VDR-Geschäftsreiseanalyse 2023 Deutsche Wirtschaft hat Nachholbedarf

Cockpit 2023 Foto: LuckyBusiness@viaCanva

Anzahl der Dienstreisen sinkt, die Dauer steigt – diesen Trend bestätigt die aktuelle VDR-Geschäftsreiseanalyse. Der Verband verzeichnete 75,1 Millionen Business-Trips im vergangenen Jahr. Ob das so bleibt, ist fraglich. An Ende des Artikels steht die Analyse zum kostenlosen Download bereit.

Die aktuelle Ausgabe der VDR-Geschäftsreiseanalyse 2023 zeigt, es wird seltener gereist, aber dafür mehrere Tage. Die Durchschnittsdauer beträgt zwei bis drei Tage. Tagesreisen ins Ausland, aber auch innerdeutsch sind auch im Hinblick auf klimabewusstes Reisen nicht mehr zeitgemäß. VDR-Vizepräsidentin Inge Pirner weist aber darauf hin, dass abzuwarten bleibt, wie sich politische Spannungsfelder und aktuelle Preisentwicklungen langfristig auf die Branche auswirken werden.

Deutsche Wirtschaft hat Nachholbedarf

2022 zeigte sich zum einen ein gewisser Nachholbedarf. Diese Entwicklung macht deutlich, dass Geschäftsreisen weiterhin notwendig für die deutsche Wirtschaft sind. Im Ergebnis kam es im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 zu einer Steigerung von 82 Prozent und damit zu 75,1 Millionen Geschäftsreisen. Die Ausgaben verdoppelten sich zum Vorjahr auf 26,9 Milliarden Euro. Dass die Bedeutung des persönlichen Austauschs im Geschäftsleben wieder steigt, zeigte sich auch in der Anzahl der Business Traveller – so packten 8,4 Millionen im vergangenen Jahr ihre Koffer. Das sind 3 Millionen Personen mehr als im Vorjahr. Vor allem die größeren Unternehmen schickten wieder mehr Mitarbeitende auf Reisen: Hier hat sich der Anteil der Geschäftsreisenden im vergangenen Jahr sogar verdoppelt.

Nachhaltig reisen: Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Mittlerweile setzen über 80 Prozent der Unternehmen klimaschonende Angebote ein oder planen es. Hierunter fallen Maßnahmen wie JobRad oder Jobticket. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass eine Lücke zwischen dem Anspruch der Unternehmen und der Aktion bei den Reisenden besteht. Je größer der Betrieb ist, umso eher erwarten die Beschäftigten, dass ihr Unternehmen Flagge zeigt und Regelungen vorgibt. Liegt die Wahl aber bei den Reisenden, kann eine Incentivierung die Entscheidungen in Richtung Nachhaltigkeit lenken. "Wie unsere Ergebnisse zeigen, gibt es bereits entsprechende Ansätze, die Geschäftsreisenden zu nachhaltigem Handeln zu motivieren – beispielsweise mit Gutscheinen für Bioläden, Sport- und Freizeitaktivitäten oder auch Vergünstigungen bei der Nutzung von City-Bikes oder E-Rollern. Der Kreativität sind dabei wenig Grenzen gesetzt und gute Ideen sind gefragt. In diesem Sinne gilt es innovative und zielführende Konzepte zu kreieren, um in Zukunft den Einklang von notwendiger geschäftlicher Mobilität und dem Erreichen der Klimaziele in den Unternehmen weiter zu optimieren", kommentiert Inge Pirner die neuesten Ergebnisse der Geschäftsreisebranche.

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Bündelung der Business Trips

Ein Trend aus der letzten Geschäftsreiseanalyse zeichnet sich weiter ab. Um Reisekosten zu reduzieren – insbesondere die Transportkosten – setzten sich bei den Firmen vermehrt längere Business-Aufenthalte durch. Die Dauer der Geschäftsreisen betrug in allen Unternehmensgrößen im Durchschnitt 2,4 Tage. Am längsten waren Unternehmen mit über 1.500 Beschäftigten unterwegs. Bei ihnen dauerte bereits jede vierte Geschäftsreise sogar vier Tage und mehr – im Vorjahr war es noch jede fünfte. Im Jahr 2022 fanden durchgängig über alle Firmengrößen hinweg nur noch 45 Prozent der Reisen ohne Übernachtung statt. Im Vergleich dazu erreichte der Anteil der Tagesreisen bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Jahr 2019 den Höchststand von 70 Prozent. Im Zuge einer längeren Reisedauer zeigt sich bei den Auslandsreisen ein deutlicher Aufschwung an Übernachtungen – diese haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Aber auch inländische Gastgeber konnten beinahe das Doppelte an dienstlichen Übernachtungen verzeichnen.

Geschäftsreiseziele im Wandel

Doch nicht nur das Reiseverhalten, sondern auch die Reiseziele der Business Traveller befinden sich im Wandel. So ist bei den befragten Unternehmen und Organisationen, die Auslandsreisen durchführen, die Bedeutung der Nachbarländer Schweiz und Österreich deutlich gestiegen. Die USA und China haben dabei im Geschäftsreise-Ranking ihre Vorrangstellung verloren. Ebenfalls einen Rückgang von Geschäftsreisen – insbesondere aus den größeren deutschen Unternehmen – hat das aus der EU ausgetretene Vereinigte Königreich zu verzeichnen. In der Bedeutung gestiegen ist Indien. Russland hingegen ist seit Beginn des Krieges aus dieser Statistik verschwunden.

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Corporate Sustainability Reporting Directive

Im Rahmen der seit diesem Jahr gültigen EU-weiten "Corporate Sustainability Reporting Directive" werden in Zukunft mehr Unternehmen in die Pflicht genommen, stärker als bisher über nachhaltiges Handeln und Wirtschaften zu berichten. Die konkrete Umsetzung der Regel gilt aber erstmals für das Geschäftsjahr 2024. Das erklärt eventuell, dass ein Nachhaltigkeitsreporting bei 29 Prozent der Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern immer noch "kein Thema" ist. Im Mittelstand dagegen kommt das Nachhaltigkeitsreporting im Mobilitätsbereich mit einem Anstieg von 31 auf 42 Prozent heute wesentlich öfter zum Einsatz als noch im Vorjahr.

Wechsel von Flug zu Zug

Insgesamt ist der Anteil von Unternehmen, die sich aktiv für Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich einsetzen, gestiegen. So wird heute vermehrt zuerst abgewogen, ob eine Geschäftsreise unbedingt notwendig ist. Daher hat sich die Reduktion der Reisetätigkeit bei nahezu allen Betrieben (90 Prozent) als bevorzugte klimaschonende Maßnahme durchgesetzt oder ist geplant. Der Wechsel von Flug zu Zug, der sich im ersten Pandemiejahr 2020 zum Teil gezwungenermaßen vollzogen hat, bleibt auch weiterhin mit 83 Prozent die zweitbeliebteste Maßnahme zur Förderung der Nachhaltigkeit.

Kostenloser Download

Die aktuelle Ausgabe der VDR-Geschäftsreiseanalyse kann unter www.geschaeftsreiseanalyse.de kostenfrei bezogen werden.