Spätestens nach einem Unfall zeigt sich die Qualität der Kfz-Versicherung. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Versicherungsschutz über einen Full-Service-Leasingvertrag oder der direkten Police bei der Assekuranz
Full Service ist beliebt. Alles kommt aus einer Hand - das gilt auch für die Versicherung. Doch das kann unter Umständen teuer werden: »Unfallschäden wurden immer langsamer reguliert. Ständig fragte die Versicherung auch bei Kleinigkeiten nach«, erinnert sich Oliver Meyer von einem Sanitärhandel aus Nordrhein-Westfalen. Erst nach einer direkten Beschwerde beim Versicherer gab es Aufklärung.
Vericherer informieren sich anhand der Anti-Betrugsdatei
Dieser hatte in zwei Fällen festgestellt, dass die Unfallfahrzeugen bereits Vorschäden hatten, obwohl davon in der Schadenanzeige der Leasingfirma kein Wort stand. Was die Leasinggesellschaft scheinbar nicht wusste: Versicherungen können sich über die Anti-Betrugsdatei von allen Schadenregulierungen detaillierte Infos beschaffen. In diesem Fall vermuteten sie Betrug und untersuchten akribisch alle weiteren Schadenmeldungen. Dabei hatte der Leasinggeber beim Ausfüllen der Schadenformulare lediglich geschludert. Doch schon bei einfachen Dingen kann es Probleme geben. So wissen die Mitarbeiter des Leasingunternehmens in der Regel nicht, in welchem Zustand sich das Fahrzeug vor dem Schadeneintritt befand. Viel gravierender ist aber ein Fall, in dem ein Leasingunternehmen bei der Schadenabrechnung angeblich in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte.
Nach einem Anfangsverdacht ermittelte 2010 die Münchner Staatsanwaltschaft wegen Versicherungsbetrugs. Der Vorwurf: Gegenüber den Versicherern soll auf Gutachterbasis abgerechnet worden sein, während die Leasinggesellschaft für jede Reparatur von den Werkstätten eine Gutschrift erhielt. Betroffene Assekuranzen sind laut Zeitungsberichten unter anderem AIG Europe (heute Chartis), Signal-Iduna und Allianz. Allerdings wurde das Verfahren eingestellt. Dem Unternehmen konnte letztlich kein Fehlverhalten nachgewiesen werden. Hinter vorgehaltener Hand hatten damals Experten das Vorgehen als durchaus übliche Methode bezeichnet. Streitig ist, wem der Mengenrabatt, den Leasingfirmen als große Nachfrager in Werkstätten erzielen können, eigentlich zusteht. Dem Kunden oder der Leasinggesellschaft?
Wem steht der Mengenrabatt zu?
Schließlich gilt: je günstiger die Reparatur, desto niedriger die Schadenquote. Sie bezeichnet den Anteil der Schadenkosten an den Beitragseinnahmen in Prozent und bestimmt damit maßgeblich die Höhe der Versicherungsprämie. Um noch vor Vertragsbeginn Ungereimtheiten zu vermeiden, empfiehlt der Verband markenunabhängiger Autoleasing- und Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF) umfassende Ausschreibungen und Vergleiche der Angebote - und auch der Versicherungsleistungen. »Aus dem Schadenmanagement der Leasinggesellschaften sind wir schon vor Jahren ausgestiegen«, sagt Thorsten Klein, Fuhrparkleiter vom Pharmadienstleister Innovex. Klein verwaltet rund 1.200 Fahrzeuge und hat sich seinen Versicherer selbst ausgesucht. »Wir haben vor einiger Zeit gewechselt, weil der alte Versicherer nun selbst im Schadenmanagement einen Schnitt machen wollte«, erläutert Klein. Den Assekuranzen seien hohe Schadenquoten nur recht. Sie würden einfach mit höheren Prämien aufgefangen. Grund: Mit steigenden Prämien erhöhe sich automatisch auch der Gemeinkostenzuschlag der Versicherer, der in der Regel zwischen 30 und 35 Prozent der zu zahlenden Beiträge ausmache.
