Im nächsten Jahr will Renault den Nachfolger seines elektrischen Kleintransporters Kangoo Z.E. auf den Markt bringen. Der kompakte Praktiker hat mit dem heutigen Modell optisch kaum noch etwas gemein und soll auch als Freizeitmobil für Privatkunden attraktiv werden. Und für den Lieferverkehr in den Innenstädten haben die Franzosen eine weitere elektrische Idee.
Wir kennen ihn seit Jahren, den je nach Version knuffigen oder langgestreckten Kleintransporter mit den auffallenden Glubschaugen. Der Renault Kangoo ist so beliebt, dass er sich sogar als Mercedes Citan mit dem noblen "Stern" schmücken darf, obwohl er nie eine Mercedes-Fabrik von innen gesehen hat. Weniger verbreitet ist der elektrische Kangoo, vor acht Jahren immerhin der weltweit erste in Großserie gebaute Lieferwagen. Und genau der bekommt im nächsten Jahr ebenso wie seine konventionellen Mitstreiter einen schmucken Nachfolger.
Markante Radhäuser, gewölbte Strukturen an den Flanken, ein harmonisch gestalteter Stoßfänger unter der steilen Hecktür. Dazu das typische neue Renault Gesicht mit der zentralen Marken-Raute, deren Form von einem LED-Lichtband nachgezeichnet wird. Designchef Laurens van den Acker (54) bescheinigt dem offiziell noch als "Konzept" bezeichneten neuen Kangoo Z.E. eine "Serienreife von 80 Prozent". Die dicken Schweinwerfer-Augen sind deutlich schmaleren Schlitzen gewichen. Das behutsam nach hinten abfallende Dach bringt Dynamik in die sonst eher nüchtern Silhouette eines Lieferwagens.
Der Niederländer, der schon bei Audi, Ford und Mazda am Reißbrett stand, erklärt: "Natürlich sind Fahrzeuge wie der Kangoo vor allem für gewerbliche Kunden gedacht, die Güter transportieren müssen. Aber das schließt das Thema Lifestyle nicht aus, mit dem Familien oder Hobbysportler mit Platzbedarf angesprochen werden". So geht die Neuauflage des Kangoo rein optisch durchaus auch als Kombi oder Van durch. Das Konzept-Modell mit seinen seitlichen Schiebetüren hat zwar als reiner Transporter keine hinteren Seitenscheiben, wird aber wie bisher auch als Fünfsitzer zu haben sein. "Man muss nicht viel Fantasie haben, um sich das dann rundum verglaste Auto aus trendiges Freizeitauto vorzustellen", sagt van den Acker.
Der jetzt in Paris gezeigte Kangoo hat noch kein Innenleben, die Gestaltung des Armaturenbretts hält Renault noch geheim. Der sachlich gestaltete Arbeitsplatz des Fahrers des jetzigen Modells wird mit seiner mittlerweile antiquierten Form sicher nicht überleben. Er wird sich dem elektrischen Pkw Zoe anpassen und auf einen zentralen Monitor setzen. Ebenfalls unbekannt sind noch die technischen Details. Derzeit hat der Stromer eine Reichweite von rund 270 Kilometer. Die wird dank des Fortschritts der Batterietechnik bis zum Erscheinen des neuen Modells im Laufe des nächsten Jahres sicher ansteigen.
Gut 100 Kilometer weit soll ein reiner Lieferwagen pro Batterieladung kommen, der für Laurens van den Acker ebenso wichtig ist wie der Kangoo Z.E. und bei dem es um die sogenannte "letzte Meile" geht. "Wir müssen uns auf den Boom des Online-Handels einstellen, bei dem die Waren in den dicht bewohnten Städten direkt vor die Wohnung der Kunden geliefert werden. Für die Belieferung bis zur Haustür brauchen wir kleinere Fahrzeuge, die ganz andere Bedingungen erfüllen müssen als bisher". Der nur 1,65 Meter breite, aber fast 1,90 Meter hohe "EZ-Flex" ist für den Großstadtdschungel konzipiert. "Da geht es um Wendigkeit", beschreibt van den Acker und nennt einen Wendekreis von 4,50 Metern.
Um den Fahrer, der ständig ein- und aussteigen muss, zu entlasten, ist der zweite vordere Sitz hochklappbar. "So kann er auch auf der Beifahrertür in sein Auto und von dort in den Laderaum kommen", sagt der Holländer. "Zudem haben wir den Fahrersitz steiler und die Sitzfläche nach vorne leicht geneigt ausgelegt, weil sich der Lieferfahrer mit seinem Auto oft nur ein paar Meter weiterbewegt. Da muss man sich nicht wie in einem Pkw bequem in seinen Sitz fallen lassen". Der E.Z. (3,86 Meter lang) hat immerhin ein Ladevolumen von drei Kubikmetern, die Ladekante ist nur 76 Zentimeter hoch. Der elektrische City-Laster, der mit austauschbaren Aufbauten versehen werden kann, geht jetzt in einen Praxistest. "Wir müssen aber weiterdenken", mahnt van den Acker und meint damit die Vorbereitung der Designer auf das künftige autonome Fahren. "Das wird in Stufen vor sich gehen, von denen jeder Schritt hin zum fahrerlosen Auto für uns eine neue Herausforderung ist. Fest steht nur, dass sich die Gestaltung der Autos verändern wird."
Bei der Frage, wie das sogenannte "leichte Nutzfahrzeug" der Zukunft generell aussehen wird, muss selbst ein Design-Profi in einem Punkt passen. "Wir können bei neuen Modellen von der Art eines Renault Master oder Traffic die Frontpartie oder die Gestaltung des Innenraums immer wieder verändern, beim Heck geht das leider nur bedingt". Auch der Renault-Manager räumt ein, dass es immer schwerer wird, die Modelle der einzelnen Transporter-Hersteller von der Marke her zu unterscheiden. Fährt da jetzt ein Mercedes Sprinter, ein Fiat Ducato oder doch ein Renault Master vor einem her? "Das liegt an den vielen Gemeinschaftsproduktionen in unserer Branche, deren Modelle oft auf dem gleichen Band laufen", erklärt er. "Da können wir meist eben nur das andere Markenzeichen ans Heck schrauben."