Teure Spritpreise, strenge Emissionsvorgaben und ESG-Ziele treiben Unternehmen zur Elektrifizierung ihrer Flotten an. Doch wie gelingt diese Transformation? Nina Wisniewski von der BayWa Mobility Solutions gibt im Interview Einblicke und praxisnahe Tipps für Fuhrparkverantwortliche.
Die Herausforderungen, vor denen Unternehmen im Hinblick auf ihre Flotten stehen, sind vielfältig und komplex. Angesichts steigender Kraftstoffpreise, strengerer Emissionsvorschriften der EU und dem Druck, ehrgeizige ESG-Ziele zu erreichen, suchen viele Unternehmen nach Möglichkeiten, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. In diesem Zusammenhang rückt die Elektrifizierung des Fuhrparks zunehmend in den Fokus als eine mögliche Stellschraube, um die Nachhaltigkeitsbilanz zu verbessern.
Um einen Einblick in die praktischen Aspekte der Elektrifizierung von Flotten zu erhalten, haben wir mit Nina Wisniewski gesprochen, Leiterin des Bereichs eMobility Fleet bei der BayWa Mobility Solutions. Wisniewski gibt Einblicke in die Herausforderungen und Chancen, mit denen Fuhrparkverantwortliche im Transformationsprozess konfrontiert sind und teilt ihre Expertise, wie Unternehmen über das einfache Anschaffen von Elektroautos hinausgehen können, um eine umfassende und nachhaltige Mobilitätslösung zu schaffen.
Die BayWa Mobility Solutions begleitet Unternehmen und Kommunen bei der Transformation. Welcher Satz fällt in Beratungen am häufigsten?
„Denken Sie Ihre Flotte über das Betriebsgelände hinaus.“ Das ist mein Rat an alle Kunden, die sich mit dem Thema Flotte befassen. Egal ob beim Aufbau oder bei der Transformation hin zur eigenen E-Flotte. Es ist nicht damit getan, E-Autos anzuschaffen und Ladesäulen auf dem Betriebsgelände aufzustellen. Es braucht smarte Abrechnungslösungen und eine flächendeckende Verfügbarkeit von Tank- und Ladepartnern im Einsatzgebiet. Gleichzeitig sehen wir großes Potenzial in der strategischen Vernetzung von privater und beruflicher Mobilität. Wir bieten Unternehmen die Möglichkeit, die Privatimmobilien der Mitarbeiter mit Wallboxen auszustatten und in den firmeneigenen Abrechnungsprozess einzubringen. So wird aus der Insellösung E-Fuhrpark ein attraktives Mobilitätsangebot, mit dem Unternehmen auch am Arbeitsmarkt punkten können.
Der ganzheitliche Blick ist wichtig. Aber wo fängt man als Fuhrparkverantwortlicher an?
Schritt eins muss eine Fahrprofilanalyse im eigenen Flottenbetrieb sein. Erst auf Basis dieser Daten lässt sich entscheiden, wo eine Umstellung auf E-Antrieb sinnvoll ist und welche Kosten abgedeckt werden müssen. Geht man zum Beispiel vom klassischen Nutzungsprofil aus, bei dem Pkw den gesamten Arbeitstag über am Standort stehen, reicht eine Ladeleistung bis 22 kw aus. Schnellladeinfrastruktur ist deutlich teurer und eher im öffentlichen Raum interessant. Wenn wir über Kosten sprechen, stecken wir auch immer ab, ob sich die Auslastung über eine Öffnung für die Allgemeinheit anbietet. Auch so kann für die Ladepunkte auf dem Betriebsgelände Frequenz, Umsatz und Wirtschaftlichkeit entstehen.
Besonders spannend wird es, wenn Unternehmen Flotten mit sehr unterschiedlichen Fahrprofilen haben. Lässt sich denn grundsätzlich jede Flotte auf E-Mobilität umstellen?
Nein, nicht jeder Fuhrpark lässt sich auf E-Mobilität umstellen. So realistisch muss man sein. Wichtig ist eine technologieoffene Herangehensweise an das Thema. Unser Hauptziel als BMS ist die CO2-optimierte Flottenbetreuung, ganz klar. Aber wir sagen auch, wenn E-Mobilität nicht wirtschaftlich ist. Grundsätzlich gilt: Bei Fahrleistungen von maximal 300 Kilometern täglich, bei längeren Nachtladezeiten im Depot und schnellem Ad-hoc-Laden, etwa zu Schichtwechseln, ist bereits vieles möglich.
Welche Rolle spielen Flottenverantwortliche bei der Umstellung auf E-Mobilität?
Die Manager von Dienstwagenflotten sind für mich mitunter die wichtigsten Treiber der Mobilitätswende – Sie können beweisen, dass sich Elektromobilität für Unternehmen und Mitarbeiter rechnen kann. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die privat den Kauf eines E-Fahrzeugs scheuen, ändern mit einem elektrifizierten Dienstwagen häufig ihre Meinung. Zumal, wenn Reichweite und Nutzungsfreundlichkeit für sich sprechen. Und der Zeitpunkt für den Aufbau einer E-Flotte scheint passend: Die technische und ökonomische Entwicklung der Elektromobilität sprechen dafür. Auch die steigenden Kraftstoffkosten. Wer in die nachhaltige Zukunft aufbricht, hat Rückenwind, Unternehmen wie die BMS helfen beim Umstellen. Damit aus Chancen Wandel wird.
Diese Fragen sollten sich Flottenverantwortliche stellen
- Technische Anforderungen: Welche technischen Anforderungen haben die aktuellen betrieblichen Abläufe? Wie können Elektrofahrzeuge diese Anforderungen erfüllen? Welche Fahrzeuggröße findet Verwendung? Welche Ladefähigkeit ist nötig?
- Wirtschaftliche Aspekte: Wie steht es um die Kosten und Einsparchancen im Vergleich zu Verbrennern? Hier sollten nicht nur die Anschaffung, sondern auch Energiekosten, Wartungskosten und potenzielle steuerliche Vorteile berücksichtigt werden.
- Infrastruktur und Logistik: Ist die notwendige Ladeinfrastruktur vorhanden? Kann sie rechtzeitig installiert werden? Wie wirkt sich die Umstellung auf Logistik und Routenplanung aus?
Hintergrund BayWa Mobility Solutions GmbH:
Die BayWa Mobility Solutions GmbH wurde 2020 als Tochterunternehmen der BayWa AG gegründet. Als Generalunternehmer bietet die BMS ihren Kunden einen Rundum-Service in den Bereichen Flottenberatung, Digital Mobility und Planning & Construction und treibt so den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland voran. 2023 hat die BMS rund 300 Ladeparks mit je sechs Ladepunkten installiert und damit knapp 10 Prozent der Schnellladepunkte in Deutschland errichtet. Bei der Ausschreibung des Bundeswirtschaftsministeriums für das Deutschlandnetz sicherte sich die BMS im vergangenen Jahr den Zuschlag für das sogenannte Bayern-Los. Mit einem Investitionsvolumen von rund 15 Millionen Euro sollen in den nächsten Jahren 20 BayWa-Ladeparks in Bayern entstehen, um noch bestehende Lücken in der Ladeinfrastruktur zu schließen. Mit dem Bau und der Betriebsführung dieser Ladeparks steigt die BayWa Mobility Solutions GmbH in das CPO (Charge Point Operator)-Geschäft ein. Ein Großteil der Summe wird vom Bund gefördert.