Das wird natürlich vonseiten der Versicherungsbranche heftig dementiert. »Wir sind grundsätzlich an einer geringen Schadenquote interessiert«, so der Abteilungsleiter eines großen Konzerns. Während früher Assekuranzen Leasingunternehmen allein wegen des Umsatzes unter Vertrag genommen und die Schadenseite erst einmal ausgeblendet haben, wird nun längst knallhart kalkuliert. Darauf angesprochen, reagiert die Branche zurückhaltend. So heißt es zum Beispiel bei der Zurich Versicherung: »Wir bieten beide Wege an, denn wir sind auch Partner von Leasinggebern.« Auch die Allianz meint, dass man hier keine generelle Empfehlung geben könne. Entscheidend seien »die individuelle Situation« und »die persönlichen Präferenzen« des Flottenbetreibers.
Direktanspruch des Kunden gegenüber dem Versicher
So sollte das Unternehmen prüfen, welchen Statistikumfang es wünsche und ob ihm ein direkter Zugang zum Risikoträger wichtig erscheint. Viel deutlicher wird Matthias Küchemann, Leiter Kraftfahrtversicherung Vertrag der HDI-Gerling: »Flottenkunden und Versicherer haben ein gleich gelagertes Interesse, wenn es um eine kostengünstige Schadenabwicklung geht.« Ein weiteres wichtiges Argument sei der gesetzlich verankerte Direktanspruch des Kunden gegenüber dem Kraftfahrthaftpflicht-Versicherer. Küchemann: »Nur wenn der Kunde in einem direkten Vertragsverhältnis zum Versicherer steht, kann er seinen Anspruch ohne Umwege geltend machen.« Schadenträchtige Fuhrparks könnten von einer innerhalb des Full Service fest vereinbarten Versicherungsprämie profitieren, so die R+V Versicherung. Demgegenüber würden sich für Flotten mit niedrigen Schadenquoten möglicherweise Nachteile ergeben.
»Insbesondere Unternehmen mit einem geringen Schadenaufkommen und einem gut funktionierenden Fuhrparkmanagement profitieren oftmals von einem vom Leasing losgelösten und individuell ausgerichteten Versicherungsprodukt«, erläutert R+V- Sprecherin Brigitte Römstedt. Eine separate Versicherungslösung erhöhe die Preistransparenz und biete die Möglichkeit zur aktiven Kostenreduktion sowie beispielsweise zur besseren Einsicht in die Schadenreparaturen, unter anderem in Abgrenzung zu Wartungsreparaturen. Gleichzeitig laufen die Versicherungsgeschäfte der Leasingunternehmen gut.
So legt beispielsweise bei Daimler Fleet Management (DFM) der Versicherungsbereich überdurchschnittlich zu. »In letzter Zeit stellen wir vermehrt fest, dass unsere Kunden dazu tendieren, die Kfz-Versicherung aus der Versicherungsabteilung auszugliedern und dem Fuhrparkmanagement zuzuordnen«, sagt DFM-Sprecherin Susanne Grässle. Auch Bettina Heinen von Lease Plan ist überzeugt: »Unsere Kunden erhalten ein individuelles Konzept, das auf dem Schadenverlauf der letzten drei Jahre basiert.«
Wer zwischen den Angeboten der Versicherer und Leasinggesellschaften hin- und hergerissen ist, könnte einen dritten Weg gehen und einen Versicherungsmakler (siehe Interview) einschalten. Eine klare Position bezieht der Verband der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF). »Die These, dass spezialisierte Versicherungsmakler generell bessere Deckungskonzepte anbieten als Leasinggesellschaften, gehört aus unserer Sicht der Vergangenheit an«, sagt VMF-Vorstand Dieter Jacobs.
»Viele Leasinggesellschaften beschäftigen ausgebildete Versicherungsexperten mit guten Kontakten zur Versicherungswirtschaft und können deshalb attraktive Konditionen anbieten.« Zumindest die im Verband organisierten Leasinggesellschaften würden schon seit Längerem Deckungskonzepte konzipieren, die auf einer Analyse der individuellen Schaden- und Risikosituation der Fahrzeugflotte des Kunden beruhen.