der Stuttgarter Autobauer in bereits mehreren Baureihen eingeführt. Beim GLC 400e sind es sogar 31 kWh und 135 Kilometer.

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VW sorgt für Auftrieb bei Plug-in-Hybriden

Eine gute E-Reichweite mit 139 km bietet unter anderem auch der GWM Wey 03 für rund 44.540 Euro (alle Preise netto). Anfang 2024 wird außerdem der größere und etwa 50.420 Euro teure Wey 05 mit rund 42 kWh und 158 Kilometer rein elektrischer Reichweite starten. Der Wey 05 kann fast wie ein vollwertiger Stromer genutzt werden und dennoch jederzeit mit Benzin fahren.

Für Auftrieb bei den PHEVs in Deutschland könnte zudem der VW-Konzern sorgen, der seinen 1.5-TSI-Benziner mit einem 115 PS starken E-Motor und einer 25,7 kWh großen Batterie kombiniert, die ebenfalls den Vorstoß in dreistellige E-Reichweiten-Regionen erlauben wird. Traditionelle Verkaufsschlager wie der neue Tiguan, der neue Passat sowie der Technikbruder Skoda Superb kommen dieses Jahr mit dem neuen eHybrid-System auf den Markt.

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In PHEV-Markt kommt Bewegung

In den deutschen PHEV-Markt kommt also in nächster Zeit Bewegung. Doch PHEVs sind kein rein europäisches Phänomen. Vor allem in China, wo der Neuwagenkauf von PHEVs weiterhin großzügig vom Staat auch mit Kaufprämien finanziell gestützt wird, erfreut sich diese Antriebsgattung wachsender Beliebtheit. Statt wie in Deutschland halbiert, haben sich die Zulassungszahlen der PHEVs in China vergangenes Jahr nahezu verdoppelt. China ist schon lange der wichtigste Automarkt der Welt und gilt damit auch als Trendsetter.

China-PHEV kommen mit größeren E-Reichweiten

Die chinesische Autoindustrie, die sich seit einigen Jahren anschickt, den Weltmarkt mit ihren New-Energy-Fahrzeugen zu fluten, hat auf den heimischen PHEV-Boom längst reagiert. Autogigant BYD hat zum Beispiel im Sommer 2023 das SUV-Modell Song Plus mit neuem PHEV-Antrieb vorgestellt, der mit 27-kWh-Akku 150 Kilometer weit elektrisch fahren kann. Anfang 2024 hat Changang sein Pick-up-Modell Hunter zum PHEV aufgerüstet, der mit 31-kWh-Akku 180 Kilometer weit stromert. Die Geely-Marke Lynk & Co führte 2023 mit dem 08 ein SUV-Modell ein, das ein 544 PS starkes Doppelherz sowie einen 40-kWh-Akku für 245 Kilometer Reichweite bietet. Hunter, 08 und Song Plus sind nur drei Beispiele von China-PHEV der nächsten Generation mit immer größeren E-Reichweiten. Möglicherweise zeigen chinesischer Hersteller gerade der Autowelt, wohin die Reise in der Antriebstechnik geht: Die duale Technik, die Verbrenner und Stromer in einem Fahrzeug in ausgewogenen Proportionen vereint, könnte die Verkehrs- und Energiewende antriebsseitig vielleicht sogar schneller voranbringen.