40 Jahre Lancia Delta Das letzte Erfolgsmodell

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Mit dem Delta hielt Lancia tausende Geschäftsleute mobil, nicht nur in Italien. Er vereinte all das, wofür Lancia einst stand: technische Geniestreiche, luxuriöse Raffinesse und sportliche Überlegenheit.

Seit 2017 ist Lancia außerhalb Italiens Geschichte. Im Herbst 1979 hätte sich das niemand vorstellen können. Präsentierte Lancia doch damals den Delta und damit ein Auto, das alles verkörperte, was die Faszination italienischer Fahrzeuge von jeher ausmacht: aufregende Technik, elegantes Design und stilvoller Luxus im Interieur. Und im Rallyesport machte er die Marke endgültig zum Mythos: Sechs aufeinanderfolgende Weltmeisterschaften zu gewinnen ist kaum zu übertreffen.

Obwohl sich der Delta technische Komponenten mit dem profanen Fiat Ritmo teilte, konnte er doch all die Schöngeister und Erfolgsmenschen erreichen, denen ein Fiat oder VW Golf nicht genügte. Zumal Stardesigner Giorgetto Giugiaro, der zuvor den Golf I in Form gebracht hatte, es gelang, den Delta in gleichermaßen schlichter wie zeitlos kantiger Eleganz zu zeichnen. So setzte der kompakte Lancia schon in erster Generation gleich zwei Rekorde in der Markengeschichte: Mit 16 Jahren erreichte der Delta die längste Produktionszeit aller Lancia-Modelle und mit mehr als einer halben Million produzierter Einheiten die höchste Auflage oberhalb der kleinen Cityflitzer.

Technik vom Feinsten

Wurden die Erfolge von Beta und Gamma noch durch Defizite bei Produktionskosten, Qualität und Funktionalität geschmälert, wollte Lancia beim Delta endgültig alles richtig machen. Bodengruppe (allerdings verlängert) und Basismotoren teilte sich der Lancia mit dem Fiat Ritmo und für Zuverlässigkeit sollte eine erste Entwicklungskooperation mit Saab bürgen, die später in Gemeinschaftsprojekt Lancia Thema/Saab 9000 mündete. Nur an zwei Punkten haperte es vorläufig: Der Delta leistete maximal 85 PS, nicht mehr als Golf, Ritmo oder Alfasud, kostet aber so viel wie größere Mittelklassemodelle. Und die Produktqualität der anfangs im alten Fiat-Werk Lingotto gefertigten Modelle war derart bescheiden, dass die Schweden den Saab-Klon Lancia 600 gleich im Laden stehen ließen.

Das alles änderte sich mit der Verlagerung der Fertigung ins moderne Werk Chivasso und einer Leistungsexplosion unter der Haube des Delta, wie sie die Kompaktklasse noch nicht erlebt hatte. War es zunächst der 130 PS starke Delta 1.6 HF, der ab 1983 zum Golf-GTI-Jäger avancierte, kam 1985 der Mittelmotor-Stürmer Delta S4 mit 250 PS als Straßenversion der Gruppe-B-Rallyeautos.

Und das 1986 lancierte Straßenmodell Delta HF 4WD mit Allradantrieb lieferte die Basis für Boliden, aus denen beinahe unschlagbare WRC-Weltmeister geformt wurden. Delta HF Integrale nannte sich das WRC-Geschoss, auf dem die Rallye-Weltmeister bis 1992 ritten und das im Straßenalltag sogar noch zwei Jahre länger Supersportwagen-Eigenschaften garantierte.

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Ab 1986 bot Lancia den Delta HF mit Allradantrieb an.

Zu diesem Zeitpunkt stand in den Schauräumen der Lancia-Händler bereits die zweite Generation des kompakten Bestsellers. Allerdings war Motorsport in den 1990er Jahren nicht mehr das Feld von Lancia, stattdessen setzte man auf Komfort und den Luxus von Gran-Turismo-Modellen. Dazu gab es den neuen Delta ab 1995 als dreitürigen HPE, der die Idee des avantgardistischen Shooting-Brakes Beta HPE zitierte. Mit mäßigem Erfolg, denn ebenso wie der fünftürige Delta jener Dekade wirkte der HPE zwar gefällig, aber die Fans zu Begeisterungsstürmen hinreißen, das konnte die kompakten Lancia nicht mehr. Zu dezent war ihr Auftritt in der inzwischen unglaublich dicht besetzten Kompaktklasse. Immerhin konnte Lancia vom zweiten Delta bis zur Jahrtausendwende noch rund 140.000 Einheiten verkaufen.

Delta Nummer 3 zum 100. Markengeburtstag

Alles anders machte deshalb die dritte Delta-Generation, die 2008 zum 100. Geburtstag des ersten Serien-Lancia debütierte. Fast 80 Prozent aller Lancia waren zuletzt in Italien verkauft worden und von vielen einst wichtigen Exportmärken hatte sich die Edel-Marke zurückgezogen. Eine Entwicklung, die der nuova Delta umkehren sollte. Sogar Nordamerika gehörte jetzt wieder zu den Märkten von Lancia, der neue Konzern Fiat Chrysler Automobiles (FCA) machte es möglich. Ein Coup, der allerdings am Ende den Untergang von Lancia beschleunigte, denn der Delta wurde auf nicht wenigen Märkten mit Chrysler-Grill verkauft.

Lancia Delta Foto: Lancia
2008: Weltpremiere für die dritte Delta-Generation. Auch dieses Mal wählte Lancia als Präsentationsort den Genfer Salon.

"Design enthüllt das innere Wesen einer Sache", hatte Vincenzo Lancia einst gesagt und der finale Delta bestätigte den genialen Markengründer durch extrovertierte Crossover-Formen, ein Wohlfühl-Interieur im Stil der Alta Moda und üppige Abmessungen, die das handliche Format gewohnter Kompakte ignorierten. Sportliche Fahrdynamik überließ Lancia dafür den anderen. Als vielleicht einziger Kompakter qualifizierte sich der 4,52 Meter lange Fünftürer als Chauffeurlimousine, was ihm eine erstaunliche Verbreitung bei italienischen Behörden und Ministerien sicherte. Luxus und Noblesse nützten am Ende jedoch nichts, der Lancia Delta wurde außerhalb seines Heimatmarktes ein Ladenhüter und so geschah im Jahr 2014, was geschehen musste: Erst sagte der Delta Arrivederci und bald danach Lancia.

50 Jahre Fiat 130
Chefwagen aus Italien